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31.08.17 Schlenken (1643m) und Schmittenstein (1695m), Osterhorngruppe

Eckdaten:

  • Wegführung: Gasthof Zillreith (10.30) - Jägernase (11.50) - Schlenken (1645m, 12.30) - Schmittenstein (1695m, 13.35) - Zillhütte (15.00-15.50) - Zillreith (16.30)
  • Länge: 11,2 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 750 hm
  • Gesamtgehzeit: 4,5 Std.
  • Viecher: 3 Rehe bei der Halleiner Hütte, Kätzchen auf der Zillhütte
Der Anreisetag unseres vierköpfigen Moderatorentreffens des Gipfeltreffenforums markierte zugleich das vorläufige Ende des langen Sommers 2017. Seit dem wunderschönen Herbst 2012 hatten wir jährlich mit wechselhaftem Wetter während der Treffen zu kämpfen. Aus einer anfänglichen, verschmerzbaren Nordwestlage mit kurzem Kaltfrontdurchgang war leider ein Höhentief über Oberitalien geworden, das nur langsam ostwärts zog. Manche Wettermodelle sahen alle Tage verregnet, anfangs vergewittert. Letzendlich sind uns zwei schöne Tagestouren und zwei kurze, trockene Touren gelungen.

Den Anfang machte an meinem Geburtstag die nahe zu Salzburg gelegenen Schlenken und Schmittenstein. Nervenkitzel blieb natürlich trotzdem, denn im Tagesverlauf war eine markante Kaltfront mit vorlaufenden Gewittern angekündigt. Selbst die zurückhaltenderen Lokalmodelle zeigten ab 15.00 Lokalzeit die ersten Gewitter, die wegen der zunehmenden Höhenströmung und feuchtlabilen Luftmasse unwetterartig ausfallen konnten. Andere Modelle zeigten sogar eine markante Druckwelle mit schweren Sturmböen zwischen Salzach und Salzkammergut. Unter Zeitdruck sind Wanderungen nie schön, weswegen wir bereits hoch über Adnet bei Zillreith bzw. Halleiner Hütte starteten.

Um 10.30 MESZ zum Zeitpunkt unseres Abmarschs zogen erste Gewitter vom Bodensee über Schwaben bis Mittelfranken und zur Oberpfalz. Vom Außerfern über Augsburg bis Ingolstadt hatte Druckanstieg eingesetzt. Weiter östlich fiel der Luftdruck noch leicht.

Bild 1: Blick nach Südwesten zum Hagengebirge, im Hintergrund Hochkönig mit Mandlspitzen links.

Am Vortag stieg ich vom Hochkönig zum Arthurhaus ab, grandiose Tour war das.

Bild 2: Im Westen Hinteres Freieck und Hoher Göll.

Bild 3: St. Koloman im Vordergrund, hinten Pass Lueg, oft die Wetterscheide des Salzachtals.

Eine Grund für den ungewöhnlich starken Talauswind im unteren Salzachtal könnte ein gapflow-Effekt vom Pass Lueg sein, der hinter der Verengung beschleunigte Talauswind wird anschließend zwischen Osterhorngruppe und Berchtesgadener Alpen kanalisiert und kommt mit 10 bis 15kt in Salzburg-Flughafen an. Noch ungeklärt ist das morgendliche Geschwindigkeitsmaximum nach Sonnenuntergang, wenn der Wind nochmals zulegt. Eventuell erwärmt sich die Luft im Salzburger Becken rascher als stromaufwärts von Pass Lueg, wo sich oft eine markante Bodeninversion mit Nebel und Hochnebel ausbildet. Das verstärkt das Druckgefälle talauswärts. Vielleicht komme ich in den kommenden Herbst- und Winterwochen hinter dieses Rätsel.

Bild 4: Von der Jägernase Richtung Ochsenberg (1487m), Eibleck (1518m), Kallersberg (1401m) links, gegenüber Spielberg (1428m), Wieserhörndl (1567m) und Anzenberghöhe (1469m).

Bild 5: Im Tal Gaißau, hinten Mühlstein, Schwarzenberg, Gaisberg und Gurlspitze, alle schon von mir bestiegen.

Am Horizont ziehen zunächst vermehrt dichte hochliegende Wolken auf, sonst deutet nichts auf den kommenden raschen Wetterumschwung hin.

Bild 6: Ganz links Faistenauer Schafberg, dann Schafberg, rechts Königsbergerhorn und ganz rechts Schmittenstein.

Am Horizont mittig das Höllengebirge mit Grünalmkogel (1821m) und Großem Höllkogel (1862m), rechts schließt der Leonsberg (Zimnitz) an. Ganz rechts spitzelt was im Toten Gebirge drüber.

Bild 7: Von einer kurzen, ausgesetzten Gratrippe, die man aber rechts umgehen kann, ein Blick entlang des langen Kamms zwischen Schlenken und Schmtitenstein.

Es ist 12.00 MESZ und noch wolkenfrei in tiefen Schichten. Der Luftdruckanstieg hat nun eine Linie Karwendel - Rosenheim erreicht. Im Salzburger Land fällt der Luftdruck österreichweit am stärksten.

Bild 8: Watzmann, Hochkalter, Reiteralm und Untersberg.

Dichter Cirrostratus im Westen, ein paar dichtere Altocumulusfelder darunter. Schaut soweit harmlos aus, aber natürlich untrügliche Anzeichen für die aufziehende Kaltfront.

Bild 9: Gegenüber Almen und Trattberg (1757m), dahinter links Dachstein und rechts die östlichsten Ausläufer des Tennengebirgs. Die Niederen Tauern verschwinden im Dunst.

Bild 10: Um 12.30 MESZ vom Gipfel des Schlenken nach Westen fotografiert.

Jetzt sind über dem Hohen Göll erste flache Quellwolken entstanden. Ich schätze unsere Zeitreserve auf etwa drei Stunden, bevor wir unten sein sollten. Es werden weniger sein.

Bild 11: "Schlüsselstelle" beim Abstieg vom Schlenken ist eine links ausgesetzte Gratrippe, die abgeklettert werden muss, Schwierigkeit A/B

Bild 12: Die drei Meter Kletterstelle im Rückblick.

Bild 13: 13.00 MESZ - jetzt geht es schnell:

Über dem Flachland ziehen vermehrt tiefe Wolken auf. Etwas unerwartet, keine mächtigen Quellwolken, aus denen sich Gewitter bilden können, sondern eher Inversionsbewölkung, die die Vorderkante einer seichten Kaltluft ankündet. Die dreistündigen Druckänderungen zeigen die Druckwelle nun bis zum Untersberg und bis zum Flachgau reichend. Inneralpin weiterhin fallender Luftdruck. Der Wind dreht gleichzeitig auf Nordwest und lebt auf. Der rasche Windwechsel und die damit verbundenen Turbulenzen kosten einem verunglückten Paragleiter am Zwölferhorn wahrscheinlich das Leben.

Bild 14: Innerhalb von Minuten erhält der Schmittenstein eine Haube, im Hintergrund ziehen tiefe Altocumulusfelder durch, die klassischen Gewittervorboten.

Bild 15: Knifflige Entscheidung für mich: Gipfelversuch ja oder nein?

Ich schätze die entstehende Quellbewölkung nicht als unmittelbar gefährlich ein, weil sie flach erscheint und entscheide mich daher für den Versuch. Weit ist es ohnehin nicht mehr.

Bild 16: Rückblick auf den langen Kamm zum Schlenken, wo nun ebenfalls verwaschene tiefe Quellwolken den Gipfel verhüllen.

Dann kommt nochmal ein kurzer versicherter, aber harmloser gestufter Abschnitt sowie eine unversicherte Kletterstelle (I-) im Sattel hinterm Gipfelaufschwung. Im Sattel werden 40min für den letzten Gipfelanstieg veranschlagt, gebraucht haben wir etwa 25 min.

Bild 17: Günter kurz nach Einstellen des Selbstauslösers.

Bild 18: Gipfel-Silhouetten...

Mir wird das rasch zu unheimlich. Der Nebel versperrt inzwischen den Blick auf die umgebende Bewölkung, was mich an das fatale Gewitter in den Haller Mauern erinnert. Dazu passt auch der auffrischende Nordwind, der die Nebelschwaden in irrem Tempo aufsteigen lässt. Schleunigst steige ich wieder ab, um zumindest unter die Wolkengrenze zu kommen und die Wetterentwicklung besser einschätzen zu können.

Bild 19: Lebhafter Nordwind und Nebel bei der Querung unterhalb der Felswand.

Es ist 14.00 MESZ, im Wetterradar sehe ich erste schwache Echos südwestlich von uns, der Luftdruck steigt im Flachgau stark an und fällt im Pinzgau weiterhin stark, was die treibende Kraft des stark auffrischenden Nordwinds ist.

Bild 20: Die versicherte, aber bei trockenen Verhältnissen harmlose Kletterstelle im Abstieg.

Bild 21: Dann folgt eine lange Querung zur Zillhütte unterhalb des Schlenkens.

Durchaus vorteilhaft, da der Blick immer gen Westen geht, von wo das Schlechtwetter heranzieht.

Bild 22: Wolfgang mit Schmittenstein im Hintergrund.

Bild 23: Franzensenzian und Fetthennen-Steinbrech.

Bild 24: Sonne und Schatten.

Bild 25: Schwarzerberg noch heraußen, Tennengebirge dagegen vollständig eingehüllt.

Bild 26: Rauher Kranzenzian, neben Schwalbenwurzenzian die dritte gesichtete Enzianart.

Bild 27: Pass Lueg wieder als Wetterscheide, im Pongau noch sonnig, im Tennengau hingegen stark bewölkt.

Es ist 15.00, in der Ferne donnert es und zudem fallen erste Regentropfen. Von Berchtesgaden her zieht ein dunkelrotes Echo nordostwärts. Erfahrungsgemäß können diese bei Verstärkung auch deutlich ostwärts ausscheren. Bis zum Parkplatz sind es noch gute 40min, das könnte knapp werden. Also kurze Einkehr auf der Zillhütte, während zeitweise stürmischer Nordwind bei der Hütte vorbeifegt. In der Einkehrstunde steigt der Luftdruck entlang des Salzachtals am stärksten, die Gewitter verlagern sich jedoch rasch nordostwärts, sodass außer tiefer Bewölkung und Wind nichts mehr an Ungemach übrig bleibt. Grünes Licht also für die letzten Kilometer zurück.

Vom Salzkammergut ostwärts werden später bis ins Mariazellerland schwere Hagelgewitter niedergehen. Die vorhergesagte Druckwelle ist zwar eingetroffen, doch ohne Gewitter und viel schwächer als befürchtet. Die nächsten Schauer sind deutlich weiter im Westen, im Pinzgau wird es bis nach Mitternacht noch trocken bleiben.

Bild 28: Berichtskatze auf der Zillhütte.

Bild 29: Kitz höchstens 200 Meter von der Halleiner Hütte entfernt, die Eltern sind schon in den Wald geflüchtet, als mir der Objektivdeckel hörbar heruntergefallen ist.

Bild 30: Um halb fünf in Zillreith, Wolkenuntergrenze bei rund 1200m.

Bild 31: Untersberg und Gaisberg sind ebenso in Wolken gehüllt.

Darüber kompakter Altostratus, jedoch bereits "ausschichtende Bewölkung" des abziehenden Gewittersystems.

Im sichtbaren Satellitenbild von 15.00 sieht man schön, wie die tiefe Bewölkung mit dem auffrischendem Nordwestwind weit nach Osten und Südosten ausgreift und beim Pass Lueg nicht weiter vorankommt. Weiterhin sonnig dagegen noch im Unterinntal bis Pinzgau.

Zum Zeitpunkt des vorzeitigen Wintereinbruchs im Mariazellerland (dichter Hagelschlag).

© www.inntranetz.at