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20.06.24 Klammberg (959m) und Dümlerhütte (1495m), Totes Gebirge

Eckdaten:

  • Wegführung: Roßleithen (8.30) - Klammberg (9.10) - Kleiner Klammberg (9.25) - Dümlerhütte (12.00-13.30) - Pießling-Ursprung (15.00) - Roßleithen (15.30)
  • Länge: 10 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1000 hm
  • Reine Gehzeit: ca. 5 Std.

Dieser Wandertag fiel schon eher in die Kategorie Extremerlebnis. Der Himmel war von der Früh weg mit dichter Saharastaub-Bewölkung überzogen.

Bild 1: Bis etwa 1100m Seehöhe hielt sich eine feuchte Bodenschicht.

In dem Kar über dem Pießling-Ursprung zwischen Präwald und Klammberg gab es kurzzeitig sogar Stratus-Ansätze an der relativ scharfen Inversion. Im Wetterballonaufstieg von Linz (05 Uhr) war die Inversion auf rund 1000m Höhe gut erkennbar, darunter Ostwinde, darüber Westwinde.

Von einer Einheimischen hatte ich den Tipp mit dem Klammberg bekommen und weitere Berichte darübergelesen. Ich startete also dort, wo ich vom Windhagersee her zurückgekommen war, bei der Bushaltestelle Roßleithen Walchegg, und ging zunächst den gleichen Weg bergauf.

Bild 2: Dann aber einem unmarkierten, aber gut ausgetretenen Steig nach links folgend.

Bild 3: Vorbei an den Fischteichen.

Dort lebte laut Bäuerin ein "Fischotter mit Gewichtsproblemen" angesichts des reichhaltigen Futterangebots.

Bild 4: Über einen herrlich zu gehenden Waldsteig stieg ich an.

Der einzige Knackpunkt war die Windstille und die extreme Schwüle. Ich kann mich nicht erinnern, auf einer Tour einmal so stark geschwitzt zu haben. Bis ich beim Gipfel ankam, war ich klatschnass, und das waren weniger als 300 Höhenmeter.

Bild 5: Die Ausssicht auf Roßleithen, Windischgarsten und das Sengsengebirge entschädigte für die Mühe:

Am Gipfel überlegte ich noch, ob ich nicht abbrechen sollte und mich gleich an den See verziehen für den restlichen Tag. Doch beim Abstieg nach Osten kam mir ein zartes, kühles Lüfterl entgegen und damit sah die Welt schon wieder anders aus. Ich wurde zuversichtlicher und hangelte mich von Etappe zu Etappe.

Bild 6: Braunrote Stendelwurz (Epipactis atrorubens)

Bild 7: Gipfelkreuz des Kleinen Klammbergs.

Bild 8: Blick auf das firmeneigene E-Werk des Sensenwerks Roßleithen.

Unweit davon befindet sich der Pießling-Ursprung, die größte Karstquelle von Oberösterreich.

Bild 9: Im Abstieg sah ich nicht nur eine Ansammlung von Roten Waldvögeleins, sondern ...

Bild 10: .... auch Ophrys insectifora (Fliegen-Ragwurz).

Für mich als Orchideenlaie war das überraschend, doch wurde mir später gesagt, dass die Fliegenragwurz im Bergland häufiger vorkommt als im Flachland und der Fund alles andere als außergewöhnlich sei. Ich freute mich trotzdem über die Orchideenvielfalt oberhalb des Pießling-Ursprungs.

Bild 11: Zweiblättrige Waldhyazinthe.

Bild 12: Türkenbundlilie.

Bild 13: Über diesen aufgeforsteten Schlag stieg ich ab.

Gegenüber die Schneise der Materialseilbahn zur Dümlerhütte.

Bald war ich am tiefsten Punkt angelangt und schaute auf die Uhr. Noch reichlich Zeit. Einzelne Lokalmodelle rechneten bereits ab 16 Uhr erhöhtes Gewitterpotential in der Region, aufgrund der feuchten Bodenschicht und der hochlabilen Luftmasse bestand Unwettergefahr. Ich stieg also Richtung Präwald an, den ich gerne mitgenommen hätte, aber es war einfach zu schwül dafür.

Bild 14: Unterwegs das nächste Große Zweiblatt.

Bild 15: Roßleithenreith, sehr idyllisch gelegen.

Bild 16: Bitter-Kreuzblumen in Albinoweiß.

Bild 17: Im oberen Teil wurde der Weg etwas rumpeliger, war aber weiterhin gut zu gehen.

Bild 18: In rund 1 Std. 45 Minuten erreichte ich zum zweiten Mal innerhalb von 24 Stunden die Dümlerhütte.

Die Wirtin erkannte mich sofort: "Schon wieder hier? Gfoits da so guat?" Ja.

Ich nahm dieses Mal gleich zwei Skiwasser, wieder Frittatensuppe und ein alkoholfreies Weizen. Der Saharastaubhimmel lichtete sich allmählich. Ab 13 Uhr knallte die Sonne herein und rasch bildeten sich die ersten Quellwolken. Die Hüttenwirtin erzählte von der guten Buchungslage diesen Sommer und dass seit Beginn der Sommersaison Anfang Mai bereits 700 Kinder übernachtet haben. Alleine für das kommende (letzte) Wochenende hatten sich 69 Kinder und 8 Lehrer angekündigt. Es sei so viel reserviert worden, dass es ihr schon nimmer wurscht sei. Gut zu wissen, dann plane ich künftige Übernachtungen eher im Herbst und tendenziell eher auf der Zellerhütte.

Auch dieses Mal gab es eine relativ laute Gruppe. Andere Gäste meinten, dass die wohl "a mords Gaudi hätten." Und kurz darauf noch andere Gäste: "Ma, die ham a Gaudi." Zum Glück saßen sie ums Eck, sonst wäre ich schon wieder geflüchtet. Ich bin dann doch wegen der unberechenbaren Gewitterneigung etwas früher abgestiegen. Da ich nicht wusste, wie steil der Abstieg durch den Seegraben war und ich die Knie schon langsam etwas spürte, ging ich ausnahmsweise denselben Weg zurück.

Bild 19: Alpen-Nelke.

Bild 20: Zurück bei der Roßleithenreith.

Bild 21: Pießling-Ursprung.

Der Quelltopf ist ca. 30m breit und 60m tief. Nach Unwetterschäden wurde der Zugang zur Quelle zerstört. Die neue Aussichtsplattform wird im Juli eröffnet. Mir reichte es bereits, in die herrlich kühle Brise einzutauchen.

Bild 22: Formschönes Geflecktes Knabenkraut.

Bild 23: Die hellblütige Form.

Bild 24: Rundliches Wintergrün, keine Orchidee (Pyrola rotundifolia).

Bild 25: Das E-Werk aus der Nähe.

Bild 26: Blick Richtung Seespitz.

Dann war ich bei der Bushaltestelle, wo kurze Zeit drei deutsche Urlauberinnen eintrafen, darunter auch die vom Schneefeld vom Vortag, völlig abgehetzt waren sie in 35 Minuten vom Gleinkersee herübergerannt, statt den angegebenen 60 Minuten. Eine ältere Einheimische nebenan meinte trocken: "Foahrt eh olle Stunde a Bus ..." - Ich hatte auch die Ruhe weg. Stress war etwas, was ich im Urlaub zu vermeiden versuche. Dann wirds halt a Wengerl später.

Bild 27: Im Innenhof empfing mich die Hauskatze.

Bild 28: Dann gönnte ich mir erst das Beef Tartare und dann das Duett vom Maibock vom ersten Abend.

Das war dann insgesamt doch nicht so wenig, aber hohe Qualität. Ich hab alles vertragen und es lag nicht im Magen.

Die Abkühlung ließ auf sich warten. Auch ein Individualreisender kam relativ fertig und abgekämpft zum Essen. Er war mit dem Rad auf der Wurzeralm, dann war anscheinend eine entscheidende Strecke gesperrt, was vorher aber nicht angeschrieben war, und er musste einen großen Umweg fahren. In Summe 1400 Höhenmeter und gut 30km.

Ich schaute nach dem Essen aufs Radar am Handy. Hoppala! Von Westen näherte sich eine heftige Gewitterzelle am Südrand eines großen Gewitterclusters. Sie war nicht mehr weit entfernt. Der Himmel über dem Hotel verdusterte sich, ein kühles Lüfterl kam auf. Ich beeilte mich mit dem Zahlen, sagte beim Hineingehen noch zur Kellnerin, dass da gleich ein kräftiges Gewitter kommen würde, ging aufs Zimmer, tötete noch schnell eine mitgebrachte Hirschlausfliege, und dann ging es auch schon los.

Bild 29: Sehr turbulente Böenwalze bereits auf der Nordseite des Warschenecks.

Richtung Hinterstoder eine bläuliche Regenwand. Da hätte Hagel dabei sein können.

Bild 30: Unmittelbar vor dem Beginn des Starkregens.

Dann zog mit einsetzendem Regen die erste Sturmfront über den Ort. Laut Wetterstation mit 99 km/h. Inmitten des Starkregens gab es erneut schwere Sturmböen, ein sogenannter feuchter Downburst. Die Bahnstrecke Richtung Spital war für ein paar Stunden wegen Unwetterschäden gesperrt. Mit dem abziehenden Gewitter gab es später sogar noch Böen aus östlichen Richtungen, was ebenfalls für eine Superzelle mit Downburst spricht.

Bild 31: Schmal begrenzter Regenfuß Richtung Wurzeralm.

Bild 32: Sonnenstrahlen nach Abzug des Gewitters.

Bild 33: Aufsteigende Nebelfetzen vor Spitzmauer und Großem Priel.

Bild 34: Ausgedehnte Stratusbank von Roßleithen bis Vorderstoder.

Daraus entwickelte sich bis zum Morgen eine kompakte Nebeldecke über das gesamte Becken.

Bild 35: Infrarot-Satellitenbild mit den eingefärbten Wolkenobergrenzen.

Quelle: Twitter-Account von ESTOFEX-Meteorologe Tomas Pucik (@Djpuco). Es zeigt das Monstrum über dem westlichen Mostviertel gegen 21.45 MESZ. Es handelt sich um einen riesigen Gewittercluster mit einer kräftigen Gewitterzelle im südlichen Bereich, das einen sogenannten Overshooting Top enthält, das heißt, der Gewitteramboss durchstößt die Tropopause und überragt den restlichen Eisschirm. Er deutet auf besonders heftige Aufwinde hin und normalerweise Großhagel. Es ist unklar, warum es kaum Hagelmeldungen aus diesem Unwetter gab. Möglicherweise war die Nullgradgrenze zu hoch und die Luftschichtung zu feucht. Dann schmilzt der Hagel, bis er den Boden erreicht. Vielleicht zog der Hagelstreifen aber auch über dünn besiedeltes Gebiet und wurde nicht gemeldet. In jedem Fall kein Gewitter, das man als Wanderer ohne Schutz am Berg erleben möchte.

Wieder ein spannender Wettertag und dem Saharastaub mit verminderter Sonneneinstrahlung vom Vormittag war es zu verdanken, dass die Gewitter nicht früher gekommen sind.

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