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Wanderung auf den Kaiserstein (2061m), Schneeberg, 18. August 2011

Eckdaten:

  • Startort: Losenheim-Sessellift (872m)
  • Ziel: Kaiserstein (2061m)
  • Streckenlänge gesamt: 16 km
  • Höhenmeter aufwärts: ca. 1189
  • Höhenmeter abwärts: 1476
  • Wegverlauf: Losenheim-Sessellift (ca. 9.00) - Edelweißhütte (ca. 10.30, Pause) - Ausstieg Fadensteig (12.35) - Gipfel (13.45) - Tunnel der Schneebergbahn zwischen Elisabethkirchlein und Baumgartner Haus (ca. 15.15 bis 16.15) - Puchberg am Schneeberg (18.00)
  • Schwierigkeiten: am Fadensteig Trittsicherheit und Schwindelfreiheit notwendig, drei kurze Kletterpassagen mit UIAA I, evtl. I+ (II-), großteils versicherter Weg, bergab nicht zu empfehlen (Schotter)

Der Aufstieg zum Schneeberg wurde sicherlich schon oft beschrieben, ebenso oft über den häufig begangenen Fadensteig, doch wohl selten in Zusammenhang zweier Wärmegewitter, die sich verbotenerweise während dem Abstieg bildeten. Dabei hat es nicht nur mich erwischt, sondern auch zwei Freunde am Hochtausing (1823m) im Toten Gebirge (beim Begehen eines C-Klettersteigs) sowie Bekannte am Admonter Reichenstein (Ennstaler Alpen, I-II).

Die Gewitter waren nicht vorhergesagt, ebenso wie bei meiner Tour auf die Wilde Kreuzspitze in Südtirol gab es jedoch Anzeichen in der Bewölkung, übrigens eine Wolkenart, die man bei stabilem Bergwetter nicht erwartet. Dazu später mehr.

Bericht

Ich startete um 7.02 mit dem IC in Wien-Meidling, und stieg um 7.37 in Wiener Neustadt in den Regionalzug nach Puchberg am Schneeberg um. Die ÖBB schaffte es, auf der vergleichsweise kurzen Strecke (20-25 km), eine Verspätung von 15 min aufzufassen, da wir auf einen entgegenkommenden Zug auf der einspurigen Strecke warten mussten. Zwar reduzierte sich die Verspätung bis zum Zielort noch auf 7 min, doch wartete der Bus Richtung Losenheim-Sessellift natürlich NICHT. Der nächste Bus sollte erst in zwei Stunden (10.25) fahren, bis zum sessellift bedeutete das ungefähr anderthalb Stunden Hatscherei zusätzlich. Zum Glück waren neben mir noch zwei weitere Wanderer betroffen, sodass wir uns ein Taxi riefen und für 4 € pro Person zum eigentlichen Zielort fuhren, hier ein bisschen Werbung für dieses Taxi-Unternehmen.

Es stellte sich dann heraus, dass einer der Wanderer das gleiche Ziel wie ich hatte (Fadensteig rauf, und dann gemütlich wieder runter), sodass wir die Route großteils gemeinsam gingen und uns erst beim Abstieg trennten (wo ich zugegeben übervorsichtig war, aber auch noch gebranntmarkt durch die tödlichen Blitzschläge bei der Wilden Kreuzspitze vor 2 Wochen und dem Erlebnis in den Haller Mauern voriges Jahr).

Bild 1: Zwischen Sessellift-Talstation und Edelweißhütte mit Blick zur Nordostflanke des Schneebergs, links durchzieht eine Schotterrinne, die Lahningries, den Berg, links befindet sich der Nandlgrat, weiter rechts sieht man den Fadensteig, wo nochmals ein breiteres Schotterfeld sichtbar wird. Zu diesem Zeitpunkt war der Himmel komplett wolkenlos.

Bild 2: Zoom auf den Fadensteig, er verläuft rechts unten an den Felsen vorbei (erste Kletterpassage), dann über das Wäldchen in steilen Serpentinen auf das offene Schotterfeld. Weiter steil, aber unschwierig in den Hangeinschnitt rechts, dort mit der zweiten, kurzen Kletterpassage (versichert) aufwärts und rechts weiter versichert hinauf.

Bild 3: Nach der ersten Kletterpassage ein Blick zurück zur Almreserlhütte (1222m) auf der Putzwiese, der Mugel dahinter ist die "Dürre Leiten", weiter nordostwärts (rechts) der bewaldete spitze Gipfel des Schober (1213m) und der felsigere Öhler (1183m), im Hintergrund ein Großteil der Gutensteiner Alpen - die Dunstschicht am Horizont markiert das Donautal bzw. Wiener Becken

Bild 4: Auf diesem Terrain fühle ich mich wohler als auf steilen Schotterserpentinen: Die Hände dürfen ein bisserl zupacken, ohne dass es irgendwo ausgesetzt ist. Der ideale Übungssteig.

Bild 5: In den Latschen ist es ziemlich heiß, 2-3 Liter Wasser sollte man mindestens einpacken. Ich löschte auf der Edelweißhütte mit 1 Liter gespritztem Apfelsaft. Links der felsige Hang des Kuhschneebergs (höchster Gipfel ist der Saukogel mit 1545m), nördlich davon der Handlesberg (1370m), dahinter die westlichen Ausläufer der Gutensteiner Alpen, leider sehen hier ziemlich viele Gipfel gleich aus ;)

Bild 6: Nach dem ersten Kletterstück folgt der Aufstieg bei voller sonneneinstrahlung bis knapp unterhalb der Felsen

Bild 7: Im Nordnordosten schaut glasklar der Residenzberg (818m) bei Gutenstein mit der barocken Wallfahrtskirche Mariahilfberg hervor. Ganz rechts lugen die Hirschwände des Hausstein (664m) heraus. Sie flankieren die Talenge oberhalb der Myrafälle nordwestlich von Pernitz. Auf dem breiten Sattel darüber steht der Gasthof Jagasitz, nördlich dahinter (für mich unsichtbar) die sehenswerte Steinwandklamm

Bild 8: Dann quert man die breite Schotterrinne unterhalb der Fadenwände auf einem schmalen, etwas luftigem Schotterweg, der Tiefblick erfordert also ein gewisses Maß an Schwindelfreiheit. Bei Nässe und Schneelage nicht empfehlenswert.

Bild 9: Rückblick auf die Querung und die zweite, versicherte Kletterpassage ganz rechts. Man kann die Sicherung auch ignorieren, allerdings ist das Gestein, auch größere Brocken, recht lose und der Weg mit lockerem Schotter aufgefüllt. Besser die Sicherung benutzen, bzw. sich am Felsen festhalten.

Bild 10: Tiefblick am schmalsten, seilversicherten Wegabschnitt, gegenüber Stritzelberg

Bild 11: Dann gehts um die Felsen herum und schließlich einige Felsen hinauf (I+, II-) durch die Fadenwände bis zum Ausstieg (steile Schotterserpentinen durch Wiesenhänge). Das war's auch schon. Schwieriger wirds nicht, und besonders lange klettern musste man auch nicht. Tagestouristen mit Sandalen, Turnschuhen oder gar Straßenschuhen haben hier jedenfalls nichts verloren, wohl auch deswegen behaupten die Wegweiser zum Fadensteig, dass es sich um ungesicherte Wegabschnitte handelt (da die englischsprachigen Touristen meinen Bericht sowieso nicht lesen werden/können, kann ich's ja erwähnen).

Bild 12: Zentral der Ötscher (1893m) mit dem Rauhen Kamm rechts in 45 km Entfernung, links im Vordergrund Gippel (1669m), damit ist der Gipfel schräg hinterm Ötscher vermutlich der Scheiblingstein (1622m)

Bild 13: Dank Wolfgang A. (im Gipfeltreffen.at-Forum) weiß ich nun die Gipfel beim Blick über den Kuhschneeberg westwärts

1: Hochtor (2369m) im Gesäuse; 2: Admonter Reichenstein (2251m); Sparafeld (2247m); 4: Planspitze (2117m)
5: Tamischbachturm (2035m); 6: Großer Buchstein (2224m);

Es folgt in geringerer Entfernung die langgezogene Kräuterin, direkt vor dem Großen Buchstein der Kleine Hochstadl (1838m), 7: Großer Hochstadl (1919m), 8: Fadenkamp (1804m)

9: Hexenturm (2170m), Versuch der Ersteigung am 16.8.10
10: Scheiblingstein (2197m) und Großer Pyhrgas (2244m), alle 3: Haller Mauern

Die Haller Mauern sind bereits über 100 km vom Schneeberg entfernt!

Bild 14: Sogenannte Bannerwolke am Kaiserstein

Erklärung des Wolkenphänomens siehe hier

Kurz zusammengefasst: Bannerwolken bilden sich bei Überströmung steil emporragender Bergspitzen im Lee des Gipfels, z.B. charakteristisch oft am Matterhorn, Mont Blanc oder zugspitze. Sie können sich über Stunden hinweg ortsfest halten, wobei der obere Wolkenbereich mit der Überströmung stetig weggeweht wird. Am wahrscheinlichsten ist der Erklärungsversuch, wonach die Bannerwolke durch erzwungene Hebung im aufsteigenden Ast eines Leewirbels entsteht. Je höher und steiler das Hindernis, umso wahrscheinlicher sind Bannerwolken. Die Überströmung des Gipfelbereichs erzeugt leeseitig einen Unterdruck, Luft wird aus der Tiefe angesaugt und kondensiert beim Aufstieg (Wolkenbildung). Ist die Luft im Leebereich sehr feucht, begünstigt dies die Bannerwolkenbildung, es ist aber keine notwendige Voraussetzung.

Bild 15: Langsam wirds meteorologischer, denn jetzt zeigen sich die von mir nicht korrekt interpretierten Gewittervorboten. Um 13.10 MESZ zwischen Fadensteig und Kaiserstein bereits auf dem Hochplateau des Schneebergs. Richtung Norden zeigen sich über den Voralpen bereits erste flache Quellungen (Cumulus humilis), die Hangthermik hatte bereits eingesetzt. Darüber befinden sich ausgedehnte mittelhohe Wolkenfelder (Altocumulus stratiformis opacus), die vertikal kaum ausgeprägt waren und ich deshalb als "stabile Schichtung" interpretierte. Sie deuten allerdings auch Feuchtezufuhr in jenem Stockwerk der Atmosphäre hin, die die Gewitterbildung maßgeblich beeinflusst.

Bild 16: Über dem Gipfel des Kaisersteins (2061m), dem heutigen Tagesziel, hielt sich für einige Minuten eine Föhnwolke (Altocumulus lenticularis), sie bestätigt einerseits die Bannerwolkentheorie, ist andererseits erneut ein Hinweis auf erhöhte Luftfeuchte in mittleren Höhen.

Bild 17: Der Weg zwischen Fadensteig und Kaiserstein ist nicht sonderlich steil (rund 350 hm sind noch zu überwinden), aber der Sonne ausgesetzt und bei Temperaturen um 20 Grad in dieser Höhe doch recht schweißtreibend; an der steilen Ostflanke sind Ausläufer der Bannerwolke zu sehen, nach Norden hin zunehmende, noch flache Quellbewölkung, darüber weiterhin mittelhohes Wolkenzeug.

Bild 18: Die Bannerwolke füllt die 'Breite Ries' an der Ostflanke des Kaiersteins vollständig aus, der 800 hm tiefe Blick wird vermieden.

Bild 19: Um 13.45 am Gipfel. Knapp 75 Minuten noch bis zur Gewitterbildung. In der Höhe weiterhin zerrissene Föhnwolken, Richtung Semmering-Wechsel und Bucklige elt weiterhin Quellungen, die im Gegensatz zu den Voralpen wesentlich mächtiger waren. Links schmale, aber hochreichende Haufenwolken (cumulus mediocris), die stärkere Aufwärtsbewegungen anzeigen als man es bei 'stabilem Bergwetter' erwartet.

Bild 20: Links Bannerwolke, zentral Ochsenboden mit Damböckhaus (1810m), dahinter Waxriegel (1888m)

Bild 21: Ebenfalls 13.46: Blick zur Rax mit Heukuppe (2007m), exakt in Verlängerung dahinter erste mächtigere Quellwolken (Cumulus congestus) zwischen Veitschalpe und Fischbacher Alpen

Bild 22: Um 14.14 hatten sich auch über dem Schneeberg schon vermehrt flache Quellwolken entwickelt, die man klar von der Bannerwolke abgrenzen konnte. An sich kein beunruhigender Anblick (Hangthermik), wäre da nicht das zuvor gesichtete, hochreichende Quellzeug südlich vom Schneeberg. Da ich die leicht südliche Höhenströmung im Hinterkopf hatte, war mir bewusst, dass sich etwaig entstehende Gewitter zwangsläufig Richtung Rax und Schneeberg verlagern würden.

Bild 23: Kühn die Rieswände

Bild 24: Völkerwanderung von Tagestouristen, oft mit unpassendem Schuhwerk (Sandalen), von der Schneebergbahn zur Fischerhütte. Der Weg an sich ist harmlos, ein breiter Fahrweg, aber durchwegs mit grobem Schotter durchsetzt, der das Schuhwerk und die Füße in Mitleidenschaft ziehen kann. Ungünstig ist dies dann bei Nässe (etwa das später aufziehende Gewitter), vom schlechten Halt ganz abgesehen.

Wir verließen gegen 14.30 MESZ die Fischerhütte (keine Einkehr), und stiegen teils über den Fahrweg, teils über den Wiesenhang bis zum Damböckhaus ab. Als wir die Elisabethkirche (1796m) bei der Bergstation der Schneenbergbahn erreichten, hatte sich der Himmel über der Rax dramatisch verfinstert. Richtung Payerbach-Reichenau konnte ich eine kleine Böenwalze entdecken, die Wolken zogen nun mit sichtbarer Geschwindigkeit nordostwärts Richtung Schneeberg. Zur nächsten Schutzhütte, die Haltestelle Baumgartner Haus an der Schneebergbahn (ca. 1350 m), war es aber noch eine gute Dreiviertelstunde! Das Donnergrollen kam näher und wurde zahlreicher, damit war klar, dass das Gewitter viele Erdblitze produziert, im Klartext also viele Möglichkeiten, vom Blitz getroffen zu werden. Ich mache meinem Wanderpartner keinen Vorwurf, dass wir trotzdem abstiegen. Für mich persönlich wäre es vernünftiger gewesen, in der Bergstation Schutz zu suchen, und zu warten, bis sich das Gewitter abgeschwächt hat. Wie gesagt: in den Haller Mauern stieg ich durch ein ähnlich flaches und exponiertes Latschenfeld ab, hier kam erst Sturm, dann Hagel und schließlich starker Regen auf, später schlugen Blitze in unmittelbarer Umgebung ein. An der Wilden Kreuzspitze starben zwei Wanderer durch einen von zwei Blitzen, der während einem Gewitter den Felsen traf, an dem sie vorbeigingen. Es gibt kaum etwas Schlimmeres als während einem Gewitter absteigen zu müssen, vor allem, wenn während dem Abstieg kein Unterschlupf vorhanden ist, der Weg durch Nässe schmierig wird und man durch die Eile unkonzentriert wird und ausrutscht.

Wir trennten uns jedenfalls etwa auf halber Strecke dort, wo der Tunnel der Zahnradbahn eine Öffnung aufweist. Ich suchte dort Schutz vor dem Regen (da ich absolut NICHT mit Gewittern rechnete, hatte ich mir nur die platzsparende Soft Shell und nicht die Hard Shell eingepackt) und etwaigen Blitzen. Gelegentlich musste ich, gewarnt durch die hupende Lok, der Bahn ausweichen, mit der ich gemeinsam nicht in den Tunnel passte, und die auch ordentlich Hitze produzierte.

Danach folgte ein einstündiger Nervenkitzel, in dem hoffte, dass das Gewitter nicht länger dauert, und ich eventuell sogar im Dunkeln absteigen müsste (was bei Wärmegewittern an sich nicht zu erwarten ist). Es gab immer wieder Donnergrollen, regnete dazu aber nur leicht. Richtung Puchberg war der Himmel nur leicht bewölkt, auch nach Südosten zu lockerten die Wolken auf. Für mich kein Grund, mich in Sicherheit zu wähnen.

Es gibt sowohl positive wie auch negative Blitze. Im oberen Gewitterwolkenbereich (Amboss), wo nur noch unterkühltes Flüssigwasser bzw. Eis existiert, sind die Teilchen positiv geladen, im unteren Bereich mit dem Niederschlag mischen sich positive und negative Teilchen. Etwa 90 % aller Erdblitze sind negativ, sie transportieren negative Ladung aus dem Niederschlagsbereich zum Erdboden. Nur 10 % sind positiv, sie erstrecken sich meist vom Amboss zum Erdboden. Hier entsteht jedoch die größte Ladungsdifferenz. Gerade im Randbereich von Gewittern, entweder an der Vorder- und Rückseite des Amboss, sind positive Blitze gefürchtet. Erfahrungsgemäß werden Gewitter oft durch ein oder zwei 'Klescher' beendet, die besonders heftig und laut sind. Möglicherweise handelt es sich hier um besagte positive Blitze. Solch ein positiver Blitz tötete auch die beiden Wanderer in Südtirol, und schlug aus dem Felsen mehrere Steinbrocken heraus.

Mit diesem Hintergrundwissen im Kopf wird man selbst dann vorsichtig, wenn man um sich herum schon blauen Himmel sieht. Jedenfalls verlagerte sich der Schwerpunkt des Gewitters sicht- und hörbar nach Nordwesten, und schließlich kam die Sonne wieder hervor. Um 16.15 MESZ wagte ich endlich den Abstieg, da sich das Donnergrollen hörbar entfernt hatte, und auch über mir die Wolken auflockerten. Positive Blitze wurden allerdings auch schon bis zu 30 km (!) vom Gewitter-Amboss gesichtet. Während dem Gewitter hörte ich es allerdings nur zwei Mal heftig krachen, weshalb ich die Gefährdung durch positive Blitze relativ gering einschätzte (weiß man leider erst hinterher).

Während ich am Tunnel ausharrte, kamen zwei Mal Wanderer beim Abstieg vorbei, die mich halb verwundert, halb belächelnd ansahen. Damit muss man leben. Ein Vater mit seinem Sohn, offenbar beide mit Turnschuhen ausgerüstet, taten sich sichtlich schwer auf dem benässten Weg. Ich überholte sie später, obwohl sie 30 min Vorsprung hatten. Bevor wir uns trennten, kamen uns sogar noch Wanderer entgegen, die Richtung Bergstation aufstiegen. Ich sagte "ganz schön mutig", was sie geflissentlich ignorierten. Selbstüberschätzung? Egal, Privatsache. In Richtung eines aufziehenden Gewitters aufzusteigen ist jedenfalls das Dümmste, was man in dieser Situation machen kann.

Ich folgte dann einem weiteren Wanderer, der frug, worauf ich denn gewartet hatte. Ich sagte: "Bis sich das Gewitter abschwächt." und er entgegnete, dass es schon längst nach Nordwesten weiterzog. Dann raste er mir davon - beim Abstieg war ich noch nie sonderlich schnell, und die schottrigen Serpentinen in den Latschen waren ziemlich glitschig.

Am Baumgartner Haus traf ich die Waldviertlerin wieder, der ich bereits beim Ausstieg am Fadensteig am Mittag begegnete, und wir liefen gemeinsam den Fahrweg entlang der Zahnradbahn bis ins Tal hinab. Etwa nach einem Drittel der Strecke wurde es erneut duster, leichter Regen setzte ein und das Donnergrollen wurde wieder zahlreicher. Es war jedoch immer weit genug entfernt, ohne ängstlich werden zu müssen.

Bild 25 und 26: Um 18.00 erreichten wir endlich den Bahnhof in Puchberg, und ich hatte Gelegenheit, einen Blick zurückzuwerfen:

Links das zweite Gewitter, dessen riesiger Wolkenturm sich in die Höhe schraubte, und dessen Basis einen Großteil des Gipfelplateaus in dichten Nebel hüllte. Rechts der übrig gebliebene Amboss des ersten Gewitters, das sich aufgrund der trockenen Luft im Steinfeld, die mit nördlichen Winden angesaugt wurde, auflöste.

Bild 27: Um 18.38 fuhr der Zug ab, unterwegs sah man Reste von Gewitterwolken. Die Luft im Wiener Becken war viel zu trocken und zu stabil, als dass die Gewitteraktivität aufrechterhalten werden konnte.

Bild 28: Verdientes Bier nach dem langen Abstieg ;)

Bild 29: Rund 40 min nach der Abfahrt in Puchberg hatte sich auch das zweite Gewitter nahezu aufgelöst (links), lediglich ausgedehnte Cirruswolken blieben übrig, vom ersten Gewitter hielten sich lediglich noch ein paar tiefe Wolken.

Bild 30: Gewitterwolkenreste über dem Steinfeld

Bild 31: Blick nach Wiener Neustadt mit dem spätromanischen Dom (erbaut 1207)

Bild 32: Schwarze Pumasneakers

Hübsch zum Ansehen ;), aber sie und ihre Begleitung (nicht im Bild) trugen eindeutig das falsche Schuhwerk am Berg.


Abschließend noch zwei Abbildungen, die verdeutlichen, dass meine Vorsicht am Berg während dem Gewitter berechtigt war:

Die Sequenz von Radarbildern zeigt die Region vom Hochschwab über Schnee- und Raxalpe bis Schneeber und Hohe Wand im Zeitraum 14.45 Uhr bis 18.05 Uhr. Blaue Farben zeigen geringe Niederschlagsintensität (schwacher Regen), grün und gelb mäßige Intensität und rot bis violett hohe Intensität. Ab violett kann Hagel mit dabei sein, bei weißem Echo ist Hagel mit Sicherheit dabei!

Darüberhinaus habe ich im ersten Radarbild den Gipfel des Schneebergs (Klosterwappen) als roten Punkt gekennzeichnet, ebenso den Zielort Puchberg am Schneeberg, sowie die Abstiegsroute entlang der Zahnradbahn bzw. Steig rosa.

Man sieht, dass sich anfangs ein mäßig starkes Echo über der Schneealpe befand, das sich in weiterer Folge deutlich verstärkte und zur Rax weiterzog. Um 15.15 MESZ befand ich mich am Nordrand einer kräftigen Zelle, die um 15.35 MESZ ihren Höhepunkt erreichte. In weiterer Folge schwächte sich das Echo allmählich ab, ehe nach 17.00 MESZ nochmals eine kräftigere Zelle nordostwärts zog, sich dann aber auflöste, ehe ich den Zielort erreichte. Nur wenige hundert Meter bis 1-2 km nordwestlich von meinem "Unterschlupf" beim Zahnradbahntunnel war das Gewitter recht kräftig ausgeprägt.

Die Abbildung zeigt die Orte, wo sich im Zeitraum von 16.00 MESZ bis 22.00 MESZ eine elektrische Entladung von der Wolke zum Boden ereignete.

Man sieht sehr viele Entladungen im Rax-Schneeberg-Gebiet. Ein Zoom in dieses Gebiet (aus rechtlichen Gründen keine Abbildung möglich) würde zeigen, dass es nur wenige hundert Meter nordwestlich und südöstlich meines Unterschlupfs mehrere Blitzeinschläge gegeben hat. Zudem überstieg die Zahl der Wolken-Erde-Blitze (2425) die Zahl der Wolke-Wolke-Blitze (502) an diesem Tag deutlich. Die Wahrscheinlichkeit, durch einen Blitzschlag verletzt oder getötet zu werden, war also erhöht. Das sagt mir persönlich, dass es kein Fehler war, ein Angsthase zu sein, und die Abschwächung des Gewitters an einem sicheren Ort abzuwarten.

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