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Bergtour zum Habicht (3277m) - 23.-24. September 2009 - Tag 2 (20 Bilder)

Zurück zu Teil 1 - Aufstieg zur Innsbrucker Hütte.

Eckdaten:

  • Startort: Gasthof Feuerstein, Gschnitztal, 1281m
  • Tagesziel: Innsbrucker Hütte, 2370m - Kalkwand (2/3 des Weges), ca. 2500m
  • Gipfel (2. Tag) : 3277m
  • Streckenlängen:
    • Ghf. Feuerstein - Innsbrucker Hütte: 3,5km - 1089 hm
    • Innsbrucker Hütte - Habicht: ca. 2,5km - 900 hm
  • Gesamthöhenmeter (inkl. Kalkwand): 2130
  • Verlauf:
    • 1. Tag: 9.45 - 12.45 (Aufstieg)
    • 2. Tag: 7.00 - 11.30 (Aufstieg), 12.00- 14.30 (Abstieg zur Hütte), 15.00 - 17.20 (Abstieg ins Tal)

Aufstiegsroute zum Habicht - mit Anmerkungen:

Der Habicht wird über die Ost- bzw. Südostflanke erstiegen, im unteren Bereich gibt es überwiegend Platten und Blöcke, die bei Nässe und Vereisung gefährlich sein können. Es ist zwar nicht besonders steil, doch geht es an ein paar Stellen rechts steil in ein Kar hinab. Nicht zum Spaß stehen dort auch ein paar Gedenktafeln herum. Als wir hinaufgingen, waren die Platten teilweise durch Tauablagerungen feucht bzw. nass. Nicht unterschätzen!

Im Bereich 1 kommt eine steile Kletterei, größtenteils versichert und meist im I. Schwierigkeitsgrad, stellenweise aber auch I+ bzw. II. Nach kurzen, steilen Schotterserpentinen quert man den Rücken im Bereich 2 erneut an Drahtseilen, ehe man auf eine sehr ausgesetzte Gratgrippe im Bereich 3 kommt (siehe Bild 15). Man kann aber knapp unterhalb vorbei, ehe es entlang eines ausgesetzten Weges und schließlich in steilen Schuttserpentinen hinaufgeht. Im Bereich 4 erreicht man die Reste des Habichtferners, den man im Spätsommer und Herbst, wenn ausgeapert, unbedingt über den markierten Normalweg oben herum umgehen sollte. Nur bei kompletter Schneebedeckung kann man darüber abkürzen. Sollte man abrutschen, droht ein Freiflug bis ins Pinnistal (zahlreiche Tote in den vergangenen Jahren). Hinter dem Gletscher geht es wiederum in steilen Serpentinen auf die Gipfelgratrippe und knapp unterhalb ausgesetzt und mit leichter Kletterei (I) im Bereich 5 bis auf den geräumigen Gipfel.


Am Vorabend trank ich zwei gespritzte Holunderblütensäfte (sehr lecker) und ein Weizen, dazu eine Nudelsuppe (mehr bekam ich einfach nicht runter). Das Bergsteigeressen (Spaghetti Bolognese) wäre natürlich gehaltvoller gewesen. In der Stube war es sehr warm, entsprechend gingen die meisten bereits um acht bzw. halb 9 schlafen. Wir hielten es auch nicht länger als bis 9 aus. Wie es einer der Berggeher treffend ausdrückte: "Eine warme Hütte ist schlecht...(Pause)..., aber eine kalte Hütte ist noch schlechter."

Draußen war es mittlerweile gesäßkalt geworden, die Zivilisationslichter des Gschnitztals waren bereits durch Hochnebel verdeckt, also stockdunkel draußen, mit entsprechendem schönen Blick auf den Sternenhimmel, inkl. Milchstraße. In den Zimmerlagern lag die Temperatur beim Schlafen gehen noch bei ca. 14°C. Um 6.15 klingelte der Wecker, kurz hinab in die Stube. Ich trank nur einen großen Schwarzen Tee. Hunger wollte sich noch nicht so recht einstellen. Für alle Fälle hatte ich noch eine Banane, zwei Nektarinen, eine halbe Packung Datteln sowie 1 Liter Wasser (mit Mg) und ein bisschen Elektrolytgetränk dabei, sowie 2 Scheiben Brot, etwas Schinkenspeck und Hartkäse (der nach dem Aufstieg schon in Richtung Streichkäse ging).

Der morgenliche Blick aus dem Fenster verlor sich im Hochnebel, dessen Obergrenze zunächst auf Höhe der Hütte lag, dann aber innerhalb Minuten anstieg und sich wieder absenkte. Zu den Gründen später. Einer der anderen Bergsteiger meinte irrtümlich zu uns, dass wohl auch der Habicht in Wolken sei, wir wussten es aber besser und wagten trotzdem den Aufstieg. Er riet uns beim Habichtferner ("der zu zwei Dritteln schneebedeckt ist, das letzte Drittel ist Blankeis") nur mit Teleskopstöcken zu queren.

Die kommenden Eindrücke stehen überwiegend im Zeichen des Hochnebels, den ich in verschiedenen Entwicklungsstadien und mit interessanten, mikroskaligen, hydrodynamischen Phänomenen fotografiert habe. Daher auch die Vielzahl der Bilder. Es war das schönste Wolkenerlebnis, das ich bisher hatte.

Zunächst geht es wenig steil in Serpentinen hinter dem Haus hinauf (als Zeitangabe sind 3h Gehzeit veranschlagt, wir brauchten mit Fotografier- und (meinen) Erholungspausen sowie der Gletscherüberquerung deutlich länger), ehe man große Platten und Blöcke erreicht. Diese waren vom Tau noch nass und rutschig.

Bild 1: Nach wenigen Höhenmetern erreichten wir den Oberrand der Hochnebelschicht, links der Einschnitt zum Pinnistal, dahinter Kleine und Große Kalkwand. In der Höhe tiefe Altocumulusfelder und einiges an Cirrus uncinus.

Bild 2: Und dann waren wir über dem Hochnebel. Die Baffheit beginnt. Hinten links Kleiner Tribulaun (2492m), daneben flacher Obernberger Tribulaun (2780m), dann Schwarze Wand mit der Spitze, dann massiv Gschnitzer und daneben Pflerscher Tribulaun, ganz rechts wahrscheinlich Pflerscher Pinggl (2767m).

Bild 3: Wir stiegen immer höher und das Staunen nahm zu, links taucht nun auch (wahrscheinlich) die Rötenspitze auf.

Bild 4: Unten das Pinnisjoch, rechts Große Kalkwand, dahinter Ilmspitze, dahinter Kirchdach (2840m), der Hochnebel floss wie ein Wasserfall über die Scharte zwischen Ilmspitze und Kalkwand.

Bild 5: Dann erhöhte sich die Wolkenobergrenze und der Hochnebel wälzte sich über das Pinnisjoch nordwärts, im Hintergrund Olperer, Fußstein, Schrammacher und Hochfeiler.

Bild 6: Nicht weniger beeindruckend Richtung Norden, rechts reihen sich auf (von Südwest nach Nordost): Ilmspitze, Kirchdach, Hammerspitze (2634m), Kesselspitze (2728m) und Serles (2717m); links lugen noch die Elfertürme aus dem Nebel (Obergrenze ca. 2470m).

Bild 7: Links vorne Zwölferspitze (2562m), Schafspitze (2661m), Kelderer (2694m). Ganz hinten am Horizont Bettelwurf und Karwendelkette. Darüber künden Cirrus spissatus und Cirrostratus eine schwache Kaltfront an.

Bild 8: Zwischen Obernberger Tribulaun und Schwarze Wand lugt ein Felsmassiv hervor, evtl. Geierskragen und Grubenkopf an der Grenze zu Südtirol.

Bild 9: Im Vordergrund fließt der Hochnebel zur Abwechslung vom Pinnistal ins Gschnitztal. Große und Kleine Kalkwand im Dunkeln, ganz hinten wiederum Olperer und Hochfeiler.

Bild 10: Kalkwand, im Hintergrund Tuxer Alpen

Bild 11: Am Pinnisjoch hat der Hochnebel inzwischen "Gleichstand" erreicht, während er über die Scharte zwischen Kalkwand und Ilmspitze ins Pinnistal strömt.

Bild 12: Wann sieht man sowas einmal? Nebensonne über dem Hochnebel. Hinter der Felswand des Hohen Tors schaut eine Pyramide hervor, die Amthorspitze (2749m) am Brennerpass. dahinter Wilde Kreuzspitze (3132m).

Bild 13: Das Gehgelände endet gleich, den Buckel vor uns beginnt die seilversicherte Kletterei, dahinter ist nur der Vorgipfel

Bild 14: Ganz hinten links am Horizont ragt der Bettelwurf (2726m) aus dem Hochnebel, mittig hinten ziehen sich die nördlichen Tuxer Alpen mit Glungezer (2677m), Kreuzspitze (2746m) bis Grafmartspitze (2720m).

Bild 15: Nik steht an der ausgesetztesten Stelle auf ca. 2900 m auf der gesamten Wegstrecke, man quert jedoch leicht unterhalb der Drahtseile. Hier bricht die Flanke zunächst fast senkrecht 600 hm ab, ehe es "flacher" noch weitere 500 hm bis in den Talboden des Pinnistals (1800m) geht.

Diese Wegstelle hatte mir zuletzt unruhige Nächte beschert, ich grübelte, ob ich dem Tiefenblick standhalten würde. Letzendlich nahm wohl auch der Hochnebel etwas von der Angst, aber nicht nur. Ich konnte ein paar Minuten da stehen und die Knie waren nicht zittrig, mir war auch nicht unwohl. Ein schönes Gefühl, wenn man die Aussicht genießen kann.

Bild 16: Etwas mehr als die Hälfte der Wegstrecke war bisher zurückgelegt, zwischen den Kletterstellen ist der Weg unschwierig, trotzdem muss man wegen losen Gesteinsbrocken aufpassen, wohin man tritt. Mit Turnschuhen absolute No-go-Area, denn leicht knickt man zwischen den Felsen um, der Bergschuh ist hier Pflicht!

Bild 17: Steil schlängelt sich der Weg den Rücken hinauf, weit genug vom Abhang entfernt. Unten fließt der Hochnebel zur Abwechslung übers Pinnisjoch ins Pinnistal hinüber.

Hier Niks Video vom Überströmen des Pinnisjochs ins Gschnitztal:

Bild 18: Der Hochnebel zeigt Auflösungserscheinungen, erkennbar anhand der Quellungen; zur Orientierung: links Kalkwand, mittig rechts Rötenspitze, hinten Olperer, Zillertaler Alpen.

Bild 19: Im oberen Gschnitztal lichtete sich der Hochnebel ebenfalls leicht, ganz rechts Weißwand (3017m). Richtung Südtirol leider viel Dunst und Quellwolken. Der Blick auf die Dolomiten wurde uns am heutigen Tag leider verwehrt.

Bild 20: Der Hochnebel schwappt erneut hinüber ins Pinnistal.

Folgende Erklärungsansätze kann ich anbieten:

  • Thermisch bedingte Druckunterschiede: 1. Das Hin- und Herschwappen wird durch kleinskalige Druckunterschiede verursacht. Die Hänge an den Enden von Gschnitz- und Pinnistal werden unterschiedlich beschienen. Die resultierenden Hangwinde transportieren Luftmasse aus dem Tal, der Druckverlust wird die Ausgleichsströmung aus dem Nachbartal ausgeglichen. Der Hochnebel verliert im Nachbartal dadurch an Mächtigkeit - dort können nun mehr Hangflächen beschienen werden, der Druck im Nachbartal fällt, der Hochnebel wird wiederum angesaugt, vice versa.
  • Schwerewellen: Die Talatmosphäre unterhalb des Hochnebels ist stabil geschichtet, darüber abnehmende Stabilität, dadurch Anregung von Kelvin-Helmholtz-Wellen, zusätzlich begünstigt durch leichte Windzunahme mit der Höhe . Je geringer die thermische Stabilität, desto kleiner die Brunt-Väisälä-Frequenz (d.h. eine größere Periode).
Falls es das Hin- und Herschwappen auch während der Nacht gab (leider nicht beobachtbar), fällt der erste Erklärungsansatz weg. Dagegen spricht auch, dass zu wenig Hangfläche bestrahlt wurde, um nennenswerte Hangaufwinde zu produzieren. Der Innsbrucker Radiosondenaufstieg vom 24. September 2009, 03 UTC, zeigt die Hochnebelschicht zwischen 1600 m und 2300m m. Darüber eine Absinkinversion von ca. 1K Mächtigkeit, darüber trockenadiabatisch geschichtet (instabil!). Die für Schwerewellenanregung notwendige Schichtung (unten stabil, oben labil) war also gegeben.

Weiter zu Teil 3- Gipfelanstieg.

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