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03.10.2020 Von Hütteldorf nach Rodaun über Lainzer Tiergarten und Föhrenberge

Eckdaten:

  • Wegführung: Hütteldorf (U4, 10.50) - Hacking - St. Veiter Tor - Wiener Blick (12.10) - Kaltbründlberg (508m) - Gütenbachtor (13.15) - Vorderer Kaufberg (422m, 13.40) - Eichwiese (14.00) - Breitenfurt (14.30) - Wiener Hütte (14.50-15.30) - Kaltenleutgeben - Hinterer Föhrenberg (582m, Josefswarte, 16.35-17.45) - Rodaun (Linie 60, 18.30).
  • Länge: 23,0 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 900 hm
  • Reine Gehzeit: ca. 5,5 Std.
  • Fußstatus: beschwerdefrei

Kleiner Waldspaziergang an einem denkwürdigen Föhntag. Die zu erwartenden Windspitzen in Orkanstärke ließen keine Touren im Hochgebirge zu. Zudem erholte ich mich von einer schon länger andauernden Gastritis und war entsprechend außer Form. Eine Wetteranalyse folgt am Ende des Berichts. Ich startete bequem in Hütteldorf. Bis auf wenige Wegabschnitte war der Großteil der Strecke Neuland für mich.

Bild 1: Sattes Rot in Hacking.

Bild 2: Nikolaikapelle.

Die 800 Jahre alte Nikolaikapelle hat innen romanische Würfelkapitelle, auffallend ist die vorgelagerte Halbkreisapsis. Die Kapelle war das Zentrum der ehemaligen Ortschaft Oberhacking, die im Ersten Türkenkrieg 1579 zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde.

Bild 3: Markwardstiege mit 419 Stufen.

Die Stiege wurde nach Markward von Hacking benannt, der im 12. Jahrhundert die Burg von Hacking besaß. Sie überwindet knapp 55 Höhenmeter. Gegenüber Bahnhof Hütteldorf und Satzberg.

Bild 4: Prächtige Aussicht auf Wien von der Wiese oberhalb vom Carolaweg.

Links die Kirche am Steinhof, die Hochhäuser von Kaisermühlen sehen weit weg aus.Tatsächlich sind es 13km.

Bild 5: Stadt der Türme.

Links der 101m hohe Kamin der Müllverbrennungsanlage Flötzersteig, dann der Hundertwasserturm der Müllverbrennungsanlage Spittelau, Milleniumstower, das ehemalige Zeiss-Werk, errichtet 1916, mit Observatoriumskuppel. 1947 wurde hier das erste Tonbandgerät von Philips produziert und 1964 das erste Videogerät, seit 1987 wird das Gelände militärisch genutzt. Dainter AKH und Donauturm, rechts UNO-City mit DC Tower 1 und Hochhaus Neue Donau.

Der Abschnitt bis zum Adolfstor ist recht schön zu gehen, nur hat mich die Karte gefoppt, da ich davon ausging, dass ich übers Tor in den Lainzer Tiergarten kam. Später erfuhr ich erst, dass das Tor schon seit zehn Jahren geschlossen ist, weil es so selten benutzt wird. Das bescherte mir einen größeren Umweg, denn zur Baderwiese mit dem 'Wiener Blick' wollte ich unbedingt schauen. Also ging es weiter an der Begrenzungsmauer entlang, aber gar nicht fad, immer mit schönen Sichtachsen zur Stadt hin. Ich kam beim Heurigen "Zur Wildsau" vorbei und querte oberhalb vom "Lindwurm" bis zum St. Veiter Tor. Den Abstecher zum Wiener Blick gönnte ich mir trotzdem.

Bild 6: Uralter Baum.

Bild 7: Der berühmte Wiener Blick, hier ließ es sich aushalten.

Bild 8: Beim windigen Rohrhaus Blick zur Rudolfswarte auf der Rudolfshöhe (475m).

Der Wind wehte kräftig aus Süd bzw. Südost, es war sehr mild.

Bild 9: Beim Aufstieg zum Kaltbründlberg (508m) Blick zwischen den Buchen nach Norden.

Kahlenberg mit Sender und Stephaniewarte, Kahlenberg und Leopoldsberg.

Die Hubertuswarte hatte naturgemäß ob der fortgeschrittenen Jahreszeit schon geschlossen, aber viel Aussicht hätte man eh nicht gehabt. Mein nächstes Ziel war das Gütenbachtor, aber wegen dem Kleinen Eichberg (336m) hätte ich so oder so einen größeren Umweg gehen müssen.

Bild 10: Daher nahm ich diese schöne Waldschneise mit mehreren Hochständen.

Bild 11: Ich kam beim Tiefergrabenweg ins Tal und musste nur geradeaus hinausgehen.

Bild 12: Vorbei an der Laaber Kaiserzipfwiese.

Bild 13: Hinter dem Gütenbachtor war die Sonne dann auf einmal weg.

Eine kompakte Leewolke blieb längere Zeit ortsfest und verhinderte jegliche Sonneneinstrahlung. Leider wechselte ich zu spät auf die Open Street Map und hatte in diesem Gebiet längere Zeit keinen Netzempfang mehr. Ich wusste aber, dass mehrere Steige auf den Vorderen Kaufberg führten und folgte der ausgetretenen Wiesenspur.

Im unteren Bereich kam mir eine ältere Frau entgegen, die mich erstaunt grüßte und meinte "Na, trifft man auf diesem Weg auch noch jemand!"

Bild 14: Aquädukt über den Reisingergraben im Dorotheerwald.

Die 2. Wiener Hochquellenleitung.

Bild 15: Aquädukt, das im dichten Wald verschwindet.

Bild 16: Baumschwammerl an einer umgefallenen Eiche.

Dann war noch einmal kurz Wegsuche angesagt. Netzempfang hatte ich immer noch keinen, aber ein gutes fotografisches Gedächtnis und so mutmaßte ich, dass der Steig wohl den ausgeprägteren Ostrücken nehmen würde und so war es dann auch, so fand ich den Steig zum unerwarteten steinigen Gipfelkamm. Ebenso den Vermessungspunkt. Den lichten Blickplatz scheine ich allerdings verfehlt zu haben, aber es wird nicht mein letzter Besuch gewesen sein, die Wiesen und Wälder gefielen mir außerordentlich gut. Ich stieg über den Tschogel ab, denn ich wollte zur ...

Bild 17: ...Eichwiese gehen.

Am Himmel Altostratus opacus mammatus, eine wirklich markante Gebirgswelle (mountain wave), die auch den Flugverkehr durcheinander wirbelte. Solche Wellen gehen mit heftigen Vertikalbewegungen einher, ebenso starker Vereisungsgefahr.

Bild 18: Im Süden befanden sich größere Quellwolken.

Bild 19: Großer Flößlberg (583m), dahinter Gaisberg (602m).

Eine lange Bank mit mäßig hoher Quellbewölkung, darüber die scharfe Wolkenkante der Gebirgswelle.

Bild 20: Abstieg nach Breitenfurt mit surreal wirkendem Himmelsbild.

Darauf hatte ich spekuliert, auf spektakuläre Wolkenstimmungen bei diesem Föhnorkan in den Bergen, daher wollte ich unbedingt unterwegs sein.

Bild 21: Das ist wieder typisch österreichische Denkmalpflege, der Bildstock vor der Kläranlage.

In der AMAP ist ein punktierter Direktweg zur Wiener Hütte eingezeichnet, der aber völlig verwachsen war. Also doch außen herum am markierten Weg.

Bild 22: Baumstumpfkunst am Wegesrand.

Auf der Wiener Hütte traf ich exakt vier Stunden später ein und setzte mich im sturmverwehten Gastgarten zu Nik+Sohn und Michel, mit denen ich mich verabredet hatte. Ich gönnte mir ein alkoholfreies Bier und eine Frittatensuppe. Bis dahin hatte ich außer einer Banane und einem Müsliriegel noch nichts gegessen.

Bild 23: Mit meinem ausgefahrenem Telezoom sah ich vier Personen auf der Josefswarte, unserem eigentlichen Ziel.

Trotz Sturm ließ es sich dort oben also gut aushalten.

Bild 24: Bei der Wiese unterhalb der Wiener Hütte muss sich einmal ein Schlepplift befunden haben.

Bild 25: Alte Gemäuer im Wienergraben, dahinter befindet sich ein Steinbruch.

Außerdem verzeichnet die OSM hier eine Ausgrabungsstätte sowie zwei Höhlen, die Merkurhöhle und die Kaltenleutgebener Höhle.

Wir steigen am Steinbruchsee auf. Nik zeigt mir einen schönen Aussichtsplatz. Unweit davon oberhalb vom Teufelstein entdeckte Michel einen Satanspilz. Nomen est omen.

Bild 26: Steinbruchsee mit ersten Laubverfärbungen.

Am Horizont die scharfe Wolkenkante der Leewolke und viel Dunst auch in den Niederungen. Ursache für die schlechte Sicht war einerseits die scharfe Temperaturinversion in niedrigen Höhen und andererseits die Zufuhr von Saharastaub.

Bild 27: Zoom auf Kahlenberg und Leopoldsberg links und AKH rechts.

Über das immer rinnende Buch-Bründl stiegen wir direkt zur Josefswarte auf.

Bild 28: Wenn mein Magen wieder normal funktioniert, muss ich mir dese Gemischte Jausenplatte auch unbedingt gönnen!

Bild 29: Das dachte sich auch dieser Hund.

Bild 30: Im Südwesten keine ungetrübte Fernsicht.

Rechts ist der Schöpfl gut zu sehen, am Horizont schwach die Gutensteiner Alpen. Sonst reichlich flache Quellwolken und viel mittelhohe Wolken.

Bild 31: Wiener Becken.

Bild 32: Landschaftsgemälde.

Bild 33: Strahlend schön.

Auf der Hütte gönnte ich mir das zweite alkoholfreie Bier und eine leckere Kaspressknödelsuppe, mit eim riesigen Stück Kaspressknödel, aber alles gut vertragen. Die Kammersteinerhütte kann man wirklich empfehlen. Ich trug innen Maske und die Kellnerin auch. Alles gut.

Bild 34: Letzte Sonnenstrahlen.

Bild 35: Teufelsaugen

Um 17.45 verabschiedeten wir uns bei der Josefswarte. Nik stieg mit Sohn Richtung Kaltenleutgeben ab, Michel und ich gingen weiter über die Perchtoldsdorfer Heide nach Rodaun. Erstmals aufgefallen ist mir oben zwischen Josefswarte und Parapluieberg der ausgeprägte Schwefelgeruch. Schwefel-Thermalquellen? Ich hab nichts darüber gefunden. Um kurz vor halb sieben erreichten wir Rodaun mit der einsetzenden Dämmerung. Gegen sieben fing es in Wien bereits an zu regnen, deutlich früher als von mir erwartet.

Später zogen noch kräftige Gewitter über den Alpenostrand bis zum Weinviertel.

Bild 36: Wasserdampfbild von Samstag, 03.10.20, 21.30 MESZ

Das Zentrum des kräftigen Bodentiefs befand sich über Zentralfrankreich, die Kaltfront lag strömungsparallel über den Ostalpen. Vorlaufend entstand ein länglicher Gewittercluster (MCS) mit Wolkenobergrenzentemperaturen von -70°C, das ist für die Jahreszeit außergewöhnlich kalt und hochreichend. Sehr heiß war es dagegen in Tunesien, in Medinine wurde mit 44,3°C ein neuer Oktoberrekord aufgestellt, der alte um 2,7K regelrecht pulverisiert.

Bild 37: Zum Zeitpunkt des Regenbeginns um 19.00: RGB-Luftmassen-Satellitenbild.

Es zeigt den Gewittercluster von Istrien bis Niederösterreich reichend, vorlaufend wird sehr warme Luft nach Südosteuropa geführt. Hochreichende Gebirgswellen führen zu kompakten, hellen, länglichen Wolkenbändern am italienischen Stiefel und über Bosnien.

Bild 38: Kachelmannwetterradar von 20.00 MESZ: Lehrbuchhaft.

Die Vorderkante des Gewitterclusters hat die stärksten Gewitterzellen (rötlich), hier bildeten sich sogar einzelne Superzellengewitter (rotierende Gewitterzellen). Die Gewitterlinie war außerordentlich blitzreich und brachte mit über 350 Blitze im Burgenland mehr Blitze hervor als im gesamten Juni. Auch Wien kommen Gewitter im Oktober relativ selten vor. Bemerkenswert auch die Dauer der Gewitter, gewöhnlich im Herbst nur in Zusammenhang mit Kaltfronten oder Höhenkaltluft, dann eine Sachen von wenigen Minuten und nicht über zwei Stunden.

Lehrbuchhaft aber auch der stratiforme Teil hinter der Gewitterlinie mit mäßigem Regen. Hier traten immer wieder einzelne kräftige Wolken-Erde-Blitz auf, positiv geladene Blitze. Typisch auch, dass im stratiformen Bereich die Blitzrate niedriger ist, dafür mächtiger. Die Kaltfront selbst war schwach ausgeprägt mit geringen horizontalen Temperaturgegensätzen. Der Grund war die strömungsparalle Lage, daher verlagerte sich die Gewitterlinie nur langsam nordostwärts.

Zwei exemplarische Radiosondenaufstiege. Weil es keine repräsentativen Echtzeit-Soundings gibt, habe ich Vorhersageaufstiege von EMZWF genommen, vom 12z-Lauf vom Samstag, gültig jeweils 20 Uhr MESZ. Quelle in beiden Fällen kachelmannwetter.com.

Bild 39: Vorhersageaufstieg für Wien:

Die rote Fläche deutet den MUCAPE an (most unstable CAPE, 355 J/kg), das instabilste Luftpaket ab einer Höhe von ca. 750 hPa. Dann schoss der Aufwind bis zur Tropopause in 200 hPa. Hochreichend labil also mit genügend Power (Hebungsantrieb). Die Strömung war extrem stark geschert mit Südostwind am Boden und Südwestwind in der Höhe. Obwohl die Schichtung auf den ersten Blick stabil ausschaut, konnte potentiell viel Labilität freigesetzt werden.

Bild 40: Vorhersageaufstieg für Feldbach:

Ähnlich wie für Wien, nur deutlich mehr Labilität. Hier geht der MUCAPE-Wert bis 668 J/kg, fast doppelt so viel wie für Wien. Auffallend auch hier die starke Windscherung in den untersten Höhen. Der Hodograph zeigte klassische Spirale nach rechts. Superzellen durchaus möglich.

Die folgenden drei Karten gehen noch auf die extremen Niederschlagsmengen in den Seealpen und im Piemont ein, wo es verheerende Überflutungen und mehrere Tote gab. Über 100 Häuser wurden zerstört und zahlreiche Brücken und Straßen wurden weggerissen.

Bild 41: 24-Std.-Niederschlagsmengen von Freitag, 02.10. bis Samstag, 03.10., 08.00 MESZ

Bemerkenswert die extremen Mengen nördlich von Monaco mit 594 l/qm in 24 Std., sowie über über große Gebiete Mengen über 400 l/qm im Piemont.

Bild 42: RGB-Luftmassenbild vom Freitag, 02. Oktober, 16.00 Uhr MESZ

Der Schwerpunkt der Niederschläge in den Seealpen war am Freitagnachmittag. Hier regnete es mehrere Stunden lang über 50 l/qm pro Stunde, die Gesamtmengen kamen in 12 Stunden zustande. Der Grund war massiver Südweststau an der Vorderseite des Sturmtiefs über der Bretagne. Dort gab es übrigens eine Böe über 180 km/h, vermutlich durch einen Sting Jet. Bemerkenswert die breite hohe Bewölkung des warmen Förderbands (warm conveyor belt), das von Marokko bis Italien reicht. Über Stunden hinweg wurden subtropisch warme und feuchte Luftmassen gegen die Westalpen gestaut und ausgepresst.

Bild 43: Das zweite Niederschlagsmaximum im Piemont begann um Mitternacht - hier die Karte von 01 Uhr MESZ:

Auch hier regnete es mehrere Stunden stark und konvektiv durchsetzt. Die Strömung kam genau aus Süden. Von den Balearen über den Löwengolf bis Zentralfrankreich reichte die Kaltfront, sie zeigt ein wabenförmiges Muster, das durch Schwerewellen entsteht. Die Bewölkung der Kaltfront ist deutlich niedriger (dunkler) als die über dem Piemont. Die Kaltfront wurde von trockener Luft in der oberen Troposphäre überströmt. Der Piemont befindet sich genau an der Kante und Gradienten sind häufig Orte mit intensivem Hebungsantrieb.

Bemerkenswert außerdem die Gebirgswellen-Wolken im Lee des Apennin, der Dinariden und der Ostalpen mit scharfen Wolkenkanten.

Die Bilanz des Föhns konnte sich auch in Österreich sehen lassen. Am Patscherkofel 175 km/h, nur 5km/h am Oktoberrekord vorbei. Die Loferer Alm erreichte 151 km/h, der alte Oktoberrekord um 25 km/h überboten. In Amstetten neuer Oktoberrekord mit 27,0°C, ebenso in Unterach/Attersee (26,9°C), Wieselburg (26,7°C) und Enns mit 26,5°C. Schneeberg und Eismauer erreichten 190 km/h, Hochkar und Ötscher 160 km/h.

Bereits in der Vornacht ist Micheldorf (OÖ) mit 19,9°C haarscharf an einer Tropennacht vorbei geschrammt und hat einen neuen Rekord für ganz Österreich aufgestellt: das höchste je aufgezeichnete Oktoberminimum. Noch Ende September gab es Kälterekorde durch den frühen Wintereinbruch bis in tiefe Lagen!

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