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29.10.16 Brucker Hochanger (1307m) ab Weitental, Gleinalpe

Eckdaten:

  • Wegführung: Parkplatz Weitental - Rabenwand - Zöttelsteig - Hochanger (1307m) - Zehnersteig - Schweizeben - Susannasteig - Parkplatz
  • Länge: 14 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 850 hm
  • Gehzeit: ca. 4,5 Std.

Die Wanderung mit Klaus und Wolfgang auf den Brucker Hochanger war nicht nur kurzweilig von der Umgebung, sondern auch meteorologisch reizvoll, darum im Anschluss an die Bilder eine kleine Wetterrückschau. Ursprünglich war der Kreuzschober geplant, aber weil aus dem ehemals stabilem Hochdruckeinfluss über den Alpen eine schleifende Kaltfront wurde, die in der Nacht den Alpenostrand und die Voralpen mit Regen überzog, disponierten wir noch auf der Hinfahrt um und nahmen das Alternativziel Hochanger weiter südlich. Die tiefen Wolken waren recht flach, man sah den blauen Himmel drüberblitzen, dennoch waren alle Gipfel nördlich der Mur-Mürz-Furche in Wolken gehüllt, zudem nieselte es dort teilweise stark.

Bild 1: Am Parkplatz am Beginn des Weitentals durchbrochene Wolken mit ersten Sonnenstrahlen.

Am Parkplatz machten sich zahlreiche Wanderer mit uns auf dem Weg, die sich aber irgendwie sehr gut verteilten, denn bis auf zwei Mountainbiker im oberen Teil waren wir am Aufstieg alleine.

Bild 2: Allee im hinteren Weitental

Bild 3: Ein Pilz, der mitten aus den Felsen zu wachsen scheint.

Bild 4: Schwammerlspieße

Bild 5: Hölzerne, schon etwas morsche Versicherungen bei der Umgehung der Rabenwand.

Bild 6: Wolfgang folgt.

Bild 7: Beliebtes Spiel: Sich gegenseitig fotografieren.

Bild 8: Spektakuläres Gelände in einer unspektakulären Wandergegend.

Bild 9: Nach mehreren längeren Querungen öffnet sich ein erster Blick ins Murtal.

Im Hintergrund der Kletschachkogel (1457m), davor Penggen und Lammerkogel.

Bild 10: Ganz rechts vorne das Madereck (1050m)

Bild 11: Gegen 13.00 erreichen wir das geräumige Gipfelplateau mit dem Schutzhaus bei lebhaftem Nordwestwind.

Am westlichen Nachbargipfel, der Muger und dem Rosseck, begann es gerade einzunebeln und zu nieseln.

Bild 12: Sonnenlicht fällt hingegen aufs Rennfeld (1629m) gegenüber.

Bild 13: "Südlich von Mur und Mürz sollte es trocken bleiben" hieß es.

Zu diesem Zeitpunkt (13.15 MESZ) stimmte es nur für die Gebiete südlich des Schöckls, dort war es nämlich wolkenlos. Warum es trotzdem so weit südlich schauerte, dazu später mehr.

Bild 14: Gegenüber eine teils namenlose Hügelkette, die sich vom Wetterkogel über Zlattenberg bis Predigtstuhl zieht.

Weiter links Schiffall und Kreuzkogel.

Bild 15: Röthelstein gegenüber, wo ich ein Jahr vorher Steinböcke in nähester Entfernung erlebte.

Bild 16: Origineller Wegweiser.

Danach kehrten wir im Schutzhaus ein. Das Hirschgulasch war leider schon aus, aber die Portionen waren auch sonst gewaltig und recht günstig dafür.

Gegen 15.00 traten wir den Abstieg an, nicht ohne nochmal beim Gipfelkreuz vorbeizuschauen. Der Nordwestwind wehte weiterhin kräftig, aber der Himmel war deutlich aufgelockerter als vorher.

Bild 17: Schöckl gegenüber.

Bild 18: Auch der südliche Hochschwab schaut kurz heraus, hier mit der Fölzalm im V-Einschnitt.

Bild 19: Flache Schauerbewölkung, nun schon harmlos.

Bild 20: Lärchenbunt.

Bild 21: Ameisenbaustelle - Betreten verboten!

Eigentlich wollten wir den 530er nach Schweizeben nehmen, erwischten aber den Zehnersteig etwas links davon, der in einem Verbindungsweg zwischen 02er und 530 einmündet, dann aber wieder zum 530er führt, der interessanterweise nicht markiert war.

Bild 22: Blick auf Bruck an der Mur im Sonnenlicht.

Bild 23: Karnerberg (1141m) gegenüber

Bild 24: Hochlantsch, Rote Wand und Röthelstein.

Bild 25: Windig, aber immer milder beim Abstieg.

Bild 26: Schweizeben, ein idyllisches Platzerl

Bild 27: Föhnwolken (Altocumulus lenticularis), links im Sonnenlicht irisierend (Regenbogenfarben) bestätigen, warum es milder wurde.

Bild 28: Evtl. Rapunzel-Glockenblume

Bild 29: Riesenpletschen.

Bild 30: Filigran abgeschliffene Wolken, dazu breite Kondensstreifen.

Kondensstreifen breiten sich in feuchter Luft aus und halten sich längere Zeit, in trockener Luft verschwinden sie rasch. Die Föhnluft befindet sich jedoch weit unter dem Niveau, in dem die Kondensstreifen gebildet werden.

Bild 31: Da geht einem Meteorologen das Herz auf: Perlmutterfarben und föhnig abgeschliffen durch die Schwerewellenbildung.

Bild 32: Wachhund und Greifvogel.

Bild 33: Holzschnitzkunst.

Fazit: Für diesen Teil der Gleinalpe überraschend wenig Forstweganteil, stattdessen lange Abschnitte auf teils schmalen, aber gut begehbaren Steigen, besonders reizvoll der kurze versicherte Abschnitt unterhalb der Rabenwand. Auch im Abstieg schön zu gehen und die vielen Autofahrer haben sich anscheinend gut verteilt an dem Tag.

Wetterlage:

Die Kaltfront hat sich in der Nacht auf den Wandertag an die Alpen gelegt, in Nordwest-Südost-Ausrichtung, der Wind kam ebenfalls aus Nordwest. Wenn Front und Strömung parallel verlaufen, kommt die Front kaum voran, sie kann sich dadurch aber auch nicht intensivieren. Die spannende Frage war, wie weit die Front auf die Alpensüdseite übergreifen würde. Der Nordwestwind in der Höhe sollte im Tagesverlauf stärker werden, am Klosterwappen wurde am Nachmittag 140er Böen gemessen, im Steirischen Hügelland blieb es meist bei 50-70 km/h.

Bild 34: Vertikalprofil von Temperatur und Taupunkt in Wien, 14.00 MESZ

Die Wolkenschicht war recht flach, reichte von etwa 1000m Untergrenze bis rund 2000m Obergrenze. Erst in rund 5000m zogen noch ein paar lockere Wolken durch. Das Bild ist einigermaßen repräsentativ auch für die westwärts gelegenen Alpenregionen. Höchstens 3 km hohe Schauerwolken, wobei sich der Großteil des Feuchtegehalts unter 2000 m befindet, also unterhalb der meisten Gipfellagen. Das hat Auswirkungen auf die Blockade durch die Gebirgszüge.

Bild 35: Sichtbares Satellitenbild von 10.00 MESZ:

Kurz vor dem Weggehen am Parkplatz hält sich eine recht kompakte Wolkendecke relativ exakt bis zur Mur-Mürzfurche. Erste Leewellen sind bereits über dem Wechsel und Joglland erkennbar. Wolkenlos dagegen südlich von Gleinalpe und Fischbacher Alpen.

Bild 36: 13.30 MESZ - Zeitpunkt der Schauerwolken

Über Salzburg und Kärnten ist es eindeutig: Die Hohen Tauern blockieren mit ihren über 3000 m Kammhöhe die (zu) tiefe Wolkendecke. In Kärnten ist es fast komplett wolkenlos, nur von den Nockbergen bis zu den Karnischen Alpen haben sich typische Leewolken gebildet, die stundenlang ortsfest bleiben können. Sie entstehen durch den aufsteigenden Ast der Leewelle. Die Wellenlänge ist dabei sehr flach, deswegen reichen die Aufwärtsbewegungen nicht aus, um die Wolken mächtig in die Vertikale wachsen zu lassen. Es handelt sich im hochliegende Leewolken.

Anders dagegen in den Niederen Tauern, hier reichen jeweils bis zu den Endpunkten mit den weißen Kreisen Schauerbänder bis weit auf die Alpensüdseite. Knapp nordöstlich von Graz etwa der Schauer am Schöckl, etwas weiter im Osten auch einer über dem Joglland, sowie Schauerwolken über der Gleinalpe und über den Seetaler Alpen.

Bild 36: 15.00 MESZ - Zeitpunkt der sonnigen Auflockerungen und Nordföhn

Am Nachmittag hat sich die tiefe Wolkendecke deutlich in den Norden verzogen. Zwar reichen die "Schauerfahnen" weiterhin bis weit in den Süden, sind jedoch deutlich durchbrochener.

Bild 37: Gleicher Zeitpunkt, die Lufttemperaturen in 2 m Höhe:

Die 16 Grad markieren Bruck an der Mur (480m), die 3°C wurden auf der Rax (1550m) gemessen, die 4°C am Feuerkogel (1620m) und die +5°C in Obertauern (1770m). Wenn der Föhn bis zum Boden durchkommt, wird die Luft trockenadiabatisch mit 1°C Erwärmung pro 100 m herabgemischt. Man kann sich daher ausrechnen, aus welcher Höhe die Föhnluft in Bruck an der Mur kommt. Die Rax ist noch zu niedrig, der Feuerkogel passt besser und Obertauern ist bereits zu warm, also kommt die Luft aus rund 1700m Höhe, wahrscheinlich von St. Katharein her vom Hochschwab herab. Der ist etwas höher, aber dort hielt sich auch feuchte Luft mit Niederschlag, der durch Verdunstungskälte die Föhnluft etwas abkühlt.

Bild 38: Gleicher Zeitpunkt, die relative Luftfeuchte.

Im Mur- und Mürztal unter 60 %, ebenso im Lungau sowie generell in Kärnten und in der südlichen Steiermark. Dort machte sich föhniger Nordwind bemerkbar. Recht einheitlich feucht dagegen vom Salzkammergut bis zum Schneeberg im Nordweststau.

Erst mit dem Verstärken der Nordwestströmung konnte der Föhn durchgreifen, vorher zogen die Schauerwolken bis weit auf die Alpensüdseite. Dieser Ablauf ist ganz typisch für diese Region. Erst größere oder vermehrte Quellwolken durch die nordwestliche Anströmung, dann mit Föhndurchbruch rasche Auflockerungen innerhalb kurzer Zeit. Bisweilen kann die feuchte Schauerluft sogar förderlich für den Föhndurchbruch sein, weil sie durch Verdunstung der Umgebungsluft Wärme entzieht und sie dadurch abkühlt. Kalte Luft macht sich lieber auf den Weg ins Tal als warme Luft und so ist der Föhndurchbruch begünstigt. Viele Nordföhnereignisse im Oberinntal finden gemeinsam mit Niederschlag und kräftigen Böen statt.

Bleibt zu klären, warum die Schauerwolken über die Niederen Tauern so weit nach Südosten ausgreifen können und warum es gerade am Schöckl noch zu einem Schauer gereicht hat.

Bild 40: Reliefkarte von maps-for-free.com

Die blaue Linie zeigt den Verlauf des Alpenhauptkamms. Westlich der weißen Linie sind die Berge über 2500 m hoch, also etwa die Höhe, bis zu der die Wolkenschicht reichte. Blau eingezeichnet weiter östlich jeweils die Kammverläufe der Gebirgszüge.

Hier sieht man relativ deutlich, warum bei Nordwestströmung die Niederen Tauern kein signifikantes Hindernis für Schauerwolken darstellen:

Während die Hohen Tauern eine durchgänge Barriere ohne niedrige Alpenpässe darstellen, sind die Niederen Tauern sowie die Eisenerzer Alpen bis zum Schneeberg zerfurchtet. Insbesondere bildet das Liesing- und Paltental mit dem Schoberpass eine in Windrichtung liegende Lücke im Gebirge, entlang derer die Schauer ungehindert ins Murtal ziehen können. Das obere Murtal ist etwas besser geschützt, aber auch dort zieht etwa der Bogen in Verlängerung von den Seetaler Alpen über die Wölzer Tauern parallel bis auf die Alpennordseite. Entscheidend ist also, dass die Gebirgszüge der Niederen Tauern großteils Nordwest-Südost ausgerichtet sind und für die Strömung kein Hindernis darstellen. Das zieht sich mehr oder weniger bis zum Mariazellerland-Schneebergland durch. Unter Abschwächung setzt es sich auch vom Wechsel über die Bucklige Welt bis zum Günser Gebirge und Rosaliengebirge fort, weshalb es selbst dort bei Nordwestlage zu Schauern oder Gewittern kommen kann.

Das obere Mürztal (A) verläuft genau quer zur Strömung, sodass die Strömung nur kurz absteigt und daraufhin am Randgebirge östlich der Mur wieder aufsteigt (C), deswegen sind übergreifende Schauer bis Rennfeld-Stuhleck-Teichalm begünstigt. Hohe Rannach und Schöckl bilden mit Gösser und Patschaberg die letzte querverlaufende Barriere (C) vor dem Grazer Becken. Auch hier wird bei Nordwestanströmung die Luft noch einmal gehoben und kann zu Schauerwolken auskondensieren. Das gleiche gilt für die Gleinalpe (C), die quer zum Nordwestwind steht. Das Aichfeld (B) ist dagegen etwas geschützter, weil breiteres Becken, wo die Luft leichter absinken kann. Vom Übergreifen gänzlich unberührt blieben Unterkärnten und die südliche Steiermark (D), zu weit weg von den Gebirgszügen, denn weiter also 20-30 km reicht ein Föhnwind selten ins Flachland [München hat daher nie Föhn].

Je nachdem, wie hochreichend die Schauerwolken sind und ob der Niederschlag durchwegs als Schnee fällt (welcher leichter verweht werden kann), reichen die Schauerwolken manchmal bis ins Südburgenland runter. Das bringt dann mitunter weiße Überraschungen. Sonst konzentriert sich das Übergreifen aus den genannten Gründen vor allem auf Gleinalpe, Fischbacher Alpen, Wechsel-Joglland sowie noch Packalpe und Seetaler Alpen.

Kartenquellen - Permalinks von Kachelmann

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