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19.08.2020 Scheibelsee und Edelrautehütte, Rottenmanner Tauern

Eckdaten:

  • Wegführung: Hohentauern (13.25) - Mautstraße - Edelrautehütte (15.25) - Scheibelsee-Umrundung
  • Länge: 7,7 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 560 hm

Drei Tage Hütte mit einer großen Gipfelrunde. Im Coronasommer ist das alles nicht so trivial zu planen. Ich wartete lange, bis das Wetter stabil genug war, und bestand auf Zimmerlager. Ursprünglich wollte ich noch bis Samstag bleiben, doch hätte ich da ins Lager wechseln müssen. Aus einem TV-Bericht über die Alpenvereinshütte etwa eine Woche vorher war ersichtlich, dass es lediglich niedrige Trennwände im Kopfbereich im Matratzenlager gab, es wurden auch entgegen der Alpenvereinsregeln Decken und Polster ausgegeben. Ich wollte kein unnötiges Risiko eingehen und blieb daher bei zwei Übernachtungen. Das führte dazu, dass ich am Abreisetage keine längere Tour mehr machte, mit großem Rucksack und bei der großen Hitze war mir das dann zu mühsam.

Die Anfahrt verlief problemlos, IC bis Judenburg, S-Bahn bis Thalheim-Pöls und Kleinbus bis Hohentauern. Leider ein ziemlich enger Bus mit drei Sitzreihen. Von Abstand halten konnte darin keine Rede sein. Zum Glück trugen alle - bis auf den Fahrer - Masken und die Klimaanlage lief auf Höchstleistung. Die Fahrt dauerte eine Stunde, weil der Bus noch in die Nachbarorte, St. Oswald und Oberzeiring, fährt. In St. Johann standen am Ortseingang Militärfahrzeuge, ein junger Soldat saß vor einer MG, dessen Mündung Richtung Straße schaute. Ein eigenartiges Gefühl, wenn man vorbeifahrend direkt in das Mündungsrohr schaut. Dasselbe am Ortsausgang. Mit mir stieg am Bahnhof noch ein weiterer jüngerer Wanderer mit großem Rucksack ein, der dasselbe Ziel wie ich hatte. Leider zündete er sich schon an der Haltestelle eine Tschick an und schied für mich als potentieller Gesprächspartner auf der Hütte damit aus. Ich ertrage wegen meines allergischen Asthmas Zigarettenrauch derzeit schon in den kleinsten Mengen nicht und muss Abstand halten.

In Hohentauern kamen wir pünktlich um 13.24 an. Danach folgte ich Richtung Mautstraße.

Bild 1: Hausberg von Hohentauern, der Triebenstein (1810m).

Für eine Tagestour zu kurz, wäre ein Ersatzziel für den Abreisetag gewesen, aber wegen der südseitigen Ausrichtung war es dann zu warm dafür.

Bild 2: Häuslteich mit Forellen und Pfahlbaudorf

In der dortigen Gaststätte kehrte ich am Abreisetag ein. Im Hintergrund der Bruderkogel (2299m).

Ich folgte der Mautstraße weiter bis zur ersten Kehre. Dort sollte laut Karte ein unmarkierter Steig links abbiegen und Richtung Drei Lacken führen (in Wahrheit sind es mindestens fünf Lacken). Der Steig verlor allerdings nach wenigen Metern an Deutlichkeit und sich im Unterholz. Laut AMAP und Kompasskarte gibt es neben der Mautstraße zwei markierte Alternativrouten zur Hütte, den Weitwanderweg 02 ganz im Westen und die Variante 02A ganz im Osten. Von beiden Wegen war aber nichts zu sehen, keine Wegweiser, keine Markierungen. Notgedrungen musste ich der stark frequentierten Mautstraße weiter folgen.

Bild 3: Einer der gut gefüllten Lacken.

Bild 4: Eine weitere Lacke, eher ein großer See.

Laut Lieb und Sulzer (1992) handelt es sich hier um eine postglaziale Moränenlandschaft des Bösensteingletschers. Ein Indiz für eine Vollvergletscherung war der Fund eines Fremdlings (Erratika), eines großen Steinblocks am Südostrücken des Hengsts. Der Pölstalgletscher reichte vermutlich bis zum Ausgang des Bärentals von Osten, da auch dort im Tal Erratika gefunden worden sind. Der ehemalige Pölstalgletscher war somit rund 9km lang und 300m mächtig. Der älteste Spätglazialstand zeigt sich bei den Drei Lacken. Ein weiterer erneuter Vorstoß hinterlißeß die Moränen rund um die Scheibelalm, ein endnaher Ufermoränenwall, auf dem die Edelrautehütte steht.

An einer markanten Spitzkehre der Mautstraße zweigt ein markiertes Stück des 02ers ab, der bei einem Forstweg endet. Dort fehlte jedoch die Fortsetzung. Weiter den Weg entlang versperrte schweres Gerät den Weg. Ich bog in einen verwachsenen Forstweg hangaufwärts ein, der bei einer Wiese endete. Laut Karte hätte hier der 02er weitergehen sollen.

Bild 5: Hier querte ich einen älteren Schlag mit höchstens ansatzweise Steigspuren.

Bild 6: Die verblichene Markierung zeigte mir, dass ich richtig war - hier sollte der Weitwanderweg verlaufen.

Der Steig mündet in einem breiteren Weg (Variante 02A) von Osten mit einem Wegweiser. Die Mündung fand ich, aber den Weg nicht mehr.

Bild 7: Dort sah es nämlich jetzt so aus:

Ein riesiges geschlägertes Gebiet, das sich bis in den angrenzenden Wald zog und den markierten Weg vollkommen verlegte. Die Variante 02A war vollständig mit Ästen bzw. Unterholz gefüllt und nicht begehbar. Ich schlug mich quer durch, bis ich etwa auf der 1540er Höhenlinie wieder auf die Mautstraße traf. Lediglich das letzte Stück des 02ers ab der 1600er Linie ist intakt. Bei Beginn der Mautstraße war zwar von einer Umleitung die Rede, die sich aber auf den Märchenweg bezog - von Wegnummern stand dort nichts. Die stark verblichene Markierung auf Bild 6 und sonstige fehlende Markierungen entlang des ursprünglichen Steigverlaufs lassen vermuten, dass der Steig schon länger aufgelassen wurde.

Bild 8: Riesige Zirbe vor der Scheiblalm.

Zur Hütte bleibt ein gemischtes Fazit. Wegen der aufgelassenen Steige sind es vorwiegend Tagesgäste und Übernachtungsgäste auf der Durchreise, die mit dem Auto hinauffahren und vom Parkplatz lediglich zehn Minuten zur Hütte gehen müssen. Das Land Steiermark hatte kräftig die Werbetrommel gerührt, es waren viele Deutsche da, auch viele junge Deutsche in Gruppen, sonst Tschechen und Slowaken, auch eine französische Familie. Entsprechend herrschte etwas Durchgangsbetrieb auf der Terrasse. Gerade zu Coronazeiten finde ich es besonders schmerzhaft, wenn auf der Terrasse viel geraucht wird. Fast jeder zweite Tisch war von Rauchern belegt, ein Deutscher frönte ungeniert seiner Zigarre, dessen penetranter Qualm quer über die Terrasse zog. Ich vertrag es wirklich nicht mehr und sehe auch nicht, weshalb ich mein Essen und Trinken mit Rauchgeschmack einnehmen muss. Warum muss ich tolerant gegenüber Menschen sein, die mit ihren Aktivitäten anderen Menschen Schaden zufügen? Kein Raucher wird durch Nichtrauchen belästigt, umgekehrt aber schon. Ich werde das nie verstehen. Es trübt jedenfalls das Vergnügen, wenn man ständig auf der Hut sein muss, wer sich nebenan an den Tisch oder zu einem an den Tisch setzt. Raucher können sich überall hinsitzen und genießen, während ich als Allergiker ständig aufpassen muss.

Zum Thema Corona ist zu sagen, dass es auf der Hütte kein Corona gibt. Ich hab an allen Tagen keine einzige Maske gesehen, weder die Wirtin noch das Personal, das täglich mit dutzenden Gästen Kontakt hat, aber auch nicht bei den Gästen. Abends gingen fast alle wie selbstverständlich in die Stube, wo die Fenster immer geschlossen waren. Das offene Frühstücksbuffet fand auch in der Stube statt. Dabei hat die Hütte das Privileg, ostseitig ausgerichtet zu sein, sodass man morgens schon in der Sonne frühstücken kann. Hygieneregeln wurden beim Frühstück vollständig missachtet: Gemeinsames Geschirr, geschlossene Fenster, kein Hinweis, sich vorher die Hände zu desinfizieren. Fremde saßen gemeinsam am Tisch, obwohl Platz war, sich auseinanderzusetzen. Ich saß abends lange draußen mit langem Gewand und Jacke und ging dann direkt aufs Zimmer. Auch hier ist die Hütte kein Einzelfall. Dass viele Hüttenwirte auf die Alpenvereinsregeln und Verordnungen des Gesetzgebers pfeifen und den Profit vor die Gesundheit der Gäste stellen, hörte ich auch von zahlreichen anderen Hütten, egal ob Naturfreunde, Touristenclub oder Alpenverein. Anscheinend hat man aus Ischgl nichts gelernt.

Ich würde mir eine Art Gütesiegel wünschen für Unterkunftgeber, die die wesentlichen Voraussetzungen schaffen, um die Ansteckungsgefahr zu verringern:

  • Masken auf in der Hütte (Stiegenhaus, Flur, Sanitäranlagen, Thekenbereich) für Gäste UND Personal
  • Frühstück auf Wunsch im Freien bzw. dezidiert ermutigen, hinauszugehen
  • Kein gemeinsames Besteck am offenen Buffet bzw. dezidiert die Aufforderung, sich vor dem Bedienen die Hände zu desinfizieren
  • Abstandsregeln einhalten, insbesondere Abstand zu Fremden, freien Platz ausnutzen
  • Türen und Fenster in der Stube öffnen, auch wenn man sich dann wärmer anziehen muss

Das sollte für jedes Hotel und jede Hütte gelten. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zu einer Situation, in der es zu Infektionen kommt und die Hütte dann in den Schlagzeilen wegen erkrankter Gäste oder Personal steht. Dann muss die Hütte mindestens zwei Wochen schließen und künftige Übernachtungsgäste werden womöglich noch abgeschreckt. Ist es das Risiko wirklich wert? Gerade die höher gelegenen Hütten hatten den Vorteil, relativ wenig von den Auswirkungen des Lockdowns betroffen gewesen zu sein, da sie ohnehin erst ab Mai oder Juni regulär öffneten. Sie werden im September oder Oktober auch wieder zusperren, wenn sich das Infektionsgeschehen in den Innenräumen temperaturbedingt verstärken wird.

Die Küche kam in manchen Google-Bewertungen nicht gut weg, zu viel Geschmacksverstärker. Die leidvolle Erfahrung machte ich auch am Anreisetag mit dem Schweinsbraten. Herrliche Kruste, aber die Bratensauce hatte reichlich Glutamat intus. Dadurch bekam ich heftige Blähungen, Kopfschmerzen und Schweißausbrüche in der Folgenacht und lag über zwei Stunden wach. Die Allergene waren zwar angegeben, aber es befand sich in fast allen Gerichten Laktose, wodurch sich die Auswahl für mich stark dezimierte. Am zweiten Tag nahm ich das panierte Schnitzel mit Erdäpfeln, da konnte ich nicht viel falsch machen. Dafür war der Salat in Balsamico ertränkt, ebenso wie vorher der Rindfleischsalat, auch das hab ich wieder nicht vertragen. Für das Essen kann ich also leider keine Empfehlung aussprechen, speziell nicht für Menschen, die Laktose, Histamin und Glutamat nicht vertragen.

Wo ich die Wirtin aber in Schutz nehmen muss, ist die kritisierte Unhöflichkeit in einzelnen Bewertungen. Sie war an allen Tage höflich, hat immer nachgefragt, war beim Bedienen aufmerksam. Ob freundlich oder unfreundlich hängt dann wohl eher vom Sender als vom Empfänger ab. Nachdem der Gasthof durch die Mautstraße stark frequentiert ist, dürfte das hohe Gästeaufkommen auch zu stressigen Phasen beim Personal führen, da kann man schon verstehen, wenn die Befehle ans Personal oder Antworten an die Gäste mal kurz angebunden ausfallen.

Bild 9: Nach dem Essen stieg ich zum Großen Scheiblsee auf, den ich anschließend umrundete.

Bild 10: Die letzten Sonnenstrahlen spiegelten sich an der Wasseroberfläche.

Bild 11: Großer Bösenstein (2448m) und Hauseck (1982m).

Bei der Wiese unterm Stacheldrahtzaun durch und gegenüber weiter am Forstweg, zum Schluss weglos über den flachen Gipfelrücken.

Bild 12: Glasklares Wasser mit Fischen.

Bild 13: Blick bis auf den Grund.

Bild 14: Ohne Worte.

Bild 15: Hauseck noch auf der Sonnenseite.

Bild 16: Ohne Worte.

Bild 17: Spiegelung

Bild 18: Ostalpenenzian.

Bild 19: See von West nach Ost mit abziehenden flachen Quellwolken Richtung Eisenerzer Alpen.

Tagsüber herrschte noch eine lebhafte Nordwestströmung mit stärkeren Quellwolken, aber ohne Niederschläge.

Bild 20: Glockenblumen.

Bild 21: So klar.

Bild 22: Unterwasserbewuchs.

Nach dem Spaziergang versuchte ich mit Zirbenschnaps (immerhin selbstgemacht) die aufkommenden Magendarmbeschwerden zu bekämpfen, was aber scheiterte. Note to myself: Nächstes Mal wieder Medikamente für den Magen mitnehmen.

Bild 23: Admonter Reichenstein im Abendlicht.

Ganz rechts schaut die Felswand des Hochkogels (Gamsstein, 1774m) in den Ybbstaler Alpen heraus.

Bild 24: Scheiblalm und Gesäuse.

Bild 25: Hochzinödl (2191m) links und Gsuchmauer (2116m) rechts, dazwischen ein Berg mit dem originellen Namen Sulzkarhund (1822m).

Bild 26: Kalbling und Sparafeld links, Reichenstein und Totenköpfl rechts.

Bild 27: Großer Ödstein und Hochtor mit letzten größeren Quellwolken.

Bild 28: Hochzinödl in ganzer Länge.

Bild 29: Idylle wie in alten Zeiten, wenn man sich den Parkplatz hinter den Bäumen wegdenkt.

Bild 30: Lugauer (2217m) mit Haselkogel (1870m) davor.

Man schaut direkt auf die Lugauerplan, über die der markierte Südwestanstieg auf den Lugauer-Südgipfel führt.

Bild 31: In der Höhe künden Cirrus fibratus die herannahende Warmfront aus Westen an.

Bild 32: Großer Ödstein (2335m).

Bild 33: Zwischen Sparafeld und Reichenstein lugt die Admonter Frauenmauer (2172m) im Buchsteinstock.

Bild 34: Alpenglühen

Die Nacht verlief nochmals recht frisch, was mir ganz recht war, weil ich saumäßig schwitzte und erst zum Morgen hin die Übelkeit langsam nachließ.

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