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05.01.2019 Wolfsberg (804m), Kreuzstein (833m), Hochgosch (878m) und Zmölnigkofel (816m), ab Spittal/Drau, Nockberge

Eckdaten:

  • Wegführung: Spittal/Drau Hbf (10.20) - St. Wolfgang (745m, 11.00) - Wolfsberg (804m, 11.28) - Kreuzstein (833m, 12.15) - Kreuzstein (Grenzstein, 12.30)- Hochgosch (878m, 12.50) - Zmölnigkofel (816m, 13.20) - Egelsee (13.45) - Seesüdseite (642m, 14.25) - Grenzstein (15.00) - Edling - Spittal Hbf. (16.24)
  • Länge: 24,0 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 800 hm
  • Gehzeit Gesamt (inkl. Fotografierpausen): ca. 5,5 Std.
  • Viecher: 1 Schwarzspecht

Extremwetterlage. Massive Neuschneemengen entlang der Alpennordseite. Straßensperren, Gefahr größerer Lawinenabgänge. Schon der Nordstau zur Wochenmitte hatte die Lawinengefahr auf 3-4 ansteigen lassen. Am Freitag rückte eine markante Warmfront nach, der Okklusionspunkt lag am Samstagmittag ungefähr über dem Salzburger Land. Dahinter strömte wieder Höhenkaltluft heran (in 1500-3000m ungefähr gleichbleibende Werte, in 5,5km Höhe 3-4 Grad kälter). Damit griff der Nordstau im Tagesverlauf auf die Alpensüdseite über. Dazu noch mehr im Laufe des Berichts.

Ich wusste, dass man bei diesen Bedingungen mit Schneeschuhen nirgendwo was verloren hatte und flüchtete daher in den Süden. Viel Spielraum bestand bei der noch kurzen Tageslänge nicht, also suchte ich eine Route in der Nähe zu einem größeren Bahnhof. In dem Fall Spittal an der Drau. Dort hielt sich in der Früh noch Frostluft, dafür schien bereits die Sonne. Schon die Fahrt mit dem RJ verlief kaum ohne offen stehende Münder angesichts der tief verschneiten Landschaft, insbesondere im hinteren Gasteiner Tal. Dann gings durch den Tunnel und bei Mallnitz war der Schnee weitgehend durch den stürmischen Nordföhn verblasen bzw. zu mächtigen Wechten aufgetürmt.

Dahinter befand sich Neuland für mich, die Tauernstrecke ist zu beiden Seiten spektakulär, einerseits der Blick ins Mölltal, andererseits in die Schluchten bergseitig, zur Ruine Oberfalkenstein und zur alten Trasse der Tauernbahn mit aufgelassenen Tunneln und Pfeilern der Viadukte, wie beim Zwenbergtunnel. Dann erreichten wir den Talboden, wo sich über Spittal eine markante Dunstschicht hielt, unter der sich die seichte Frostluft verberg. Darüber wehte laut Messstation in Millstatt bereits Nordföhn mit Plusgraden. Ich brauchte knapp fünfzehn Minuten bis zum Beginn des Fußwegs nach St. Sigmund.

Bild 1: Sonnenschein beim Anstieg über den anfangs schmalen Fußweg.

Bild 2: Blick auf Spittal/Drau und die seichte Dunstschicht.

Bild 3: Temperaturverlauf und Windmittel/spitzen an den Stationen Spittal/Drau (544m) und Millstatt (716m) - Quelle: zamg.ac.at (wetter aktuell)

Bei beiden Stationen fand das Nordföhnmaximum kurz nach 13 Uhr Lokalzeit statt, bei Millstatt brach der Föhn schon in der Früh durch, in Spittal erst kurz nach 13 Uhr. Insgesamt stieg die Temperatur in Spittal um 15 Grad innerhalb 5 Stunden. Während der Föhn in Spittal später wieder abhob und der Wind auf Südost zurückdrehte, wehte der Nordföhn in Mittstatt bis zur zweiten Nachthälfte durch. An beiden Stationen auffällig ist der Temperaturrückgang trotz Föhn am Nachmittag, was mit den übergreifenden Niederschlägen und starker Verdunstungskälte erklärbar ist.

Bild 4: Reißeckgruppe mit Hocheck (2432m), Gurglitzen (2352m), Hohe Leier (2774m) und Gmeineck (2592m)

Aus dieser Perspektive ist es schwer vorstellbar, dass jenseits des Alpenhauptkamms ein Schneesturm wütet. Lediglich ein paar dünne Cirrostratusfelder zeugen von der Wetterscheide.

Bild 5: Zoom auf ein Stück Erinnerung.

Bei der Anreise zum Moderatorentreffen 2014 von gipfeltreffen.at wanderten wir auf die Böse Nase (2227m), dem kecken Vorgipfel unterhalb des Gurglitzen. Im Hintergrund Sonnblick (2515m), Kleine Leier (2630m) und Hohe Leier (2774m). Der andauernde Nordföhn hat den Gipfelgrat weitgehend abgeblasen. Schnee wurde bis ins Tal verfrachtet, während der Rücken zum Mölltal hin bis zur Waldgrenze schneefrei ist.

Bild 6: Skigebiet Goldeck (2142m) mit dürftiger Schneelage.

Die Kaltlufthaut ist immer noch erkennbar, verschwindet aber zusehends. Sollte ich nochmal in den Süden flüchten müssen, wäre das Goldeck oder zumindest die vorgelagerte Goldeckhütte (1929m) eine Alternative zu meterhohem Schnee.

Bild 7: Erstes Highlight meiner Wanderung ist die Wolfgangskirche.

Die Kirche wurde ab 1177 erstmals urkundlich erwähnt, der Chor stammt aus dem Jahr 1446, der Turm aus der romanischen Zeit.

Bild 8: Sehenswert sind auch die karolingischen Ziertafeln aus dem 9. oder 10. Jahrhundert beim Westeingang.

Bild 9: Schlichtes Langhaus mit Rundbogenfenstern und spätgotischem Chor.

Bild 10: Fresken rechts vom Hauptaltar.

Hatte ich nach Tunnel bei Mallnitz kein Internet, aber zumindest GPS-Empfang, verhielt es sich nach dem Neustart vom Handy leider umgekehrt. Phasenweise Netz, aber kein GPS mehr. Das war sehr ärgerlich, denn ich kannte mich Null aus und hatte drei weglose Gipfel geplant. Erschwerte Bedingungen also, andererseits gut, um in meistens harmlosen Gelände das Orientierungsvermögen zu trainieren.

Bild 11: Lenkenspitz (2298m) und Kleiner Kreuzeck (2505m), rechts Geierspitz (2403m), Kreuzeckgruppe.

Bild 12: Blick nach Norden zum Tschniernock (2088m), Hochpalfennock (2099m9 und Tschierweger Nock (2010m), rechts schließt die Millstätter Alpe (2091m) an.

Bild 13: Den ersten Gipfel finde ich auch ohne GPS, ein gut ausgetretenes Steiglein gibt den Weg vor.

Bild 14: Wolfsberg (804m) neben dem gleichnamigen Tunnel der Tauernautobahn.

Bild 15: Im Abstieg sonnige Blicke zum Goldeck.

Bild 16: Winterphänomen: Kammeis!

Feuchtes Erdreich und trocken-kalte Luft erzeugen ein Dampfdruckgefälle, das die Feuchtigkeit aus dem Boden zieht und sofort gefrieren lässt. Wegen der Dichteanomalie des Wassers dehnt es sich immer wieder aus und zerstört so sukzessive den Forstweg.

Bild 17: Wie Svarowskis Bergkristalle, nur viel zerbrechlicher.

Bild 18: Indian Summer im Hochwinter.

Bild 19: Die Inversion im Tal ist verschwunden, der Föhn unmittelbar vor dem Durchbruch, die Sonne zunehmend hinter tieferen Wolken verborgen.

Links noch einmal Kleiner Kreuzeck und Geierspitz, in Bildmitte Salzkofel (2498m), rechts im Schneetreiben verborgen Kehlluckerlkopf (2635m) und Polinik (2784m), Hausberg von Obervellach. Polinik kommt von slawisch Pol- für Mittag, typisch für Gipfel, die südlich einer größeren Ortschaft stehen, wo die Sonne mittags über dem Gipfel steht.

Bei der Vielzahl an kleineren und größeren Erhebungen war es ohne GPS nicht leicht, ich entschied mich intuitiv richtig, vielleicht bin ich auch doch nicht so schlecht im Karten lesen.

Bild 20: Tiefe Gräben durchziehen die Nordflanke des Kreuzstein.

Da wusste ich, dass ich richtig war, denn die Gräben sind in der AMAP erkennbar.

Bild 21: Am wohl eher selten bestiegenen Kreuzstein (833m).

Bild 22: Gewaltige Blöcke am Nordhang der Erhebung, wie man sie überall am Millstätter Rücken findet. Reste eiszeitlicher Hinterlassenschaften.

Bild 23: Kulturdenkmal Grenzstein.

Erstmals 1533 als Kreuzstein mit eingemeißeltem Kreuz erwähnt. Hier befinden sich außerdem die Jahreszahlen 1653,1660,1766,1792 und 1958, die auf regelmäßige Kontrollgänge hinweisen. Die schalenförmige Vertiefung aus dem 16. Jahrhundert an der Oberseite des Findlings sollte vermutlich den Egelsee darstellen.

Dann folgte der nächste weglose Abschnitt, zunächst ein paar verwirrende Wegkreuzungen, alles brav markiert, bis ich abkürzte in Richtung nächsten Gipfel. Dort fand ich am steilen Südhang einen aufgelassenen, sehr alten, befestigten Forstweg und zum Schluss steil über einen Moos bewachsenen Hang hinauf auf das Plateau des Hochgosch.

Bild 24: Bequemer Jägersitz, links im Hintergrund der eigentliche Gipfel.

Bild 25: Großer Grenzstein am Gipfel des Hochgosch (878m).

Der Hochgosch war im Frühmittelalter Standort einer Fluchtburg bzw. Wallanlage, bestehend aus einer Holz-Erde-Befestigung und steinernen Blendmauer. Der Ringwall war rund 700m lang. Mittels Laboruntersuchungen konnte die Bauzeit auf das Jahr um 860 bestimmt werden. Mangels größerer Funde wird aber vermutet, dass die Wallanlage höchstens kurze Zeit bestanden hat.

Der nächste kleine Gipfel war erstmals markiert. Im neueren Kartenwerk wird er Lug-ins-Land (816m) genannt, landläufig ist er unter dem älteren Namen Zmölnigkofel bekannt, im Mittelalter Stermitz (slawisch: steiler Abhang) genannt. Die ältesten Funde stammen aus der Kupferzeit.

Bild 26: Blick nach Südosten zum Dobratsch (links), rechts Kabesnock (1820m), Riednock (1537m) und Golsernock (1561m), Gailtaler Alpen.

Bild 27: Verdeckter Blick auf Spittal an der Drau.

Bild 28 und 29: Freigelegtes Mauerwerk aus der Spätantike (4.-6. Jahrhundert).

Bild 30: Egelsee (von Ecksee) und Hochgosch dahinter.

Bild 31: Eislaufen bei Plusgraden und föhnigem Nordwind.

Eigentlich wollte ich noch auf den Hahnenkofel, aber dann wäre es mit dem Tageslicht knapp geworden. Und ohne GPS wollte ich das nicht riskieren. Aber ein Abstecher zum Millstätter See, an dem ich noch nie war, sollte drin sein. Also folgte ich dem Fahrweg Richtung Schloßvilla bis zur Abzweigung zurück zum Hochgosch.

Bild 32: Stürmischer Nordföhn am Südufer.

Bild 33: Ortsteil Pesenthein von Millstatt, auf einem Schwemmkegel des Pöllandbachs errichtet, der unterhalb der Millstätter Alpe entspringt.

Bild 34: Blick auf Millstatt mit dem gleichnamigen Stift und Stiftskirche.

Das Stift wurde um 1070 gegründet und ist für seinen Kreuzgang und die bedeutende romanische Tiersymbolik bekannt. Funde karolingischer Flechtwerksteine und Reliefplatten (wie bei St. Wolfgang) deuten auf eine Kirchengründung schon im 8. oder 9. Jahrhundert hin. Bei der Stiftskirche handelt es sich um eine ehemalige romanische Pfeilerbasilika.

Bild 35: Wieder im Anstieg zurück auf den Rücken bietet ein Schlag nochmal einen letzten Blick auf den See.

Die Sonne erfasst nur noch das Nordufer, Regen- und Schneeschauer greifen bis auf die Südhänge der Nockberge über.

Bild 36: Abenteuerliche Hochsitzkonstruktion.

Bild 37: Vorbei am Nordhang des Wolfsbergs, dieses Mal am markierten Weg.

Bild 38: Elfernock (2031m) und Dobratsch (2166m)

Im Abstieg vom Wolfsberg verfehlte ich erst die Fortsetzung des markierten Wegs, der mich direkt zum Ausgangspunkt gebracht hätte, und dann übersah ich auch den Fußweg um den Edlinger Friedhof. Also ging ich einen weiten Bogen und dann die lange Hauptstraße durch Edling an der Kirche vorbei.

Bild 39: Das Renaissance-Schloss Porcia in Spittal an der Drau.

Ab 1534 im Auftrag des Grafen Gabriel von Salamanca-Ortenburg (1489-1539) erbaut und erst 1597/1598 fertiggestellt. Heute für Konzerte genutzt.

Bild 40: Track (nachgezeichnet) auf der AMAP:

Bild 41: Übergreifender Nordstau.

Mittags noch größere Sonnenfenster im Drautal, am Nachmittag mit einfließender Höhenkaltluft übergreifende Schauer auf die Alpensüdseite.

Beim Bahnhof hätte ich gerne was anständiges gegessen, aber ich fand nur einen Bäcker. Aber Mehlspeisen und Kaffee waren auch in Ordnung, dazu konnte ich auf einem Heizkörper sitzen und die Wartezeit bis zum pünktlichen RJ verging schnell. Pünktlich trotz andauernden Schneefalls auch die Ankunft in Salzburg, wo der Schneefall ab Mittag unterhalb von 600m Höhe leider in Regen überging und die Straßen in Gatsch verwandelte.

Erwähnenswert zuletzt auch, dass mit einströmender Höhenkaltluft und absinkenden Wolkenobergrenzen zunehmend die Eiskeime fehlten und damit die Grundlage für Schneeflocken, was den zeitweiligen Übergang in Nieselregen in Südbayern und am Alpennordrand erklärte.

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