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09.07.18 Auernig (2130m), Ankogelgruppe

Eckdaten:

  • Wegführung: Mallnitz (1179m, 10.00) - Zwoadwieskopf (1854m, 11.30) - Auernig (2130m, 12.15) - Roßkopfalm (1682m, 13.30) - Wolliggerhütte (1576m, 13.50-14.30) - Mallnitz 15.15)
  • Länge: 9,0 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 960 hm
  • Reine Gehzeit (inkl. Fotografierpausen): ca. 4h 15min
  • Viecher: 1 Reh, 2 Zeckennymphen im Aufstieg

Erstmals seit meiner Übersiedlung hab ich mich an die Alpensüdseite herangewagt! Möglich machte dies die schnelle Railjetverbindung nach Mallnitz-Obervellach (1h 43min von Salzburg Hbf.), mit der man ohne Umsteigen direkt vom Zielbahnhof starten kann. Die feuchte Nordströmung war mir zu schaueranfällig, weshalb ich Touren im Nordalpen-Nahbereich von Salzburg ausgeschlossen hatte, speziell bei Untergrenzen um 2500m herum. Nun, übertrieben viel Sonne hatte ich an diesem Tag auch nicht, zu nahe am Alpenhauptkamm, aber es war doch eine andere, wärmere, Luftmasse als alpennordseitig. Wie kam ich auf dieses Ziel? Das Lonzaköpfl (2317m) über die Häusleralm gegenüber hatte ich mir schon als ambitioniertes Schneeschuhziel im Winter überlegt. Am Vortag las ich zufällig einen Wanderbericht von Leopold Pollak ("Pauli's Tourenbuch") vom Auernig, dem Hausberg von Mallnitz. Zwar startete er wesentlich höher vom Parkplatz bei der Wolliggerhütte, doch gab es auch einen direkten Anstieg vom Bahnhof weg. Aus Erfahrung weiß ich, dass alles, was Pauli geht, auch für mich etwas ist, denn Pauli mag sehr ausgesetzte schmale oder kraxelige Bergpfade auch nicht. Zudem gehe ich wie er gerne mal querfeldein.

Nach unkomplizierter Anfahrt übers schöne Gasteiner Tal starte ich pünktlich um 9.55 in Mallnitz. Ein älterer Wanderer bleibt am Inselbahnsteig und geht diesen bis ans Ende und überquert dort zwei Gleise, um zu den Wanderwegen zu kommen. Das hätte ich auch besser getan. Ich hab mich auf meinen Onlinekarten verschaut und fand den Überweg nicht (der in Wahrheit eine Unterführung wenige hundert Meter südlich war). Also hab ich auch die Gleise überquert (bitte nicht nachmachen). Erst später am Berg stellte ich fest, dass ich schasaugert war und fand im Abstieg die Unterführung auf Anhieb.

Bild 1: An dieser Stelle wähnte ich die Gleisüberquerung.

Im Hintergrund (Norden) links Liesgelesspitz (2408m), rechts Romate Wand. Ganz rechts mein (sehr) steiler Aufstiegshang.

Die Abzweigung ist nicht zu übersehen und die spärlichen Berichte über die Wegbeschaffenheit nicht übertrieben. Der Steig ist von Beginn bis zur Einmündung in den Steig von der Talstation der Ankogelbahn kommend schmal und steil. Anfangs geht es über einen ausgeschnittenen Wiesenpfad.

Bild 2: Nesselglockenblume mit weißen Blütenblättern (Campanula trachelium subsp. albus)

Kurz darauf kann ich mein Glück kaum fassen.

Bild 3: Die Prachtnelke (Dianthus superbus).

Generell selten anzutreffen und dann meist nur mit einzelnen Individuen. Hier wuchsen gleich mehrere auf engem Raum.

Bild 4: Weniger schön die Weganlage, die immer wieder durch dichtes Gras hindurchführt.

Nachdem ich nach kurzer Zeit schon zwei winzige Zeckennymphen von meinen langen Hosenbeinen gekratzt hatte, packte ich Autan aus und sprühte damit auch die Hose ein, die ohnehin schon älter und durch Dornengemetzel angefleddert ist. Die restliche Tour blieb ich verschont bzw. hab auch nach mehrfacher Inspektion nichts mehr gefunden.

Bild 5: Nach einem steileren Waldstück mit vielen frischen Walderdbeeren erreichte ich die Abzweigung, zugleich Kernzonengrenze.

Bild 6: Die Aussicht, wie hier ins Tauerntal, hielt sich im Aufstieg bis dahin eher in Grenzen, so kommt man noch schneller vorwärts.

Am Talschluss links Feldseekopf (2864m), rechts mit den ausgedehnten Altschneefeldern Vorderer Geißlkopf (2974m).

Bild 7: Ausblick von einem Felsvorsprung, Zwoadwieskopf (1854m) genannt, auf Mallnitz.

Der Ortsname leitet sich von frühslawisch Malinica (kleine Möll) ab, während Möll von keltisch molina, Bergbach, abstammt. Erstmals erwähnt wurde Mallnitz im Jahr 1299 "in der Melnitz", ab 1850 gehörte Mallnitz zu Obervellach, erst seit 1896 ist es eigenständig.

Bild 8: Schwarzes Kohlröschen (Nigritella nigricans)

Dann war die Waldgrenze erreicht und was sich auf den letzten knapp 150 Höhenmetern zum Gipfel an Blumenvielfalt befand, hab ich so noch nirgends erlebt. Vor allem nicht irgendwelche Alpenblumen, sondern die VIP davon - very important plants.

Bild 9: Ausblick nach Süden zur Kreuzeckgruppe

Über der Mündung ins Mölltal bei Obervellach thront der Polinik (2784m), ganz links Salzkofel (2498m), rechts Striedenkopf (2749m) und Striden (2682m), ganz rechts Mittagsspitz (2433m), dahinter Groß Griedelkopf (2659m).

Zum Berg Polinik noch eine etymologisch interessante Notiz: Die Vorsilbe stammt von slawisch pol- für Mittag, was ebenso wie Gipfel mit dem Teil Zwölfer- bedeutet, dass der Berg südlich einer größeren Ortschaft steht und die Sonne um 12 Uhr mittags über dem Gipfel steht. Analog gilt das für Zehner, Elfer, etc. -Teile im Bergnamen, vgl. Zwölferhorn/St.Gilgen oder Zehnerkopf/Elferspitz/Zwölferkopf vom Rojental oder Elferspitze/Zwölferspitze südlich von Neustift/Stubaital.

Bild 10: Links mein Tagesziel, Auernig, rechts die Törlköpfe (2446m).

Der weiterführende Grat ist anfangs leicht ausgesetzt, später wird er wieder breiter. Zeitlich wäre sich das locker noch ausgegangen, allerdings wehte am Grat ein lebhafter und kalter Nordwind und nach drei Frühdiensten in Folge wollte ich es lieber gemütlich angehen.

Bild 11: Auftakt der Blumenorgie am Auernig mit Alpen-Aster (Aster alpinus).

Bild 12: Blick Richtung Dösental, links in Wolken das Säuleck (3086m), ein leichter 3000er.

Pauli war dort Anfang Juli auch oben, da lag am Blockgletscher aber noch viel Schnee ohne Spuren. Wenn ich dort unterwegs bin, mit Hüttenübernachtung, möchte ich zumindest die Runde gehen. Rechts schließen Dösner Spitze (2899m), Ochenladinspitz (2778m) und Wabnigspitz (2773m) an.

Bild 13: Steile Westflanke, dahinter das Tauerntal.

Nun folgt eine Blumenorgie.

Bild 14: Stein-Nelke (Dianthus sylvestris)

Bild 15: Zwerg-Seifenkraut (Saponaria pumila)

Bild 16: Berg-Heilwurz (Seseli libanotis) und Grannen-Klappertopf (Rhinanthus glacialis) links und rechts davon.

Bild 17: Stein-Nelke, Thymian (Thymus spec., evtl. praecox), Klappertopf und Graue Sonnenröschen (Helianthemum canum)

Bild 18: Halbkugelige Teufelskralle (Phyteuma hemisphaericum).

Bild 19: Spinnweb-Hauswurz (Sempervivum arachnoideum).

Erstmals gesehen, was für eine Schönheit.

Bild 20: Direkt neben dem Weg dann der Höhepunkt: Alpen-Edelweiß (Leontopodium nivale)

Bild 21: Auch wunderschön: Alpen-Leinkraut (Linaria alpina).

Bild 22: Rau-Steinbrech (Saxifraga aspera) direkt am Gipfelaufbau.

Bild 23: Nach 2h 15min Gehzeit war ich am Auernig (2130m) angelangt, meinem ersten 2000er in diesem Jahr!

Der Wind blies unangenehm und ich machte nur eine kurze Trinkpause. Kurz nach mir kamen noch zwei junge Deutsche hinauf, einer trug den Rucksack. Für sie war es der erste Urlaubstag und die Tour zum Eingehen. Die Folgetage brachten allerdings kein gutes Bergwetter mehr, aber das wussten sie da noch nicht.

Bild 24: Blick ins Tauerntal, links das Böseck (2842m), dahinter Kaltewand (2746m) und Astromspitz (2811m), mittig Feldseekopf und Vorderer Geißlkopf.

Rechts vom Geißlkopf geht es über den Tauernpass (Mallnitzer Tauern), ganz rechts in Wolken Romatenspitz (2696m) und vorne Hindenburghöhe (2316m), mit einer 1923 errichteten Steinpyramide, ein wenig rümliches Kriegerdenkmal, das der deutschnationalen Gesinnung des Alpenvereins nach Ende des Ersten Weltkriegs Ausdruck verleihen sollte.

Tauern heißt eigentlich "hohe Übergänge", die Hohen Tauern sind also sehr hohe Übergänge. Der Tauernpass wurde zu Römerzeiten zum Handelsweg ausgebaut. Im Jahr 1904 wurde dort eine keltische Münze gefunden. Die Reste der Römerstraße sind auch 1800 Jahre später noch im Gelände sichtbar.

Bild 25: Wasserfälle vom Weißenbach links und Tauernbach rechts zum Seebach hinab.

Darüber links Gamskarlspitz (2833m) und rechts Schönbrettkogel (2732m), dazwischen Hoher Tauern (Korntauern, 2459m). Ganz rechts sieht man noch die Mittelstation der Ankogelbahn.

Bild 26: Mallnitz in voller Erstreckung.

Links sieht man noch die ehemalige Skitrasse von der Häusleralm (1872m) kommend. Dort wurde 1950 ein 1er-Sessellift gebaut und 1988 mit dem Aufschwung der Ankogelbahn abgetragen. Heute ist die Abfahrt sowohl für Schitouren- als auch Schneeschuhtourengeher explizit ausgewiesen.

Bild 27: Gipfelkreuz, rechts dahinter das Lonzaköpfl (2317m), mein ursprüngliches Ziel.

Das heb ich mir für den Herbst auf.

Die Törlköpfe wären sich wie gesagt zeitlich locker ausgegangen, aber ich fand das Blumenmeer so herrlich, dass ich es bewusst bei diesem Gipfel beließ.

Bild 28: Weil es so schön ist, nochmal Edelweiß.

Bild 29: Törlköpfe mit steilem Wiesenhang.

Nicht zu steil für Pauli, der hier weglos im Abstieg abgekürzt hat. Über das Kugelköpfl kann man auch am Wiesengrat entlang absteigen, die Felsen oben werden aber zunächst umgangen.

Bild 30: Alpen-Waldrebe (Clematis alpina).

Bild 31: Erneut Prachtnelken, nicht einzelne, sondern viele.

Bild 32: Perlmutterfalter.

Bild 33: Betonienblättrige Rapunzel (Teufelskralle, Phyteuma betonicifolium).

Bild 34: Prachtexemplar einer Spinnweb-Hauswurz an einer felsigen Rippe.

Bild 35: Kohlröschen, erneut ein individuenreicher Standort.

Bild 36: Prachtnelke, heute weiß und rosa.

Bild 37: Baum-Weißling (Aporia crataegi).

Bild 38: Bläuling.

Bild 39: Die verfallene, aber sehr idyllisch gelegene Roßkopfalm (1682m).

Bild 40: Orchidee neben der Wolligerhütte.

Die Hütte ist ein ausgezeichneter Aussichtsplatz und ich war recht früh unten, zwei Stunden später sollte erst der Zug abfahren. Daher entschied ich mich gegen meine Gewohnheit für eine Einkehr. Es gab frischen Ribiselkuchen, der wirklich köstlich war.

Ich möchte Politik auch heraushalten aus meinen Wanderberichten, aber nur soviel: Die Natur kennt keine Zäune und Markierungen. Kein Mensch kann sich aussuchen, wo und in was er hineingeboren wird. Die Gnade der Geburt hat dafür gesorgt, dass die meisten Europäer dort leben, wo der Klimawandel sich nur langsam bemerkbar macht. Wir haben ebenso das seltene Glück, dass wir Trinkwasser aus sprudelnden Bergquellen bekommen, nichts abkochen oder zentnerweise schleppen müssen. Selbst wenn wir nicht das ganze Jahr exotische Obst- und Gemüsesorten importieren würden, könnten wir wohl von der heimischen Ernte zehren. Das trotzdem viel auf den Äckern liegen bleibt, was nicht ins makellose Kundenwunschbild passt, ist eine Sauerei. Ich finde jedenfalls, man kann sehr wohl wertschätzen, was man hat, wo man lebt, ohne Menschen zu neiden oder zu erniedrigen, die nicht in dieser seit Jahrzehnten friedlichen Region zur Welt gekommen sind.

Bild 41: Der Hüttenhund schaute auch schon ganz deprimiert drein.

Bild 42: Blick ins untere Mallnitztal, die mit der Groppensteinschlucht im Mölltal endet.

Bild 43: Bergsturzgelände am breiten Waldsteig Richtung Mallnitz.

Bild 44: Uralte Hütte im Abstieg, mindestens 17. Jahrhundert.

Bild 45: Echtes Labkraut (Galium verum).

Bild 46: Talboden und Geländestufe.

Ein Bergsturz vom Auernig sowie der Gletschervorstoß vom Dösental mit Moränenmaterial hat den Mallnitzbach einst zu einem See aufgestaut, weswegen der Talboden bei Mallnitz so eben ist, ehe er in der Rabischschlucht rund 200m Höhendifferenz überwindet.

Bild 47: Schafe unter Strom.

Bild 48: Na, welche ist die coolste Schafherde im Land?

Bild 49: Die letzten Meter zum Bahnhof, dieses Mal regulär die Unterführung benutzend.

Um 16.04 gings zurück. Ein fast perfekter Ausflug.

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