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24.07.18 Ramolhaus (3006m) - Ramoljoch (3189m) - Martin-Busch-Hütte (2501m)

Eckdaten:

  • Wegführung: Ramolhaus - Ramoljoch - Martin-Busch-Hütte
  • Länge: 12 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 630 hm
  • Gehzeit Gesamt: ca. 5,5h

Die Nacht war sehr kurz für mich. Zwar war ich müde genug, aber erst waren da ein paar junge Holländer im Lager nebenan, die gegen 22.00 laut Musik aufdrehten und auch noch dazu mitsangen. Auf die Bitte um Ruhe war die Begründung sehr originell "We're sorry, we didn't know the room isn't soundproof!" - auf einer Holzhütte!

Danach war zwar Ruhe, aber mein Bettnachbar schnarchte so laut, dass ich trotz meiner teuren Ohrnstöpsel (30dbz Dämmung) kein Auge zudrückte. So kam ich insgesamt vielleicht auf eine Stunde Schlaf, maximal zwei. Alleine deswegen bezweifelte ich, den Bonusgipfel Hinterer Spiegelkogel erreichen zu können. Doch schon der Zimmerausblick auf einen wolkenlosen Gurglerferner entschädigte für die nächtliche Unbill. Kaiserwetter, besser gings nicht.

Bild 1: Der Gurgler Ferner in seiner vollen (rudimentären) Pracht.

Bild 2: Gegenüber vorne Hangerer (3020m), dahinter Granatenkogel (3318m)

Im Hintergrund schauen entfernte Gipfel über die östliche Ötztaler Kette:

Bild 3: Links scheinbar auf gleicher Höhe, aber etwas dahinter der Hohe Riffler (3231m), rechts gezackt der Olperer (3476m) in 58km Entfernung.

Bild 4: Mittig Hochfeiler (3509m), links Großer Möseler (3480m) und dazwischen Hochfernerspitze (3470m), rechts fortsetzend Hoher Weißzint (3371m) und Niederer Weißzint (3283m).

Der Großvenediger wäre links vom Möseler zu sehen (verschwindet aber im Dunst), während der Großglockner rechts vom Niederen Weißzint verdeckt wird.

Bild 5: Rückblick zum exponiert gelegenen Ramolhaus, mit Hochwilde und Schwärzenkamm links.

Nach dem Abmarsch ging es wider Erwarten erstmal steil hinab in eine breite Senke mit ausgedehnten Altschneefeldern, zum Glück nicht steil und bereits mit guten Tritten versehen.

Bild 6: vorher hieß es Helm anlegen.

Rechts zieht die Spur immer im Schnee entlang weiter Richtung Ramolkögel, der optionale Gipfel vom Vortag, den wir wegen des Nebels ausließen. Links zweigt eine Spur Richtung Ramolkogel ab, das über zahlreiche Trittbügel überwunden wird.

Bild 7: Rückblick vom Ende der Schneefeldquerung, Steigeisen nicht notwendig.

Bild 8: Danach steilte der Weg immer weiter auf, war aber überraschend einfach angelegt.

Bild 9: In steilen Kehren über Trittbügel nach oben.

In zahlreichen Berichten von früher las ich von senkrechten Eisenleitern. Die sah man nutzlos hier und da zwischen den Felsen liegen. Tatsächlich wurde der Klettersteig entschärft und durchgehend mit Trittbügeln und durchgehendem Drahtseil versehen, die auch von Kindern begangen werden können. Das ergab grundsätzlich Sinn, denn mit schwerem Rucksack war der Aufstieg so wesentlich leichter und ungefährlicher.

Aber schwierige Stellen kamen dieses Mal nicht. Und dann war ich oben am Ramoljoch auf 3189m. Für mich bereits ein kleiner Gipfelerfolg, war es doch die zweithöchste Erhebung nach dem Habicht (3277m) in meinem jungen Bergwanderleben.

Bild 10: Blick vom Ramoljoch auf den Spiegelferner und Wildspitze gegenüber.

Links Vorderer Spiegelkogel (3087m), dann Talleitspitze (3406m), dahinter schneeweiß die Weißseespitze (3500m), weiter rechts Fluchtkogel (3497m) und ganz rechts Wildspitze (3668m bis 3777m, je nach Kartenwerk).

Gegenüber die Breslauer Hütte, unsere letzte Hüttenübernachtung. Links am Blockgrat führte ein nur mit Steinmännern markierter Steig weiter zum Spiegelkogel. Wir ließen die Rucksäcke zurück und machten uns auf den Weg. Gleich am Anfang wich der Steig - für mich unerwartet, weil so nicht beschrieben - in die schattige Nordflanke aus. Dort waren die teilweise losen Steine und Blöcke mit einer dünnen Reifschicht überzogen - Folge des Nebels vom Vortag und der kräftigen Auskühlung in der klaren Nacht. Dadurch war der Fels schmierig wie Seife und erforderte konzentriertes Steigen, weil es zudem noch ausgesetzt war. Ein glattgeschliffener Felsen musste seitlich abgeklettert werden, mit fingerbreiter Trittfläche. Während ich mich drübermühte, kehrten die ersten drei um. Ich äußerte das Bedürfnis ebenfalls umzukehren. Alexandra, die dieses Mal die Gruppe anführte - Csaba kam später nach - brachte uns sicher zurück zum Ramoljoch, und ging dann mit den anderen weiter zum Hinteren Spiegelkogel. Die Wegführung war offenbar nicht ganz einfach, am teilweise schmalen Grat sah man Csaba vorneweg später hin und zurückgehen, ehe sie bei einem Aufschwung schließlich den Durchschlupf fanden.

Wir verbliebenen sechs machten es uns am Joch gemütlich, lange Zeit in der Sonne, und genossen die Ausblicke in beide Richtungen. Erst später mit den ersten Quellwolken wars dann unangenehm frisch und windig.

Bild 11: Links Granatenkogel, Hochfirst (3403m) und Liebenerspitze (3399m), zentral die Seelenkögel (maximal 3470m), rechts das Langtal und ein bisserl Gletscher.

Gegenüber ist auch die Langtalereckhütte (2450m), unsere erste Hütte, zu entdecken. Was mich besonders faszinierte, waren die beiden Blockgletscher gegenüber, die ins Äußere Hochebenkar (links) und Innere Hochebenkar (rechts) vom Eiskögele (3233m) hinabreichten. Insbesondere der Äußere Hochebenkarferner reichte fast bis zum Fahrweg zur Langtalereckhütte hinab.

Hierbei handelt es sich um einen der größten Blockgletscher Tirols mit 1550m Länge und 0,4km² Ausdehnung.

Bild 12: Die Spiegelkogel-Gipfelaspiranten bei der Schlüsselstelle.

Bild 13: Breslauer Hütte unten links, Wildspitze mit Rofenkarferner und Wildes Mannle (3023m) unten rechts.

Bild 14: Rückkehr nach erfolgreicher Gipfelbesteigung - hin und retour zwei Stunden!

Bild 15: Alpenmargerite (Leucanthemopsis alpina) auf 3189m.

Bild 16: Letzter Blick zum Gurgler Ferner mit stärkerer Quellwolkenentwicklung auf Südtiroler Terrain.

Abstieg dann anfangs steil, aber einfach Richtung Spiegelferner. Der Weg bleibt rechts vom Gletscher, ein flaches Altschneefeld war zu queren. Dann relativ lang noch über einfaches Blockwerk, bis man unterhalb der Gletscherstufe nach links übers Kar hinausquert.

Bild 17: Hinterer Spiegelkogel (3424m) mit dem Spiegelferner, weitgehend ausgeapert, und das westseitig!

Bild 18: Kriech-Nelkenwurz (Geum reptans).

Bild 19: Furchen-Steinbrech (Saxifraga exarata).

Bild 20: Einblütiges Hornkraut (Cerastium uniflorum).

Bild 21: Noch einmal wunderschön Kriech-Nelkenwurz.

Bild 22: Blick auf Hinteren und Mittleren Spiegelkogel mit der vollständig ausgeaperten Gletscherstufe.

Bild 23: Kurzblättriger Enzian (Gentiana brachyphylla).

Ich erlaube mir die Begründung für die Artenbestimmung von Oliver Stöhr aus dem Forum Flora Austria zu zitieren:

Obgleich das Bild für die sichere Ansprache leider nicht viel hergibt, tendiere ich zu G. brachyphylla, da auf dem noch nicht blühenden Trieb rechts unten keine deutlichen Flügel an den Kelchen erkennbar sind und die Kronzipfel deutlich länger als breit sind. Soweit erkennbar, sollte die Pflanze auf Silikat (in den Ötztaler Alpen weithin dominierend) wachsen - auch das spräche eher für G. brachyphylla und weniger für G. orbicularis, die basiphil ist. Rechts von der Pflanze erkennt man übrigens vegetative Blattrosetten von Saxifraga bryoides - einer streng kalkmeidenden Art.

Bild 24: Bereits in der brüchigen Westflanke des Vorderen Spiegelkogels (3087m).

Bild 25: Kesselwandspitze (3414m), Fluchtkogel (3497m) und Guslarferner.

Rechts schwarz zerklüftet die Hintergraslspitze (3325m), Hausberg der Vernagthütte.

Bild 26: Neugieriges Murmeltier, im Hintergrund der Fahrweg zur Martin-Busch-Hütte.

Bild 27: Weiter Weg.

Das Niedertal bis Martin-Busch-Hütte, die man etwas links der Talmitte erkennen kann, wenn man weiß, wo sie steht. Zuvor muss aber noch das Diembachkar vor uns gequert werden.

Rechts die Kreuzspitze (3457m) mit Rotkarferner, einer der leichtesten 3000er dieser Höhe, dahinter Hauslabkogel (3403m) mit kleinerem Gletscher.

Bild 28: Blick zum Diemferner und zu den Diemkögeln.

Die Wiese war gespickt mit tiefen Löchern von Murmeltierhöhlen, teilweise mitten am Weg.

Bild 29: Über den tief eingeschnittenen Diembach hinweg mithilfe einer stabilen Brücke.

Bild 30: Diembach im Unterlauf.

Gegenüber an der Talleitspitze hörte man es gelegentlich poltern und nachfolgend breiteten sich Staubwolken vom Steinschlag aus. Weit unterhalb geht der Fahrweg zur Busch-Hütte vorbei.

"Das wäre aber jetzt schon gefährlich, wenn man den Weg auf der anderen Seite geht?" - "Aber geh! Dann wäre der Weg wegen Steinschlag gesperrt."

Später oben bei der Einmündung in den Fahrweg ein Schild: "Weg wegen Steinschalg gesperrt!"

Bild 31: Die erste Brücke lassen wir aus, die zweite ist vom Steinschlag demoliert.

Bild 32: Die dritte. relativ neue Brücke nehmen wir.

Bild 33: Die vierte wäre die schon länger genutzte Schneebrücke gewesen

Dort gehen immer wieder Lawinen vom Steinmandl (3145m) ab, die den ganzen Sommer liegenbleiben und einen tragfähigen Schneehaufen erzeugen.

Bild 34: Schneebrücke mit Lebewesen.

Bild 35: Die Schlümpfe genießen die Ruhe und kühlen sich am Schnee.

Hierbei handelt es sich um drei der insgesamt rund 3000 Südtiroler Schafe, die jedes Jahr auf die Alpennordseite getrieben werden, wo sie den Sommer verbringen.

Die eigentliche Schlüsselstelle der Tour ist dann der Gegenanstieg von rund 360 hm, da zehrte das Rucksackgewicht wie Beton am Rücken. Die letzte halbe Stunde ging ich neben Csaba her, und unterhielt mich mit ihm, mit dem Unterschied, dass er bis zur Hütte normal reden konnte und ich immer öfter Pausen zwischen den Sätzen einlegen musste, weil mir einfach die Luft ausging.

Bild 36: Blick zur Mutmalspitze (3522m) mit dem spaltenreichen Mutmalferner.

Zu Beginn die beeindruckende Seitenmoräne, die den zurückgezogenen Gletscher vom Marzellbach (Marzellferner) trennt. Links geht es am Schalfbach entlang Richtung Schalfferner.

Bildvergleich mit 1978, einer Saison mit teilweisem Gletschervorstoß: (Quelle: Alpenverein Gletscherbericht 1977/1978)

Bild 37: Mächtige Spalten immer dort, wo der Untergrund des Gletschers uneben wird, sich das Gefälle ändert, mehrere Gletscher zusammenfließen und sich die Fließgeschwindigkeiten ändern.

Bild 38: Martin-Busch-Hütte voraus, rechts Hauslabkogel (3403m).

Oben war ich dann völlig außer Atem und der Hunger ist leider völlig vergangen. Ich war nur erschöpft und konnte deswegen zum Abendessen nichts essen außer der Suppe, den Beilagensalat zu den faden Spaghetti und etwas Erdbeerjoghurt.

Die Hütte selbst: Wie erwartet Bahnhofshallenatmosphäre, Tagesgäste, viele internationale Jugendgruppen, viele Hochtourengeher. Ich fühlte mich bei der Ankunft etwas überfordert von dem vielen Gewusel. An der Theke musste man sofort die Halbpension und Übernachtung bezahlen, und am besten auch sofort die Getränke bestellen. Da wusste ich noch nicht mal, was ich trinken wollte. Sanitäranlagen sauber, Duschmarken erst einwerfen, nachdem die Restzeit (3min) vom Vorgänger abgelaufen ist. Das durchschaute ich zu spät und bekam für meine drei Euro nur 30 Sekunden Wasser. Egal.

Abends erhöhte Geräuschkulisse in der geräumigen Stube. Wir zum Glück in einem Separee, sodass man sich wenigstens unterhalten konnte. Übernachtung dieses Mal in einem großen Lager, wenig Stauraum, Rucksack ausräumen und Gewand aufhängen chaotisch. Immerhin war ich erschöpft genug, dass ich ein paar Stunden geschlafen habe. Das Schnarchen störte mich dieses Mal nicht.

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