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12.07.2015 - Über Windberg (1903m), Donnerwand (1799m) und Kleines Waxenegg (1682m) nach Frein an der Mürz, Schneealpe

Eckdaten:

  • Wegführung: Michlbauerhütte (8.00) - Windberg (1903m, 8.30) - Knopperwiese (9.00) - Griesleitnersattel (9.40) - Donnerwand (1799m, 10.35) - Tabersattel (12.00) - Waxenegghütte (12.30) - Hinteralm/Ochsenhütte (1450m, 14.30) - Frein an der Mürz (16.25).
  • Länge: 14 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 550 hm
  • Gehzeit Gesamt (inkl. Fotografierpausen): ca. 7 Std.

Nach einer mäßig guten Nacht (ein Schnarcher im 8er Lager, Ohrnstöpsel vergessen und zu warm trotz Seidenschlafsack) schleppe ich mich in der Früh zum Frühstück, während der immer wachsame dreieinhalb Jahre alte Yorkshire Terrier in der Stube aufpasst. Noch nie habe ich so einen kleinen Hüttenhund gesehen.

Bild 1: Hüttenhund

Den Aufstiegsweg kenne ich bereits, es ist noch angenehm kühl.

Bild 2: Von der Gipfelwiese Richtung Donnerwand, Göller, Mitterbergwand und Gippel.

Am Himmel ziehen lockere Quellwolken durch, eher flach als hochreichend, wirkte wie Rückseitenwetter (nach Frontdurchgang). Erst einmal nicht unmittelbar gefährlich.

Bild 3: Abbruch zum Melkboden

Bei der Michlbauerhütte besagt ein Wegweiser, dass der Weg über den Windberg zur Knopperwiese ausgesetzt sei. Ich empfand bis dorthin keine einzige Stelle als ausgesetzt. Nur wenn man sich, wie hier, an die Abbrüche zum Melkboden hinwagt, herrscht Ausgesetztheit - der markierte Steig führt aber in deutlichem Abstand daran vorbei. Bei schlechter Sicht bzw. Nebel auf der Hochfläche mag aber der andere Weg die sicherere Variante sein.

Bild 4: Blick aufs Schönhaltereck (1860m) gegenüber

In der Bildmitte hüpft gerade eine Gams vorbei. Wer sieht sie?

Bild 5: Knopperwiese

Leider hab ich kein Knoppers gefunden. Es war aber auch so ganz nett. Von links biegt der unausgesetzte Weg vom Karleck kommen ein. Entweder kurz davor oder danach verlor ich meine schwarze Winterhaube, die aus der Hosentasche fiel.

Bild 6: In den Dolinen auf rund 1800 m Höhe halten sich bis in den Hochsommer hinein Altschneereste.

Bild 7: Donnerwand

Dann wird es Zeit sich zu entscheiden. Meine bleiernde Müdigkeit vom Morgen ist langsam Tatendrang gewichen. Die Bewölkung sieht für die kommenden Stunden unverfänglich aus, der Gipfel sollte sich also locker ausgehen. 200 Höhenmeter Gegensteigung bis zur Hinteralm hätte ich auch auf dem kürzesten Weg über die Bodenalm gehabt.

Ich entscheide mich dafür, diesen formschönen Gipfel mitzunehmen, zumal der Aufstieg von der Steilheit abgesehen keine Schwierigkeiten bereitet.

Bild 8: Der westliche Teil des Plateaus

Nachdem ich vom unmarkierten Steig in der Falllinie zwischen den Latschen auf ein kurzzeitig flacheres Wiesenstück gestiegen bin, bietet sich ein schöner Blick in das bewaldete Becken hinunter. Ganz am rechten Rand befinden sich die Klobenwände und der Spielkogel (1599m), weiter links die Hinteralm und das Hochalpl (1514m).

Bild 9: Aufstiegsweg vom Griesleitensattel

Erst im oberen Bereich treffe ich auf Steinmanndln, ich habe also den eigentlichen Steig anfangs verfehlt, aber es war ohnehin eindeutig genug.

Bild 10: Unmissverständliche Wegweiser

Bild 11: Blick vom Gipfel auf das Gamskircherl.

Bild 12: Abstiegsweg

Im Vordergrund der Kamm, der zum Kleinen Waxenegg führt, im Hintergrund rechts das Hohe Waxenegg (1647m), mit dem Tabersattel (ca. 1450m). Dahinter der Göller und links Dürrenstein und Ötscher.

Bild 13: Das Naturschutzgebiet Naßköhr in der Komplettansicht.

Darin befinden sich einige Wälder, Almen und die Capellarowiese, mit bedeutenden Latschenhochmooren, siehe diesen Hinweis bzw. ausführlicher (PDF, 11 Seiten)

Bild 14: Donnerwand-Gipfel

Bild 15: Latschenkampf

Während mich beim Aufstieg zur Donnerwand der angenehm leichte Rucksack nicht störte, bemerkte ich in dem Latschendickicht rasch den sich abzeichenden Wassermangel. Ich hatte meine Reserven verbraucht und keine Gelegenheit mehr gefunden, nachzufüllen. Zur Waxenegghütte war es noch ein gutes Stück hin...

Das Steinmandl im unteren Bilddrittel weist den Weg durch die großteils vorbildlich ausgeschnittenen Latschengassen, die auch immer wieder durch Steinmandln gekennzeichnet sind. Nur an einer Stelle, dort wo der Kamm im Bild endet, war ich mir kurzzeitig nicht mehr sicher, noch am Weg zu sein. Hier galt es nämlich rund sechs bis acht Meter ausgesetzte Felswand zu überwinden. Gute Tritte, aber ausrutschen hätte man nicht dürfen, danach befand ich mich wieder auf sicherem Boden.

Sonst ist der Weg gut angelegt, aber die vielen Latschen, lockeren Steine und teils steile Abschnitte fordern hohe Konzentration. Ich schluckte schnell zwei Mg-Sticks (genaue Bezeichnung: Dr. Böhm Magnesium Sport Sticks, gibt es in jeder Apotheke), um Krämpfen und Konzentrationsmangel durch die unzureichende Wasserzufuhr vorzubeugen, und stieg schnell weiter ab.

Nett auch der symptomatisch für die österreichische Seele kurze Dialog zwischen mir und einem aufsteigenden Wanderer, der ebenfalls im Freinerhof übernachtet hat. "Woher kommst Du?" - "Aus Wien." - "Nein, ich meine ursprünglich." - "...Aus Franken." - "Sehr schön." - Blablablub.

Die Oberflächlichkeit empfinde ich manchmal als traurig. Kein weiteres Nachfragen, aber die Herkunft ist natürlich so wichtig. Ja, vielleicht war es ehrliches Interesse, aber in den meisten Fällen hört man natürlich meinen deutschen Akzent, und dann ist es bloß eine rhetorische Frage, die in Eva Steffens "Wir kommen, um zu bleiben" von einer zugereisten Deutschen sarkastisch mit "Nein, aus Aserbaidschan" beantwortet werden würde.

Ich hätte natürlich mit Nachdruck sagen können, dass ich seit elf Jahren in Österreich lebe, dass Wien meine zweite Heimat geworden ist, und dass mir meine Herkunft beim Wandern sowas von blunznscheißegal ist. Aber ich schluckte meine Resignation hinunter, und es war ein nettes Gespräch über die Tourenmöglichkeiten auf diesem Plateau.

Auf eine freie Wiese tretend nahm der nervige Wind wieder zu, aber wenigstens schwitzte ich nicht mehr so stark. Dann ging es mehr oder weniger in der Falllinie hinunter zum Tabersattel und deutlich bequemer am Forstweg entlang zur Waxenegghütte, die einfach bewirtschaftet ist. Dort war ich für den Durstlöscher (gleich zwei Humpen Frucade) dankbar. Zwar picksüß, aber sehr nahrhaft und Elektrolyte nachfüllend.

Bild 16: Meine Rettung

Dass die Hütte offen hatte, wusste ich übrigens vorher schon und hatte darauf auch spekuliert wegen Einkehr, sonst wäre ich dieses Risiko nicht eingegangen. Dem Hüttenwirt und Freunden zeigte ich noch meine Wanderkarte und sie staunten über den Abstecher über die Donnerwand und nachfolgenden Abstieg.

Bild 17: Kleines Waxenegg und Donnerwand von Westen

Bis hierhin hatte ich schon einige Höhenmeter zurückgelegt. Nach gut 45 min Pause ging ich weiter und an den Klobenwänden vorbei, den Spielkogel rechts liegen lassend, weiter zur Hinteralm.

Bild 18: Klobenwände

Blick Richtung Mitterbergschneid und östlicher bzw. südlicher Plateaurand

Bild 19: Auch auf der Hinteralm gönnte ich mir noch ein alkoholfreies Bier-

Eine größere Gruppe mit rund 30 Pensionisten, die laut gackerte wie die Hühner, vermieste mir etwas das Ausruhen, aber den Flüssigkeitsnachschub brauchte ich. Währenddessen beobachtete ich die ausgedehnten Altocumulus lenticularis gen Südwesten, die die heranziehende Kaltfront ankündeten.

Dann brach ich auf, denn die Müdigkeit wurde wieder stärker, ich hatte noch den Latschenkampf in den Knochen und freute mich auf die Dusche im Freinerhof und gemütliches Sitzen im Gastgarten.

Dann war da noch die Rosswiese. Der Wanderer vom Donnerwand-Abstieg erzählte mir von sehr neugierigen Kühen, und aus früheren Wanderberichten wusste ich, dass Kühe und Jungstiere recht aufdringlich sein konnten. Zu meiner Kuhphobie stehe ich offen, seitdem mir im Sommer 2009 im Viggartal eine Mutterkuh samt Kuhherde hinterher ging, und ich panikartig über den Weidezaun kletterte.

Nachdem offensichtlich kein weiterer Wanderer in meine Richtung abstieg, und ich fürs Kuhflüstern nicht mehr mutig genug war, beschloss ich, die Rosswiese zu umgehen. Dazu hatte ich mir schon am Vorabend die 1:25 000 Karte genau angesehen, um nach einem geeigneten Abschneider zu schauen. Diesen fand ich an der einzigen Stelle, wo die Höhenschichtlinien relativ weit auseinanderliegen:

Der Forstweg führt dann oberhalb des Plotschgrabens bis zum markierten Abstiegsweg von der Rosswiese nach Frein.

Bild 20: Ab durchs Gemüse

Ging erst durch einen Kahlschlag, dann durch hüfthohes Gemüse mit verstecktem Totholz (Stolperfallen), dann entlang einer schwach ausgeprägten Rinne (erneut hüfthoch bewachsen) fast bis zur Forstraße. Wie es mein Glück so wollte, befand sich etwa 20 hm oberhalb der Straße ein schön ausgeschnittenes Steiglein, das mich sanft - ohne Böschungsabfaller - zur Straße geleitete.

Bild 21: Der Abschneider von der bequemen Forststraße aus

Man erkennt auch den ausgeschnittenen Pfad im unteren Bereich.

Danach konnte ich mich ausruhen und wieder die Landschaft genießen.

Bild 22: Tag 3 als Vorgriff

Kurz vor der Einmündung in den markierten Steig bieten sich schöne Blicke ins obere Mürztal. Im Hintergrund das Tal des Freiner Bachs, das ich am nächsten Tal entlang wandern sollte. Rechts die Wildalpe (1523m), hinten die Hohe Student (1539m), welche ich mir für eine Herbst- bzw. Winterwanderung mit Schneeschuhen aufheben wollte.

Bild 23: Zurück am Steig

Das "Yeah!!"-Gefühl - mein Plan ging auf.

Bild 24: Blick auf Frein an der Mürz.

Erst kurz vor dem Talboden bemerkte ich, dass ich seit dem Frühstück nichts gegessen hatte, und aß einen Energieriegel (Peeroton). Erstaunlich, dass ich es 8 Stunden lang ohne Essen ausgehalten hatte. Ich war auch nicht wirklich hungrig, sondern nur durstig.

Bild 25: Durchquerung eines Schlags

Bild 26: Nachmittagsonne

Erschöpft, aber zufrieden erreichte ich mein Quartier in Frein und konnte den Tag im Gastgarten bei gutem Essen und reichlich Flüssigkeitszufuhr ausklingen lassen (insgesamt trank ich 4 Liter an diesem Tag).

Der letzte Teil folgt.

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