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07.-08.08.16 Dr. Vogelgesangklamm und Pleschberg (1720m), Haller Mauern

Eckdaten:

  • Wegführung: Tag 1: Spital am Pyhrn Bf. - Dr. Vogelgesangklamm - Rohrauerhaus - Gsig - Rohrauerhaus; Tag 2: Rohrauerhaus (8.00) - Abbruch Aufstieg Scheiblingstein (9.00) - Pleschberg (11.00-11.45) - Ardningbach - Ardning Bf. (14.55)
  • Länge: 28,5 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 1700 hm

Diese Unternehmung fällt in die Kategorie Lehrgeld gezahlt oder in die irrige Annahme: "Solche Missgeschicke passieren immer nur den anderen!" Ich hatte eine Übernachtung im Rohrauerhaus reserviert, um am Anreisetag auf den Pleschberg zu gehen, einem schönen Aussichtsgipfel, auf dem ich im Vorjahr bei dichtem Nebel stand, und am zweiten Tag über den Hofersteig auf den Großen Pyhrgas zu gehen. Doch es sollte ganz anders kommen und ich konnte froh sein, dass ich Vernunft walten ließ und wenigstens den Pleschberg noch als Gipfelerfolg feiern konnte.

Bild 1: Zu Beginn des Klammbachs.

Im Vorjahr durchwanderten wir die Klamm bei strömenden Regen. Fotografieren war kaum möglich und die Holzsteganlage war eher unangenehm glitschig.

Bild 2: Der Beginn der Dr. Vogelgesangklamm.

Bild 3: Der Andrang hielt sich für einen Sonntag in Grenzen.

Bild 4: Entlang einer engen Schlucht.

Richtig trocken sind die Holzbretter an manchen Stellen nie. Ohne die gesetzten Leisten wäre es ziemlich rutschig. Konzentriertes Gehen war also immer gefragt.

Bild 5: Lichteinfall

Bild 6: Schattenspiele

Bild 7: Ausstieg der Klamm mit bizarrer Wurzelumklammerung

Bild 8: Bunter Hohlzahn (Galeopsis speciosa)

Bild 9: (E. angustifolium (Schmalblättriges Weidenröschen))

Bild 10: Blick auf den Großen Pyhrgas und die Südostflanke, durch die der Hofersteig führt.

Bild 11: Wo ist mein Abendessen, Erdling?!

Bild 12: Scheiblingstein

Zeitweise ziehen dichtere Wolken durch, die sich vor die Sonne schieben. Es bleibt trocken, aber dazu weht ein kühler Wind. Ich erschrecke erstmal, als ich sehe, wie weit es vom Pyhrgasgatterl bis zum Pleschberg ist. Das war uns damals im Nebel gar nicht bewusst. Der Weg wird aber durchwegs über Forstwege zurückgelegt und es ist nicht so weit wie es aussieht. Die Zeit reicht aus, ich möchte nicht zu spät bei der Hütte zurück sein, damit ich rechtzeitig Abendessen kann. Kurz nach der mit dem Flurnamen Gsig bezeichneten großen Kreuzung schwindet allerdings meine Lust, zudem zerrt der schwere Rucksack an meinen Nerven (wortwörtlich), es zwickt in den Beinen und ich beschließe es für heute gut sein zu lassen.

Dann blicke ich auf meinen rechten Schuh und denke mir, was soll das jetzt? Die Sohle vorne steht deutlich ab, sie beginnt sich vom Schuh abzulösen. Scheiße, denke ich mir. Flickzeug hab ich nicht mit. Ich dachte, das passiert erst nach Jahren. Aber wenn ichs genauer bedenke, hab ich die Schuh jetzt seit etwa vier Jahren und bin damit über 150 000 hm und rund 2200 km gehatscht. Das Paar davor hielt zwar viel länger, aber wurde auch deutlich seltener benutzt.

Bei der Hütte bekomme ich Schnellkleber und Klebeband in die Hand gedrückt. Das Klebeband schau ich nur fragend an, denn um die Sohle festzukleben, würde ich das ganze Profil abdecken und wie soll ich dann auftreten, ohne auszurutschen? Vorläufig scheint der Kleber mal zu halten. Den restlichen Nachmittag lese ich ein wenig, während die Tagesgäste immer weniger werden. Wäre nicht kurz vor Sonnenuntergang noch ein Paar heraufgekommen, hätte ich die Nacht alleine auf der Hütte verbracht. Die ungarische Bewirtung ist gut, der redselige kleine Sohn spricht fließend oberösterreichischen Dialekt in großem Wortschatz, wechselt aber blitzschnell ins Ungarische, wenn die Mutter mit ihm schimpft. Herrlich anzuhören, Kabarett vom Feinsten am Abend.

Bild 13: Lavendel (Lavandula angustifolia)

Nach einer erholsamen Nacht, in der ich mein Buch dank Funkloch völlig ausgelesen habe, breche ich nach dem Frühstück auf. Sohlenbedingt hatte ich den Hofersteig verworfen und beschloss, auf den technisch einfacheren Scheiblingstein zu gehen. Hier konnte ich jederzeit abbrechen und musste nicht durch übermäßig steiles Gelände zurück. Ich traute nämlich den Sohlen nicht mehr über den Weg und wollte nicht in eine prekäre Lage beim Abstieg geraten.

Bei der Abzweigung nach dem Pyhrgasgatterl entschied ich mich also Richtung Scheiblingstein. Der Steig ist anfangs etwas verwachsen und von den Regenfällen der vergangenen Monate recht durchfeuchtet. Dann läuft er entgegen der Kompasskarte entlang eines Forstwegs und dort, wo er unmarkiert als Steig gepunktet ist, läuft die eigentliche Markierung. Entweder wurde er wegen eines Schlags verlegt oder zusätzlich markiert.

Bild 14: Scheiblingstein, scheinbar unbezwingbar aus dieser Perspektive

Bild 15: Gesäuse-Traumblick

Links Hochtor und Großer Ödstein, rechts Admonter Reichenstein, Sparafeld, Kalbling und Kreuzkogel, aus dem Nebel ragt der felsige Dörfelstein (1075m).

Bild 16: Zwischen Ödstein und Reichenstein Zeiritzkampel, Lahnerleitenspitze und Leobner

Bild 17: Blick hinüber zum Pleschberg

Ein recht massiver Berg mit durchaus steilen Flanken und tief eingeschnittenen Gräben, bestiegen wird er über den breiten Nordkamm.

Ich hatte also einen echten Traumtag erwischt. Perfektes Bergwetter. Bei der Vereinigung des in der Karte unmarkierten Steigs mit dem markierten, aber nicht vorhandenen Aufstiegsweg schaue ich nochmal prüfend auf die Sohlen. Und das war's dann. Der Kleber hält nicht. Durch die nassen Stellen lief wieder Wasser in die Ritzen und die Sohle beginnt sich erneut zu lösen. Den Scheiblingstein konnte ich auch vergessen. Nach ein bisschen Flucherei entschied ich mich dann, zumindest den Pleschberg zu versuchen. Ich konnte notfalls gefahrlos über die Forstwegsysteme absteigen. Und absteigen musste ich sowieso noch bis zum nächsten Bahnhof.

Bild 18: Niedere Tauern

Zwischen Pleschberg und Karleck hindurch: Markante Gipfel sind Hochgrössen (2115m), Hochstein (2183m), Mölbegg (2080m), sowie in der Ferne Großer Knallstein (2599m) und Gumpeneck (2226m)

Bild 19: Scheiblingstein und Kreuzmauer

Bild 20: Gesäuse-Eingang

Bild 21: Pyhrgas, Scheiblingstein und Kreuzmauer

Der Aufstiegsweg führt durch Unmengen an Heidelbeersträuchern, aber auch viele Himbeeren, an den Forstwegen wachsen zudem Walderdbeeren. Für das leibliche Wohl wurde gesorgt. Abgesehen eines Bergläufers, der mir beim Aufstieg entgegenkam, sowie drei älterer Einheimischer, die am Beeren sammeln waren, ist mir den restlichen Tag sonst niemand begegnet. Nur einmal sah ich noch eine Schwammerlsucherin im Wald herumstreifen.

Bild 22: Dachstein, Hochtausing, Bosruck und Warscheneck

Bild 23: Ostalpen-Enzian

Bild 24: Ennstaler Alpen

Im Hintergrund links Fadenkamp und Hochstadl, dann Kleiner und Großer Buchstein, dann Hochblaser am westlichsten Ende des Hochschwabs,
daran anschließend Sonnstein und Griesmauerkogel (Hochschwab), rechts vom Ödstein schaut noch das Gößeck hervor.

Bild 25: Nochmal Ostalpen-Enzian, der dem Tüpfelenzian täuschend ähnlich sieht.

Bild 26: Unweit vom höchsten Punkt, die Sohle hat gehalten und ich darf die maximale Fernsicht genießen.

Von den Niederen über die Hohen Tauern und den Dachstein bis zum Tennengebirge.

Bild 27: Dachsteingebirge, rechts hinten einzelne Gipfel im Tennengebirge (84 km entfernt)

Bild 28: Und doch etwas unerwartet, aber doch eindeutig in dieser Sichtlinie: der Großglockner in 142 km Entfernung!

Rechts im Vordergrund der Grimming, dahinter der Kammspitz. Links dahinter das Große Wiesbachhorn (3564m, 133 km). Ganz links ebenso unverkennbar der Hocharn (3254m, 125 km),
und am linken Bildrand der Faulkogel (2654m, 89 km).

Bild 29: Auch im Süden gibt es einen unerwarteten Durchgucker: die Seetaler Alpen!

Zwischen Triebener Tauern links und Rottenmanner Tauern rechts ist der Zirbitzkogel (2396m, 62 km) sichtbar. Weiter links auch die Seckauer Tauern.

Bild 30: Nach Osten hin.

Bild 31: Rückblick zum Gipfelkreuz mit Glocknerblick

Weiter links ragen Hochwildstelle und Höchststein aus den Schladminger Tauern.

Bild 32: Zwischen Admonter Warte und Kleinen Buchstein nochmal zum Kräuterin-Stock:

Bild 33: Links vom Fadenkamp schauen ein paar Gipfel im Dunst herüber:

Auch hier folgt zuhause das Aha-Erlebnis: Der runde Gipfel links ist der Große Zellerhut, der breite rechts der Göller (84 km), und weiter rechts noch Gippel (91 km) und Schnalzstein.

Bild 34: Nach Norden zu schaut knapp der Kleine Priel hervor, in Bildmitte Krems- und Falkenmauer, rechts das langgezogene Sengsengebirge.

Bild 35: Hummel auf Hain-Greiskraut (Senecio ovatus)

Bild 36: Rötlicher Gallentrichter (Tremiscus helvelloides), roh essbar

Auch beim Abstieg hält die Sohle - noch, und ich überlege, ob ich nach Spital am Pyhrn absteigen soll. Das hätte den Vorteil, auf viele Menschen zu treffen, aber auch den Nachteil, auf viele Menschen zu treffen. Bergab auf Forstwegen sollte die Sohle halten, denke ich, und entscheide mich nach all dem Ärger für die einsame Variante: Zunächst über Forstwege, dann ein kurzes Stück steiler hinab zum Ardningbach. Der darauffolgende Forstweghatscher zieht sich, aber ist wie erwartet einsam.

Bild 37: Bosruck und das tief eingeschnittene Ardningbachtal.

Bild 38: Schwalbenwurzenzian

Bild 39: Kurz vor der Abzweigung am Forstweg in den Hang.

Das steile Stück verläuft im Zickzack entlang des Wiesenhangs und ist etwas zugewachsen. Zwischendurch kommen schöne Waldpassagen.

Bild 40: Dabei entdecke ich auch einen Wimpernerdstern:

Bild 41: Und Anis-Zähling (Lentinellus cochleatus)

Bild 42: Wahrscheinlich Knopfstieliger Rübling, Gymnopus confluens

Im unteren Bereich führt der Steig neben dem Bach weiter, teils unangenehm mit Unterholz und abschüssiger Böschung. Weiterhin gut, wenn auch verblasst markiert und offensichtlich kaum begangen. Nach einer Bachüberquerung am Ende habe ich den Forstweg erreicht und kann die Stecken wegpacken. Trotz eintönigem Forstweg ist es nicht fad, denn es befinden sich reichlich Wasserfälle am Weg, teils sieht man frische Rutschungen, kleinere Felsstürze und vor allem Kreuzspinnen. Streckenweise ein regelrechtes Meer an Spinnennetzen, die sich gelegentlich quer über den Weg spannen. Habe ich schon erzählt, dass ich Spinnenphob...? Egal.

Bild 43: Aus ausreichender Distanz fotografiert:

Bild 44: Der Fressfeind lauert im Verborgenen, Wald-Engelwurz (Angelica sylvestris)

Bild 45: Die Beute wird verpuppt:

Bild 46: Eine der künstlichen Wasserstufen

Bild 47: Drüsiges Springkraut

Bild 48: In Ardning angekommen werden auch Wanderer geblitzt:

Bild 49: Könnte ein Blutweiderich sein

Bild 50: Ardning

Immerhin 18 km legte ich noch mit den hinichen Schuhen zurück, dann gings mit zweifachem Schienenersatzverkehr über Selzthal und Spital und Linz zurück nach Wien. Glück im Unglück ging sich noch ein aussichtsreicher Gipfel aus. Und wenns mit dem Bergsteigen nicht richtig klappt, habe ich noch meine neu entdeckte Liebe zur Botanik. Erst in Wien folgte der zweite Schock, wenn ich es richtig verstehe, ist nicht nur die Sohle, sondern auch die Zwischensohle bzw. Brandsohle hinüber und muss ausgetauscht werden. Zum Glück hab ich noch ein alternatives Paar, wenngleich es nicht ganz wasserdicht ist und ich den Untergrund stärker spüre als bei den Lederschuhen. Der Preis rechtfertigt eine Reparatur gerade noch so.

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