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07.05.2016 - Bodenwies (1540m) ab Niglalm (823m), OÖ Voralpen ("Weyer'sche Bögen")

Eckdaten:

  • Wegführung: Parkplatz Niglalm (9.30) - Bodenwies (12.00-12.40) - Schüttbaueralm (14.00-15.00) - Forstwege - Parkplatz (16.25)
  • Höhenmeter: 800 hm
  • Kilometer: 13 km
  • Gehzeit Gesamt (inkl. Fotografierpausen): ca. 4,5 Std
  • Viecher: 1 Eichkatzln, 1 plattgedrückter Frosch

Um dem zunehmenden Schauerrisiko zu entkommen, entschieden sich Wolfgang und ich für die OÖ Voralpen. Die Rechnung ging nur mäßig auf, aber wir hatten nochmal das Glück des Umsichtigen.

Bild 1: Beim Aufstieg vom Parkplatz zeigt sich der Himmel nach Norden zu noch nahezu ungetrübt.

Bild 2: Vermutlich Frühlingsenzian

Bild 3: Bei der ersten größeren Lichtung zeigen sich Almmauer (1764m) und ein Teil des Buttensteigs zum Tamischbachturms (2035m), links Hochkogel (2105m) und Kaiserschild (2084m)

Aufnahme stammt von 10.00 Lokalzeit und bereits einiges an Quellungen über den Eisenerzer und Ennstaler Alpen!

Bild 4: Gute Tarnung ... oh wait!

Bild 5: Tieflimauer, Kleiner Buchstein und Großer Buchstein

Bild 6: Auf dem Kamm öffnet sich ein prächtiges Panorama in alle Richtungen

Hier nach Westen zum Toten Gebirge, mit Warscheneck links und Großem & Kleinem Priel rechts, ganz rechts Großer Größtenberg und Hoher Nock.

Bild 7: Über den durch Kyrill (18.1.07) und Emma (1.3.08) geschredderten Westhang sieht man in die Haller Mauern, Großer Pyhrgas ganz rechts.

Bild 8: Im stabileren Nordwesten ist die Sicht besser.

Gegenüber Hochzöbel (1373m), dann folgt der lange Nord-Süd-Kamm (entgegen der gewöhnlichen Ausrichtung in den Nordalpen) über Almkogel bis zum Burgspitz (1429m) ganz hinten.

Bild 9: Über die Gipfelwächte hinweg gegenüber Ötscher und Dürrenstein, rechts Voralpe, Gamsstein und Hochschwab.

Im Vordergrund links Kühberg, vorne Hochbrand (vor 10 Jahren noch bewaldeter Gipfel) und links der erste längere Rücken wird Hegerberg genannt.

Bild 10: Zwischen Hochanger (rechts) und Großem Pyhrgas (links) werden die Schladminger und Radstädter Tauern in rund 100 km Entfernung sichtbar.

Weniger Dunst vorausgesetzt müsste man das Mosermandl (2680m) gut erkennen.

Bild 11: Im Norden der vom Kahlschlag gezeichnete Hühnerkogel (1474m) und Ennsberg (1373m) links und der lange Hammergraben.

Bild 12: Im Süden das Große Maiereck (1764m), das sich vor die Gesäusegipfel schiebt.

Admonter Reichenstein (2251m), Sparafeld (2247m) und Kalbling (2196m) direkt dahinter, weiter rechts noch Riffel (2106m) und Kreuzkogel (2011m)

Bild 13: Die zunehmende Quellbewölkung mahnt zum Abstieg.

Bild 14: Der aufmerksame Blick nach Süden zeigt wieso:

Richtung Eisenerzer Alpen werden die Quelungen mächtiger, mit ersten Vereisungen. Davon noch unberührt im Vordergrund Almmauer, Tamischbachturm und der formschöne Lugauer.

Bild 15: Noch beim Abstieg, im Vordergrund der kahlgeschorene Hochbrand.

Im Hintergrund Stumpfmauer und Tanzboden, rechts Gamsstein. Über den Gipfeln die erste vollentwickelte Gewitterwolke mit Amboss (13.00 Lokalzeit).

Bild 16: Primula clusiana

Wir sind am Fuß der steilen Bodenwies-Ostwand angekommen.

Bild 17: Auch über uns werden die Haufenwolken mächtiger. Sie wachsen nun stärker vertikal als horizontal. Ein Warnsignal.

Bild 18: Schüttbaueralm. Hier kehren wir gut eine Stunde bei ordentlichen Portionen ein.

Der Knödelteller sah ebenso schmackhaft aus wie meine riesige Gulaschsuppe geschmeckt hat. Am Nachbartisch hat sich eine Frau ein belegtes Brot bestellt, das so unter dem Belag verdeckt wurde, dass ein Wanderer nebenan bemerkte "Was hast Du bestellt? Ein belegtes Brot ohne Brot?"

Bild 19: Gegenüber Tieflimauer, Kleiner und Großer Buchstein im Schatten, das schneebedeckte Hochzinödl im grellen Sonnenschein über Stunden hinweg.

Bild 20: Dem Hund schmeckt sein Knochen ...bis er unsere Jause entdeckt.

Bild 21: Gewitterwolke in der Entstehung (kurz vor 15.00 Uhr).

In den vergangenen Jahren habe ich mich oft über andere Wanderer gewundert bzw. war regelrecht schockiert, wie diese mit drohenden Gewittergefahren umgegangen sind. Das reichte von "och, so ein kleiner Schauer macht ja nichts" über "ich schlag mein Zelt auf, weil ich schasaugert bin" (weil es bereits blitzte und sich einer mit Zelt aufmachte, draußen zu übernachten statt in der Schutzhütte) bis hin zu "interessiert mich nicht, ob ich an einem langen, exponierten Kamm ohne Unterstellmöglichkeit mit Gewittern zu rechnen habe" oder sogar noch in Richtung des blitzreichen Gewitters zum Gipfel aufzusteigen (!) wie am Schneeberg am 18. August 2011.

Dieses Mal schnappte ich Gesprächsfetzen von vier jungen Wanderern (zwei Pärchen) auf, als einer mit Blick auf die Gewitterwolke meinte, es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis es donnert. Und dass sie schnell ins Tal sollten und wie lange man wohl braucht, bis man am Forstweg (auch unser Rückweg) bis zum Parkplatz gewandert ist. Sie wurden sichtlich unruhig, und auch Wolfgang und ich brachen kurz darauf auf.

Bild 22: Ein Blick etwas von der Almhütte entfernt verstärkt die Unruhe.

Nach Nordwesten zu frische hochreichende Quellungen, nach Süden zu der abgewehte Eisschirm mit Fallstreifen durch Niederschlag.

Bild 23: Hier sieht man gut den sich ausweitenden Eisschirm.

Richtung Hochschwab werden die Quellungen generell hochreichender mit sichtbarer Vereisung, unmittelbar vor dem Gewitter entstehen im Minutentakt neue Quellwolken, die nur nach oben wollen. Die Sperrschicht wurde also durchstoßen - jetzt konnte es ÜBERALL losgehen!

Bild 24: Links der neue, rechts der ältere Teil des Gewitters.

Beim Abstieg auf der Forststraße donnerte es dann auch ein paar Mal kräftig, wir blieben aber noch trocken.

Bild 25: Der Kühberg noch in der Sonne, rechts das Gewitter mit ersten Fallstreifen

Weiter links türmt sich die Quellwolke. Ich war zu dem Zeitpunkt eher pessimistisch. Gewitter haben die Angewohnheit, dorthin zu ziehen, wo die energiereichste Luft liegt, also dort, wo es am längsten sonnig bleibt. Also quasi genau dort hin, wo wir uns befanden und hinbewegten.

Bild 26: Sehr schmale Fallstreifen

Dann gerieten wir auch in einen Regenschauer, zum Glück blieb der Schwerpunkt deutlich im Osten. Dennoch sorgte auch das für Nervenkitzel bei mir. Die meisten Erdblitze entwickeln sich dort, wo es regnet. Es hätte also durchaus ein entstehendes Gewitter über uns werden können. Wurde es aber nicht. Der Schwerpunkt des Gewitters blieb zwei Täler weiter östlich über den Göstlinger Alpen Richtung Voralpe und Königsberg. Bei uns kühlte es durch den Regen ein wenig ab.

Was dann auch letzendlich für eine Abschwächung über unseren Köpfen sprach: Die Schauerwolke wurde sofort inkontinent und fällte das Wolkenwasser aus statt weitere Aufwinde zu entwickeln. Sie hat sich sozusagen selbst gekillt, weil die durch die Verdunstung gekühlte Luft die Atmosphäre stabilisierte.

Bild 27: Wie auf einer Kinoleinwand

Etwa auf Höhe von Almmauer und Tamischbachturm zieht sich eine schmale Regenwand mit markanten Fallstreifen, dahinter zeigt sich wieder die Sonne.

Kurz darauf erreichten wir bei Sonnenschein wieder den Parkplatz und wenige Minuten später auch die vier Wanderer vom Nachbarstisch mit den erleichterten Worten "Glück gehabt. Wir haben's auch geschafft." Wie so oft fielen mir in diesem Moment keine klugen Worte ein, aber ich hatte mich sehr gefreut, auf (junge) Wanderer zu treffen, die mit dem Wetter achtsam umgingen und die richtigen Entscheidungen trafen.

Bild 28: Auf der Rückfahrt: Sonntagsberg und die nächste Gewitterwolke (17.10)

Abschließend noch drei erläuternde Wetterkarten zur Gewitterlage:

Bild 29: Lightningmap-Archivkarte auf lightningmap.org

Die Blitze vom 6. und 7. Mai (19.00-19.00) zeigen den Schwerpunkt der Blitzaktivität im Dreiländereck über der Voralpe, sowie später (während der Rückfahrt) über dem Toten Gebirge und im Salzkammergut. Schon am späten Vormittag ging es im Steirischen Hügelland rund, aber auch über der Buckligen Welt. Wir befanden uns genau zwischen den Gewitterherden, ein Radarbild kann ich leider nicht vorweisen.

Die Wettermodelle hatten am Vortag nochmal zugelegt, nachdem die vergangenen Tage ständig wechselnde Schauerrisiken gezeigt wurden. Alle Modelle haben die Schauer- und Gewittertätigkeit im Südosten recht gut erfasst. Ein Modell zeigte etwas mehr über den oberösterreichischen Alpen, und lediglich ein Lokalmodell hatte die beiden stärkeren Aktivitäten über Salzkammergut und Totem Gebirge zumindest angedeutet. In Summe wurde dieses nordwestliche Ausgreifen der Gewitter bis zu den oberösterreichischen Seen etwas unterschätzt.

Bild 30: Radiosondenaufstieg Linz, 07. Mai 2016, 05 MESZ

Das Vertikalprofil zeigt die Situation in der Früh im Flachland. Blau die Temperaturen vom Nachmittag im Flachland (ca. +20°C) und am Feuerkogel (+11°C), sowie in rot die zugehörigen Taupunkte (+8 und +5°C). Man sieht, dass es in der Höhe (ca. 1500m) inneralpin deutlich feuchter ist als außeralpin und viel leichter die Auslösungstemperatur (und damit Wolkenthermik) erreicht werden kann. Generell auffällig die vielen trockenen Luftschichten, die sich auch tagsüber kaum abbauten. Inneralpin herrschte also in den bodennahen Luftschichten ein besseres Feuchteangebot als im Flachland, sodass sich die Gewitteraktivität auf diese Regionen beschränkte. Abseits der Alpen wehte zudem tagsüber beständiger, mäßiger Ostwind, während in den Alpen schwacher, anfangs föhniger Südwind vorherrschte, und hier und dort Talwinde konvergierten (in weiterer Folge Aufwärtsbewegungen und Wolkenbildung). Im Flachland wehte der Ostwind ohne große Abweichungen und somit fehlten die Konvergenzen, um Schauerwolken zu erzeugen.

Bild 31: Großräumige Hebung

Weshalb es überhaupt Schauer- und Gewitterwolken gab, lässt sich durch die Profile aber nicht erklären. In großen Höhen (ca. 9 km) zeigte sich ein Höhentief mit Zentrum über der südwestlichen Ukraine. Dessen Trogachse schwenkte im Tagesverlauf von Norden über Österreich hinweg. In niedrigeren Höhen ist dieser Trog kaum erkennbar. Erfahrungsgemäß verstärkt so eine Konstellation vorhandene Hebung durch Sonneneinstrahlung. Spekulativ haben die Wettermodelle mit solchen schwachen, da nur in höheren Atmosphärenschichten ausgeprägten Trögen ein wenig Schwierigkeiten. So wurde auch am 7. Mai die generelle Gewittertätigkeit etwas unterschätzt.

Zusammengefasst blieb das Flachland tagsüber durch den stetigen, austrocknenden Ostwind stabil, während im Bergland nur schwacher Wind aus unterschiedlichen Richtungen wehte. Im Gebirge war das Feuchteangebot wie so oft höher als in der gleichen Höhenlage über dem Flachland. Damit war die Luft inneralpin auch schaueranfälliger als außeralpin. Ein großräumiger Höhentrog lieferte das nötige Extra, damit es im begünstigten Bergland auch zündete. Die allgemein trockene Atmosphäre begünstigte aber eine rasche Stabilisierung durch die Verdunstungskälte.

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