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18.09.2019 Hochtraten (1646m) und Plentelitz-West- (1674m) und Ostgipfel (1667m), Gailtaler Alpen

Eckdaten:

  • Wegführung: Techendorf (8.45) - Hochtraten (10.40) - Plentelitz-West - Plentelitz-Ost - Alm hinterm Brunn (13.15) - Techendorf (16.45)
  • Länge: 13,0 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 800 hm
  • Gehzeit Gesamt (inkl. Fotografierpausen): ca. 5.5 Std.
  • Viecher: 1 Jungspecht

Am dritten Tag war noch stärkere Bewölkung vorhergesagt und entsprechend keine fernsichttaugliche Wanderung angebracht. Es sollte wieder trocken bleiben, aber im Tagesverlauf von Nordosten kältere Luft einströmen.

Bild 1: Nebelschwaden in der Früh, die rasch auflockerten.

Ich ging direkt vom Quartier weg, zuerst ein Stück am Forstweg, dann auf einem breiten Steig herrlich einsam hinauf. Mitten am Weg setzte sich plötzlich ein junger Specht direkt vor mir auf einen Baum. Weil meine Brille so stark beschlug, konnte ich ihn auf der Kamera leider nicht scharfstellen.

Bild 2: Blick auf den Kreuzbergsattel (1074m), der ins Gitschtal führt.

Rechts die Grafenwegerhöhe (1441m) und vorgelagert der Tschrischen (1241m).

Bild 3: Links vom Sattel Hühnernock (1508m)

Die Quellwolken stießen recht früh an die Absinkinversion des kräftigen Frankreichhochs und breiteten sich seitlich an ihr aus. Obergrenze rund 3000m (10000ft amsl).

Bild 4: Im oberen Teil legt sich das Gelände zurück, reichlich Totholz am Sattel.

Am Sattel selbst stand eine Tafel "Hochtraten (1646m)", doch das konnte nicht stimmen, denn der Gipfel war eindeutig höher und weiter links.

Ich überwand den Überstieg und prüfte kurz, ob sich größere Kuhherden in der Nähe befanden. Dann konnte ich entspannt zum höchsten Punkt spazieren und machte eine relativ stille Gipfelpause. Nur die Grillen zirpten so laut, dass es wie das Zischen von Kreuzottern klang.

Bild 5: Blick ins Oberdrautal, rechts Lind im Drautal, zu Kleblach-Lind gehörend.

Hinter dem Ort beginnt der steile Siflitzgraben, der an der Westflanke vom Goldeck (2142m) endet.

Bild 6: Oberdrautal und Nockberge

Im Vordergrund Weißwände (1643m), im Hintergrund Schwarzwand (2214m, da stand ich am 12. Juli 2014) und einige weitere Erhebungen (Kameritzhöhe, Zechnerhöhe) im Kamm östlich vom Katschberg. Rechts von Quellwolken umhüllt Tschiernock (2088m) nördlich vom Millstätter See, dahinter Hohe Pressing (2370m).

Bild 7: Blick vom Hochtraten auf den (die) Plentelitz gegenüber, dahinter setzt der lange Kamm bis zum Latschur fort.

Eigentlich wollte ich zur Gatschacher Alm absteigen, aber das war mir zu steil, außerdem war es zu verlockend, die Plentelitz-Gipfel mitzunehmen.

Bild 8: Gegenüber Stagor (2289m); links Stawipfel (2514m) und Schroneck (2549m) in Wolken (alle Kreuzeckgruppe).

Bild 9: Das Obere Drautal (zwischen Lienz und Möllbrücke)

Im Lurnfeld (vallis Lurna, urkundlich 891 als Liburnia erwähnt) mündet die Möll in die Drau. In Möllbrücke befindet sich ein römischer Meilenstein aus dem Jahr 218 n. Chr. Sehenswert auch die Filialkirche Hohenburg auf der gegenüberliegenden Hangseite (Reißeckgruppe) in 974m Höhe aus der romanischen Zeit, der Altarraum und das Südportal stammen noch aus der karolingischen Zeit.

Bild 10: Gefranster Enzian (Gentianopsis ciliata) beim Aufstieg zum Plentelitz-Westgipfel.

Bild 11: Blick zurück zum Hochtraten.

Im Hintergrund links Lienzer Dolomiten, mittig Deferegger Alpen und rechts Kreuzeckgruppe.

Ich folgte Wegspuren vom Sattel weg, die das Weiterkommen im Totholz und hohem Gras deutlich erleichterten. Der Gipfel war dicht bewaldet und bietete keine Aussicht. Hinterher ärgerte ich mich, zu spät gelesen zu haben, dass hier ein beliebter Bärenpfad besteht, sonst hätte ich auf Kratzspuren und Haarreste an den Bäumen geachtet. Vom Westgipfel stieg ich nach Norden ab, bis ich an die Gemeindegrenze und einen Stacheldrahtzaun stieß, dem ich nach Osten folgte.

Bild 12: Pilzmassaker.

Weiter unten sah ich schließlich wieder einen Forstweg, der nahe am Ostgipfel vorbeiführen sollte.

Bild 13: Blick auf die Gajacher Alm links und Steinfeld im Drautal.

Bild 14: Enzianhummel.

Kurzer Abstecher auf den Ostgipfel, ebenfalls bewaldet, keine nennenswerte Aussicht, egal, ich war mal oben. Dann folgte ein relativ langer Hatscher auf dem Forstweg bis zur Alm hinterm Brunn. Ich ging gerade um eine scharfe Kehre, als ich oben einen Mountainbiker nahen sah. Plötzlich hörte ich es hinter mir scheppern. Der Mann war beim Bremsen weggerutscht, das schwere E-Bike lag auf ihm. Er hatte weder Knie- noch Armschützer, an einen Helm kann ich mich auch nicht erinnern. Passiert ist zum Glück nichts, er konnte weiterfahren.

Bild 15: Interessante Schichtenbildung.

Bild 16: Felgenbichl (1797m) und Tannkofel (1898m) mit großflächigen Sturmschäden und einer neuen hässlichen Forststraße.

Bild 17: Auerkopf (1636m), eine formschöne Pyramide.

Unten die Alm hinterm Brunn (1275m), links verläuft der einsame Grundgraben. Großflächige Sturmschäden auch hier.

Bild 18: Wahrscheinlich Riesen-Goldrute (Solidago gigantea), ein Neophyt.

Bild 19: Raubtierfütterung

Bild 20: Ursprünglich von Wölfen aufgezogen.

Bild 21: Blumenschmuck auf der Alm.

Kaspressknödelsuppe schmeckte vorzüglich.

Bild 22: Aus Neugier probierte ich den Blutwurz auch noch.

Bild 23: Dann überschlugen sich die Ereignisse ...

Plötzlich begann ein Hund hinter dem Haus zu heulen und zu jaulen, immer lauter und herzzerreißender. Die Kühe blieben alle stehen und starrten in seine Richtung. Dann lief ein unangeleinter, offenbar junger Schäferhund frei durch den Gastgarten, das ältere (deutsche) Frauchen machte keine Anstalten, den Hund anzuleinen. Der Hund fraß das restliche Katzenfutter aus der Schüssel, während die Frau Fotos von den starrenden Kühen machte. Dann kam der Hüttenwirt mit einem Sauerkrautgesicht und fragte barsch, wem der Hund gehöre. Er schaute mich an, aber ehe ich nein sagen konnte, bejahte die deutsche Urlauberin. Er herrschte sie an, was ihr einfalle, hier seien Kühe und außerdem gebe es Katzen. Es herrsche Leinenpflicht. Sie drehte sich um, ohne sich zu entschuldigen, legte dem Hund kurz die Leine an, bis sie den Garten verlassen hatten, danach sah ich den Hund wieder frei herumlaufen. Manche Landsleute verhalten sich klischeehaft zum Fremdschämen. Und dann wundert man sich, wenn etwas passiert.

Bild 24: Letzter Blick nach Norden vor dem Aufbruch.

Die Quellwolken bleiben weiterhin harmlos niedrig, werden allerdings zunehmend kompakter mit scharfer Untergrenze. Es ist kurz vor drei Uhr.

Statt den Forstweg auszugehen nehm ich den steileren Abstieg, wiederum aber auf teils angenehmen Waldboden. Auf der Seeseite empfängt mich ein lebhafter Ostwind.

Bild 25: Hier bei Neusach weht der Ostwind sogar stark mit Schaumkronen auf der Wasseroberfläche.

Bild 26: Der Golz (2004m, 6500ft amsl) wurde zunehmend eingenebelt.

Die Stratusfetzen bewegten sich sichtbar rasch die Hänge hinab, das deutete auf das Einströmen von Kaltluft hin.

Bild 27: Letzter Blick auf den See und die zunehmend stratiforme Bewölkung.

In Höhe Kamengraben verließ ich den nördlichen Waldweg und stieg zur Straße ab. Am Abend regnete es sogar kurzzeitig etwas stärker, auch in der Nacht fiel vorübergehend leichter Regen. Der Druck stieg weiter an, die Feuchte blieb gleich bei fallender Temperatur. Der Ostwind tagsüber war weder föhnbedingt noch thermisch induziert.

Nachfolgend ein paar meteorologische Daten, die zeigen, was am Nachmittag geschah.

Bild 28: Windprofil von Gatschach am Weißensee, Dellach im Drautal sowie die Temperatur von Gatschach.

Am Anreisetag und Dienstag dominierte noch das Talwindsystem am Weißensee, mit schwachem Westwind in der Nacht und mäßigem Süd- bis Südostwind am Tag. Am Mittwoch, 18.09., verstärkte sich der Wind ab 12 Uhr markant und drehte auf Südost, im Oberen Drautal auf Ost. Die tageszeitliche Erwärmung wurde dadurch gestoppt, die Temperatur stieg kaum noch. Um 18 Uhr riss der Südostwind ab und drehte auf Nordwest zurück, blieb aber signifikant stärker als in den Vornächten, im Drautal geschah es deutlich später, gegen 21 Uhr, hier dominierte aber weiterhin Ostwind, ebenfalls mit etwas höheren Geschwindigkeiten als in den Vornächten.

Was hat den starken Ostwind verursacht? Die Großwetterlage war eine kräftige Nordwestströmung mit bodennah herumgeführter Kaltluft. Diese strömte im Tagesverlauf am Alpenostrand nach Südwesten und schließlich nach Westen. Über den italienischen Alpen hielt sich noch die schwülwarme Luft und eine schwache Italientiefentwicklung sorgte für zunehmende Labilität und Gewitter.

Bild 29: Satellitenbilder um 12, 15.30 und 18 Uhr, Taupunkte um 12, 15 und 18 Uhr.

Die Satellitenbildserie zeigt, dass schon am Vormittag großflächig kompakter Stratocumulus über Slowenien und Unterkärnten bis in die südwestliche Steiermark vorhanden war. Dieser behinderte die Tageserwärmung. Über Osttirol und westlich von Villach hingegen noch wolkenlos oder gering bewölkt. Entsprechend stärkere Erwärmung. Um 15.30, etwa dem Höhepunkt des starken Ostwinds am Weißensee, bildeten sich langsam stärkere Quellwolken entlang der Karnischen Alpen und über den Nockbergen, sonst änderte sich wenig an der Wolkenverteilung. Die entsprechenden Luftdruckkarten zeigen am Nachmittag bis zu 7 hPa Druckgefälle zwischen Klagenfurt und Lienz, das ist relativ viel. Von Osten kam nicht nur kältere Luft (Luftmassenwechsel), die dichte Wolkendecke verhinderte auch den tageszeitlich bedingten Druckfall durch lokale Erwärmung. Das verstärkte den Druckgradienten zusätzlich. Nachdem der See sich nach Westen zu deutlich weitet, kann hier auch der Bernoulli-Effekt bzw. Venturi-Effekt für lokale Verstärkung gesorgt haben.

Um 18.00 hat sich stärkere Quellbewölkung bis ins Lienzer Becken ausgebreitet, der Druck stieg deutlich an und schwächte das Druckgefälle vom Klagenfurter Becken her ab. Daher riss zuerst der Wind am Weißensee ab und zuletzt auch im Drautal weiter westlich. Im weiß eingekreisten Bereich oben rechts fällt auf, dass die länglichen konvektiven Wolkenspuren den gleichen Abstand zueinander haben. Das deutet auf Schwerewellenbildung hin. Dazu passt auch, dass das nördliche Süd- und Osttirol immer noch weitgehend wolkenlos waren. Die durch die Alpenüberströmung induzierten Schwerewellen haben die Konvektion offenbar begünstigt bzw. Hebung ausgelöst. Oder sie haben lediglich die Anordnung verursacht, während die Hebung vom eigentlichen Kaltfrontdurchgang kam.

Die untere Reihe zeigt nämlich die Taupuntsentwicklung. Um 12 Uhr hat Kärnten österreichweit die höchsten Taupunkte (vom Rheintal abgesehen), bis zu 10 Grad C höher als im Waldviertel. In der Poebene sogar noch verbreitet über 20 Grad C. Daher dort auch die kräftigste Konvektion mit Gewittern.

Um 15 Uhr hat sich in Kärnten wenig geändert, während die Taupunkte in Niederösterreich deutlich abgesunken sind. Um 18 Uhr sinken auch die Taupunkte in Osttirol und Kärnten sukzessive ab. Die Zone mit den höchsten Taupunkten stimmt mit der Position der Quellwolkenstraßen im Satellitenbild überein. Hier war es also feucht genug.

Bild 30: Zum Abschluss noch ein repräsentatives Vertikalprofil von Temperatur (rechts) und Taupunkt (links) für die einströmende Kaltluft.

Hier Zagreb von 14 Uhr MESZ. Man erkennt schön die Kaltluftmächtigkeit anhand des hochreichenden Ostwinds (blau markiert) und des nach rechts verschobenen Graphen von Temperatur und Taupunkt, die einen regelrechten Bauch bilden. Darüber ist immer noch wärmere und vor allem deutlich feuchtere Luft. Dort, wo sich beide Kurven berühren, herrscht 100% Luftfeuchtigkeit. Der Stratocumulus reichte bis etwa 3500m (650hPa) hinauf. Darüber ist die Luft durch die Absinkinversion wieder deutlich trockener, deswegen bleibt nur tiefe Bewölkung im Satellitenbild übrig.

Bleibt zum Schluss noch die Frage, woher der relativ stärkere Westwind in der Nacht in Gatschach herrührte. Theorie: Nachdem die Druckverhältnisse ausgeglichen waren, wurde das Obere Drautal mit Kaltluft angefüllt. Die Abkühlung am Weißensee verringerte sich wegen der niedrigen Bewölkung, sodass sich ein Druckgefälle vom Drautal zum Weißensee aufbaute. Aber ganz hasenrein ist das Erklärungsmodell nicht.

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