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12.08. und 13.08.2010 - Wanderung auf den Mohar (2604m) und Sadnig (2745m, Versuch)

Anreise am Donnerstag, 12.8.2010, erstmals seit 17 Jahren war ich wieder in Kärnten, in Oberkärnten allerdings noch nie, zumindest nicht bewusst.

Bild 1: Der erste Eindruck stammt bereits aus dem Mölltal zwischen Spittal an der Drau und Obervellach, wo die Eisenbahn, welche hier über die Brücke führt, nach Norden abbiegt und zwischen Mallnitz und Bad Gastein die Hohen Tauern unterquert. Der Gipfel am Ende des Seitentals des Mölltals gehört zur Reißeckgruppe, einer Untergruppe der Ankogelgruppe, und könnte die Tristenspitze (2930m) sein. Die filigranen Wolkenstrukturen in mittlerer Höhe (Altocumulus) deuten auf erhöhte relative Feuchte hin, zwar kein unmittelbares Anzeichen für Gewitter, aber ein Indiz für gewisse Instabilität bzw. Obacht zu geben.

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Im oberen Mölltal, das zur Großglockner-Hochalpenstraße führt, zweigt bei Mörtschach (972m) die schmale Straße ins Astental ab, wo das Sadnighaus (1876m) angeschrieben ist. In vielen engen Kehren nah am Hang, der vom akuten Steinschlag gefährdet ist, geht es weit oberhalb des Talgrunds ins Astental hinein. Nichts für Autofahrer mit Höhenangst. Am Talschluss gelegen, ehe es in den ebenen Talboden hineingeht, thront das Sadnighaus mit einem prächtigen Blick auf die Goldberggruppe, nördlich davon beginnt der Nationalpark Hohe Tauern. Hier kann man den Klimawandel hautnah miterleben, sieht die eisfreien Gletschermulden, die ausgetrockneten Gletscherböden, wo sich ehemals ein See befand. Wiese erstreckt sich bis auf die hohen Gipfel in 2800m und höher. Der Abgeschiedenheit dieser Region ist es zu verdanken, dass ich recht viele Murmeltiere sehen konnte.

Der erste Gipfel von mir und meinen Wanderkollegen aus dem Gipfeltreffen-Forum sollte der Mohar (2604m) werden, der als einer der "Seven Summits" des Nationalparks Hohe Tauern deklariert ist, u.a. wegen seinem prächtigen Großglockner-Blick, der uns leider wie die restliche Aussicht durch aufziehende Schauerwolken versperrt blieb. Wie fühlt es sich an, wenn man ein halbes Jahr kaum noch Sport betreibt, da man exzessiv an der Diplomarbeit schreibt? Man fängt nochmal von vorne an, was Kraft und Ausdauer betrifft, zumal sich bei mir auch die Höhe bemerkbar machte.

Bild 2: Bereits am Gipfelanstieg zum Mohar, Blick nach Osten zur Magernigspitze (2640m, links) mit dem nördlich gelegenen Schobertörl (2360m, Scharte), von dem es nach Südosten entlang des Schoberbachs ins Großfragant (Tal) absteigt. Die Mugl südlich der Magernigspitzen heißen Striedenkopf, Hirtenkopf (2606m) und Mulleter Sadnig (2569m, der Rundliche rechts der Mitte), ganz rechts folgt schließlich der Sadnig (2745m) mit dem Vorgipfel, der Vor-Sadnig heißt, an dessem Fuß ich am folgenden Tag mangels Sicht und Kondition vorzeitig umdrehte.



Der Anstieg zum Mohar geht mäßig steil zuerst durch den Wald, dann entlang von Wiesenhänge und schließlich über groben Schotter bis auf den Gipfel, völlig unschwierig und auch für weniger Geübte geeignet.

Bild 3: Am Gipfel, Blick nach Südwesten ins vordere Astental, ins Mölltal sowie bis zu den Lienzer Dolomiten (maximal 2770m).



Bild 4: Blick nach Südwesten zu Magernigspitze bis Sadnig, rechts mittig ist ein ehemaliges Gletscherkar sichtbar, das bereits hochreichend bewaldet ist und über das eine der Aufstiegsrouten zum Sadnig verläuft. Hinter den Sadniggipfeln dürften die nördlichen Ausläufer der Kreuzeckgruppe sichtbar sein, mit dem Polinik (2784m)

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Bild 5: Am Fuße des Mohars (bereits am Rückweg, da am Gipfel ein kalter Wind blies) neugierige Schafe

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Bild 6: Eine weitere Tierart, die es in großer Zahl in der Umgebung des Sadnighauses gab:



Der Alpensalamander gehört zu den Schwanzlurchen und scheidet bei Gefahr ein giftiges Hautsekret aus. Zu seinen natürlichen Fressfeinden gehören Elster, Dohle und Kreuzotter.

Damit waren die ersten 728 hm verbucht.

Im Sadnighaus nächtigt es sich sehr angenehm, wenn auch nicht ganz günstig, dafür bekommt man einiges geboten. Das Haus ist für Rollstuhlfahrer geeignet, besitzt eine Sauna, ein eingezäuntes Trampolin für Kinder und sehr reichhaltiges Essen, angefangen vom Frühstück bis zum dreigängigen Abendessen mit reichhaltigem Salatbuffet. Für Wanderer mit Bärenhunger ein Paradies. Die Dusche spuckt Warmwasser aus und der Zirbenschnaps kann empfohlen werden. Abends zogen dann Schauer auf, in den Freitag Morgenstunden donnerte es zwischen fünf und sieben ein paar Mal. Üblich für Hüttenübernachtungen, insbesondere in dieser Höhe, ist die rasch aufkommende Müdigkeit abends. So ist es keine Seltenheit, wenn man schon um halb neun oder neun ins Bett geht, andererseits stellt der Tresen eine natürliche Barriere auf dem Weg in die Lager oder Zimmer dar.

Nachdem die Wetterprognosen ja alles andere als gut für den Freitag aussahen, wunderten sich (einige) manche über die Auflockerungen am Vormittag mit vorübergehenden Sonnenschein. Das war nach Abzug des besagten Gewitters. Die Aussichten, die ich von Mittwoch abend noch im Kopf hatte, verhießen weitere Schauer und Gewitter über den ganzen Tag verteilt, weshalb ich skeptisch war, wie lange diese Auflockerungen hielten. Klassischerweise begann die durch den Gewitterniederschlag angefeuchtete Luft über den Hängen zu verdunsten und es entwickelten sich bis zum Mittag wieder, zunächst lockere, Quellwolken, die die Berggipfel einhüllten. Wenn man erstmal im Nebel steckt, ist alles unberechenbar, insbesondere dort, wo es bis auf die Gipfel selbst so gut wie kein Handyempfang gab und man sich auch nicht mehr extern informieren kann, ob und was da auf einen zurollt. Aber der Reihe nach...

Bild 7: Die Magernigspitze vom Sadnighaus aus. Alpenromantik, schön ruhig alles, kein Fluglärm, keine nervenden Nachbarn mit Bohrmaschine, kein GIS-Mann, der nach dem Fernseher fragt, okok, ich hör schon auf...



Unsere Aufstiegsroute führte uns, wie bereits aus Bild 4 ersichtlich, über einen sehr steilen und schottrigen, teils verwurzelten Pfad ins ehemalige Gletscherkar. Der Weg erfordert Trittsicherheit und ist an wenigen Stellen, wo Rinnen durchquert werden, auch leicht ausgesetzt bzw. sollte man aufpassen, wo man hintritt. Bei Nässe nicht ratsam, da der Schotter sehr bröselig ist und man auf den Wurzeln leicht ausrutschen kann. Eine Achillessehnenverlängerung muss nicht sein.

Bild 8: Die Waldgrenze erreichend bot sich ein Blick nach Norden zur Stellhöhe (2815m, mittig) und ins Gletscherhochkar namens Rudenalm (hinten, rechts), zu dessen Etymologie mir nichts einfällt. Am Ende dieses Kar thront die Rote Wand (2855m).



Bild 9: Die verstreuten Almen im Astental, darüber der Mohar, wie gesagt, ein leichter Gipfel, wobei man die Höhe nicht unterschätzen sollte.



Nachdem man endlich den Boden des Gletscherkars betritt, geht der Weg über groben Schotter und dann Blöcke weiter zum Vor-Sadnig und schließlich Sadnig. Gerade bei der Überquerung des Blockfelds ist Trittsicherheit und Konzentration absolut notwendig, da man sich sonst leicht irgendwo einklemmt. Steil geht es nicht hinab, erst zum Gipfel hin sollte man abgrundblickerprobt sein, aber ausgesetzt ist es nirgends. Soweit kam ich jedoch nicht, denn...

Bild 10: ...beim Aufstieg nach der Sadnigscharte (2484m) fiel zunehmend dichter werdender Nebel ein - die vorher angesprochenen Quellwolken, die sich mit der einsetzenden Thermik am Vormittag gebildet haben.



Nach dem besagten Blockfeld merkte ich auch zunehmend die Höhe und bekam Kopfweh und fühlte mich außerdem zu schlapp zum weitergehen, da der Gipfelanstieg recht steil in Serpentinen hinaufging. Da der Nebel die Sicht zusätzlich auf unter zwanzig Meter beschränkte, dachte ich mir, was das jetzt noch für einen Sinn habe, bis zum Gipfel aufzusteigen und dort genauso wenig zu sehen. Deshalb kehrte ich auf ca. 2650m, also lediglich hundert Meter unterhalb des Gipfels, um.

Zusätzlich, was für mich schließlich den Ausschlag gab, ist diese Ungewissheit, ob der Nebel harmlos bleibt, oder urplötzlich ein Gewitter aufzieht. Das Gewitter vom frühen Morgen deutete an, dass das Gewitterpotential recht groß war (Morgengewitter sind keine Selbstverständlichkeit im Hochgebirge, selbst im Hochsommer nicht) und die Prognosen hatten weitere Schauer für den Tagesverlauf angesagt. Wann schlägt es um? Vom gemütlichen Nebel ins heftige Gewitter? In dem Nebel nützt Dir kein akademischer Titel, kein sonstig erworbenes Wissen etwas, da ist das Wetter unberechenbar.

Bild 11: Wenig später sah es dann so aus:



und etwa zwanzig Minuten später kehrten auch meine Wanderkollegen vom Gipfel zurück. Letzendlich erwies sich meine Intuition als richtig, ebenso meine vorzeitige Umkehr, da es beim Abstieg vom Kapitzenbühel (2282m) plötzlich zu regnen begann, recht großtropfig auch, zum Glück ohne Blitz und Donner. Auf den Steinblöcken wäre das zur recht rutschigen Angelegenheit geworden. Unser Abstieg war daher eine andere Route, die südlich der Magernigspitze über die Lindleralm zum Astner Moos und zurück zum Sadnighaus führte. Sehr steil, aber fester Schotter, der trotz Nässe nicht rutschig war, ideal also, davon abgesehen, dass wir ziemlich nass ankamen, sofern die Ausrüstung nicht ausreichte (Wanderhosen perlen bis zu einem gewissen Grad ab, nützt aber nichts, wenn es von der Regenjacke in die Hose läuft).

Das Problem mit Schauern oder Gewittern ist Folgendes:

Bei Nässe rutscht man generell leichter aus und wenn man sich beeilt, um aus dem Regen zu kommen, bzw. wenn es gar gewittert und man aus der blitzschlaggefährdeten Zone herauswill, dann muss man erstens fit genug sein und zweitens konzentriert genug, um nicht auf eine glatte Wurzel zu treten oder im Schotter oder auf rutschiger Wiese das Gleichgewicht zu verlieren. Mangelnde Fitness und Training auf solchem Gelände bedeutet zwangsläufig mehr Zeit beim Abstieg, was je nach Heftigkeit des Schauers oder der Blitzschlaggefahr ungut ausgehen kann. In solchen Situationen ist es folglich besser, umzudrehen, wenn man bei einer wechselhaften Wetterlage nicht sicher sein kann, den Rückweg beschleunigt in steilem, ausgesetzten oder Trittsicherheit erforderlichem Gelände bewältigen zu können.

Ich schreib das hier wieder so ausführlich, weil ich wanderfreudige Leser davor warnen möchte, ihre Intuition bzw. körperliche Verfassung zu ignorieren, nur um mit anderen mithalten zu können oder unbedingt auf den Gipfel gehen zu wollen.

Damit waren immerhin, auch ohne Gipfelbesteigung, weitere 750 hm verbucht.

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