Start über Innsbruck lokale Windsysteme Föhn Niederschlag Ereignisse Galerie Impressum

11.10.18 Überschreitung des Lattengebirges, Berchtesgadener Alpen

Eckdaten:

  • Wegführung: Baumgarten Bushaltestelle (495m, 9.30) - Röthelbachklause (10.15) - Obere Schlegelalm (1420m, 11.15) - Moosensteig - Predigtstuhl (1613m, 11.45) - Almhütte Schlegelmulde (12.00-12.40) - Hochschlegel (1688m, 12.55) - Karkopf (1738m, 13.30) - Törlkopf (1704m, 14.25) - Törlscharte (15.00) - Mitterkaser (15.30) - Winkl-Campingplatz Bushaltestelle (16.45)
  • Länge: 16,8 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1370 hm
  • Gehzeit Gesamt (inkl. Fotografierpausen): ca. 5,5 Std.

Track auf der Kompasskarte:

Unverhofft kommt oft. Ursprünglich hatte ich geplant, einen Jagdsteig zu finden, der von Westen auf den Ochsenberg (1487m) führt und dann Richtung Hintersee oder Gaißau abzusteigen. Für diese Runde hätte ich genügend Zeit gebraucht, nicht immer ist der Steig noch in einem guten Zustand, und den Bus um 7.45 Richtung Ebenau nehmen müssen. Wegen Spätdienst am Vortag hab ich den Wecker überhört und brauchte in Windeseile ein neues Ziel. So kam ich auf das Lattengebirge, mit dem einzigen Nachteil einer steilen Forststraße zu Beginn. Doch das nahm ich in Kauf, wenn ich so einsam unterwegs war. Also fuhr ich mit der Linie 260 bis Haltestelle Bad Reichenhall Baumgarten, wo sich in der Nähe ein Hochseilgarten befindet.

Bild 1: Etliche Abschnitte der Forststraße entlang des Röthelbachs sind akut steinschlaggefährdet.

An den Felswänden links sieht man es erkennbar bröckeln, auch kleinere Felsstürze sind nach dem nächsten Sturzregen denkbar. Rechts hat sich der Röthelbach schluchtartig eingegraben. Am 5. Juli 2010 sorgten schwere Regenfälle für eine Zerstörung der Forststraße und teilweise Beschädigung der Bundesstraße bei Baumgarten. Von der Moosenalm herab bildete sich nacheiszeitlich kurzzeitig ein lokaler Gletscher entlang des Röthelbachtals.

Nach einer knappen Dreiviertelstunde passierte ich die bereits 1392 erstmals erwähnte Röthelbachklause (Triftklause). Sie wurde 1796 neu aufgebaut und war bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Verwendung. Sie ist erst seit der Sanierung 1994/1995 der Öffentlichkeit zugänglich.

Bild 2: Bei der Röthelbachalm-Diensthütte befindet sich ein origineller Baumgipfel.

Ein Felsblock wurde von den mächtigen Wurzeln in Beschlag genommen, am höchsten Punkt steht ein Holzkreuz, daneben ein völlig verrostetes Kruzifix und Taferl.

Danach biege ich nach links am markierten Steig ab, der die langen Forstwegkehren abkürzt. Gut markiert, eher selten begangen, mit hübschen Ausblicken ins Saalachtal.

Bild 3: Sonntagshorn (1961m), Aibleck (1756m) und Ristfeuchthorn (1569m), Chiemgauer Alpen

Bild 4: Untere Schlegelalm (1295m), der Wilde Kaiser hinten.

Unmittelbar hinter der Alm befindet sich die Talstation des stillgelegten Sessellifts zum Predigtstuhl.

Bild 5: Aufstieg zunächst entlang der ehemaligen Schipiste.

Bild 6: Steinplatte (1879m) und Ackerlspitze (2329m) links, Kühsteinwand (1614m) und Sonntagshorn rechts.

Im Vordergrund ragen Kienberg (1028m) und Wendelberg (959m) als Inselberge aus dem Saalachtal.

Bild 7: Querung der Sessellifttrasse am idyllischen Moosensteig.

Die Überdachung am Steig befindet sich direkt unter dem Führungsseil, eventuell als Sicherheitsmaßnahme, falls das Seil mal überraschend abstürzen sollte.

Bild 8: Loferer Steinberge, Wilder Kaiser, Sonntagshorn bis Hochgern.

Zum Kienberg und Wendelberg gesellt sich links auch das schmale Achhorn (1316m) hinzu.

Bild 9: Panorama Chiemgauer Alpen von links nach rechts:

Geigelstein (1808m, 45km), Hörndlwand (1684m) mit der auffallenden Felswand, Aschentaler Wände (1737m), in Bildmitte der längliche Sulzgrabenkopf (1521m), rechts dahinter Hochries (1567m), die länglich ansteigende Scheibenwand (1598m) und die mehrgipflige Kampenwand (1668m) ganz rechts.

Bild 10: Loferer Alm im Vordergrund mit dem Dietrichshorn (1542m) rechts und Steinplatte dahinter.

Im Hintergrund Großer Beil (2309m) links und mit der auffälligen Spitze Galtenberg (2424m) rechts (westliche Kitzbüheler Alpen).
Dahinter rechts Hirzer (2725m, 106km) in den Tuxer Alpen und ganz rechts Gipfel östlich des Zillertalausgangs.

Bild 11: Wilder Kaiser, davor Fellhorn (1764m) und Kühsteinwand.

Bild 12: Nach einer Gehzeit von 2 Stunden und 15 Minuten (angeschrieben: 4 Stunden) erreiche ich das Gipfelkreuz am Predigtstuhl (1613m).

Blick auf das Salzburger Becken und den Grenzübergang Walserberg.

Von der Seilbahn kommend reihe ich mich in die Touristenautobahn ein. Die Almhütte bei der Schlegelmulde ist gut gefüllt, aber ich bekomme noch ein Platzerl. Der Hunger ist größer als die Abneigung gegenüber Menschenansammlungen. So gönne ich mir ein Griebenschmalzbrot (Grammeln), einen Capuccino und eine große Apfelsaftschorle. Leider darf auf der Terrasse geraucht werden, sogar Zigarren werden geraucht, während rund herum die Gäste essen (wollen). Daher bezahle ich sofort, als ich fertig bin und ziehe weiter. Frisch gestärkt ziehe ich den Hochschlegel hinauf, während älterer Herr- und Frauschaften mich vorbeilassen "der junge Bursche...."

Bild 13: Rückblick zum Predigtstuhl links und Schlegelmulde rechts.

Dahinter Hinterstaufen links (Gamsknogel und Zwiesel/Zenokopf) und Mitterstaufen und Vorderstaufen rechts.

Bild 14: Vom Hochschlegel (1668m) Richtung Dachstein.

Im Vordergrund der südliche Sporn vom Untersberg mit Bannkopf (1658m) und abgesetzt Großem Rauhenkopf (1604m) mit offensichtlich flächigen Sturmschäden.
Im Hintergrund der Dachstein. Gegenüber der Übergang vom Karkopf zum Dreisesselberg (1680m).

Bild 15: Die Dohle überlegt gerade ...

Bild 16: ... wie sie die Geduld des Jagdhunds auf die Probe stellen kann.

Bild 17: Salzburg und Wallersee, im Hintergrund der Hausruck mit den Windrädern bei Munderfing, rechts Hohensalzburg.

Bild 18: Trattberg (1757m), Einberg (1688m), dahinter Grimming (2351m), rechts Plassen (1953m).

Bild 19: Über den langen Kamm zwischen Scharnkopf und Gruberhörndl reicht der Blick bis zum Chiemsee, links Zinnkopf (1227m).

Bild 20: Erosion in der wilden Schlucht des Wappbachs.

Der beliebte Alpgartensteig ist derzeit auf unbestimmte Zeit gesperrt, weil die Festigkeit der Seilsicherungen nicht mehr garantiert werden kann.

Bild 21: Wappbach im mittleren Teil.

Bild 22: Törlschneid im Vordergrund, dahinter Stanglahnerkopf (1791m) und Hochkalter (2607m), links Großer Hundstod (2593m), links hinten Breithorn (2504m) im Steinernen Meer.

Bild 23: Links über dem zackigen Brandlhorn (2092m) Kalser Bärenkopf (3079m), in Bildmitte Granatspitze (3086m) und Stubacher Sonnblick (3088m), ganz rechts der Große Landeggkopf (2900m)

Bild 24: Blick ins Karwendelgebirge einschließlich höchstem Karwendelgipfel (Birkkarspitze) und höchstem deutschen Karwendelgipfel (Östliche Karwendelspitze).

Bild 25: Vor mir schon meine Abstiegsroute über den Törlkopf (rechts die Törlscharte), dahinter Hochkönig und Watzmann.

Bild 26: Kühner Felskopf am Schareck (1725m).

Bei der Abflachung waren Seilversicherungen zu sehen, Steig ist allerdings keiner eingezeichnet.

Nach einem neuerlichen Gegenanstieg erreichte ich schließlich mit dem Karkopf (1738m) den höchsten Punkt vom Lattengebirge. Am letzten Stück war schon bedeutend weniger los, es sind doch ein paar steilere Abschnitte und kurze Felsstufen dabei. Die Wanderer waren zunehmend alpin ausgerüstet und die Bereitschaft einander zu grüßen, stieg deutlich an.

Bild 27: Vom Toten Gebirge bis Göll.

Bild 28: Panorama Totes Gebirge, rechts Schmittenstein und Schlenken

Bild 29: Dachstein, ganz rechts schaut durch den Dunst der Große Knallstein (2599m, 91km) in den Schladminger Tauern.

Im Vordergrund ein Teil der Rossfeldstraße.

Bild 30: Hochkönig und der verkümmerte Rest der Übergossenen Alm.

Bild 31: Hinteres Freieck, Hoher Göll und Hohes Brett dominieren den Blick Richtung Berchtesgaden.

Bild 32: Knallstein und Wieselsteine im Tennengebirge sind unverkennbar.

Dahinter links Scheiblingkogel, mittig Bleikogel (2411m).

Bild 33: Naturdenkmal Steinerne Agnes.

Vor rund 200 Millionen Jahren durch Verwitterung in einem tropischen Flachmeer entstanden. Der Wanderweg unterhalb des Dreisesselbergs führt dort vorbei.

Bild 34: Zwischen Vorderstaufen und Fuderheustein müsste der Waginger See zu sehen sein.

Bild 35: Größerer Bildausschnitt.

Bild 36: Chiemgauer Alpen in der Gesamtübersicht.

Ich steige nicht denselben Weg ab, sondern überschreite den Karkopf. Dort zweigt ein unmarkiertes, aber ausgeschnittenes Steiglein zwischen den Latschen ab und führt immer an der Abbruchkante nach Süden. An kurzen Stellen ein wenig ausgesetzt, sonst harmlos.

Bild 37: Blick zur aufgelassenen Steinbergalm (1299m), die seit 1970 nicht mehr im Kartenwerk aufscheint.

Bild 38: Mein Weiterweg, gegenüber der Törlkopf, dahinter die Törlschneid.

Bild 39: Wieder am Normalweg.

Bild 40: Aber nur kurz, dann hirsche ich den steilen Steig zum Törlkopf (unmarkiert) hinauf.

Oben kommt mir ein älteres Ehepaar entgegen. "Doch Leute hier!" sage ich erstaunt. "Jaja!"- sagt der Mann, und fügt hinzu: "Oben wartet noch eine nette Dame auf Gesellschaft."

Bild 41: Blick hinüber zum Karkopf (links) und Dreisesselberg.

Bild 42: Rechts die Törlschneid und das stille Hochplateau im Westteil des Lattengebirges.

Links ist die Mordaualm am Sattel zu sehen, dahinter Pfaffenbichl und Gsengschneid, wo ich mit Roman bei einer Schneeschuhwanderung am 22. Dezember des Vorjahres vorbeikam. Im Einschnitt im Vordergrund liegt die Törlscharte.

Bild 43: Blüten neben dem Gipfelkreuz (evtl. Thymus praecox ssp. polytrichus, Langhaariger Thymian)

Bild 44: Portrait vom Törlkopf mit der netten Dame.

Sie ist erstaunt, als ich kurz nach ihr ebenfalls aufbreche, doch ich entgegne, dass ich noch ins Tal hinabmuss, worauf sie nur vielsagend schmunzelt. Eigentlicher Hintergrund war eher, dass mir unterwegs einfiel, dass die Stirnlampe im anderen Rucksack lag und ich vor Einbruch der Dunkelheit unten sein sollte.

Bild 45: Steinbergsee (1300m).

Bild 46: Ohne Kommentar.

Bild 47: Echter Alpendost (Origanum vulgare)

Um Punkt drei erreichte ich die Törlscharte. Der Abstieg gestaltete sich sehr kurzweilig durch verfärbtes Laub in allen Farbtönen. Obwohl unten wieder ein längerer Forstwegabschnitt warten sollte (der aber durch angelegte Abkürzungen kürzer war als erwartet), bereue ich diese Abstiegsvariante nicht. Immer mit Göll und Watzmann vor Augen gibt es schlimmere Abstiegswege. Bei den Routen direkt nach Norden vom Dreisesselberg weg hätte ich mehr Verkehr und eventuell unangenehmes Geröll erwartet.

Bild 48: Blick von der Scharte zum Göll, rechts das Schigebiet vom Götschenkopf (1307m).

Bild 49: Hochkönig und Watzmann mit Pfaffenbichl rechts.

Bild 50: Anregender Wegabschnitt.

Bild 51: Letzter Blick zu den berühmten Gipfeln.

Bild 52: Links Kahlersberg (2350m), rechts Hochkönigplateau.

Gegenüber Toter Mann (1391m) mit Bezoldhütte.

Bild 53: Mitterkaser-Diensthütte, unbewirtschaftet, aber für eine ausgelassene Rast benutzt.

Bild 54: Gfranster Enzian

Bild 55: Die Rotofentürme bilden die sogenannte Schlafende Hexe.

Vorderer Rotofen (1369m), auch Montgelasnase genannt, in Anspielung auf Maximilian von Montgelas, von 1799-1817 Minister unter König Maximilian I.

Bild 56: Humorbefreit sind die Bayern nicht.

Bild 57: Rückblick zum Karkopf.

Um 16.45 komme ich bei der Haltestelle an, um 16.48 kommt der Bus Richtung Berchtesgaden.

Einen Überweg über die stark befahrene Straße vermisse ich auch bei dieser Haltestelle vergebens. Zum Glück habe ich Optionen in beide Fahrtrichtungen. "Bis Salzburg Stadtgrenze." sage ich zur Busfahrerin, wohlwissend, dass ich in Berchtesgaden am Bahnhof umsteigen muss. "Bis Salzburg?!" wiederholt sie erstaunt und versucht vergebens, meinen Ticketwunsch einzutippen. Sie gibt bald auf "Kaufen's das am Bahnhof!" So fahre ich gratis bis Berchtesgaden mit und löse dort im Bus problemlos bis Stadtgrenze. Unterwegs muss sie in Bischofswiesen eine Haltestelle abseits der Hauptstraße bedienen. Minutenlang steht sie anschließend an der Kreuzung und kommt einfach nicht heraus. "Det darf ja nich wahr sein!" murmelt eine zahnlose alte Frau rechts der Fahrerin. Und sie entgegnet resigniert: "Es ist jedes Mal eine Katastrophe!" Trotzdem kommen wir fast pünktlich am Bahnhof an. In Berchtesgaden und in Salzburg ist und bleibt das Auto die heilige Kuh. Es ärgert mich jedes Mal, wenn öffentliche Verkehrsmittel deswegen unattraktiv bleiben. Aber mit Ärger möchte ich diesen Bericht nicht beenden. Es war eine hervorragende Idee, verschlafen zu haben!

© www.inntranetz.at