Start über Innsbruck lokale Windsysteme Föhn Niederschlag Ereignisse Galerie Impressum

20.09.14 Niederwechsel (1669m) und Hochwechsel (1743m) über Vorauer Schwaig

Eckdaten:

  • Wegführung: Glashütte Parkplatz (1038m, 9.30) - Vorauer Schwaig (1511m, 11.00) - Niederwechsel (11.30) - Hochwechsel (12.35) - Niederwechsel (13.40) - Parkplatz (14.45)
  • Länge: 17,5 km
  • Höhenmeter (Aufstieg): 800 hm
  • Gehzeit Gesamt (inkl. Fotografierpausen): ca. 5 Stunden

Eine Tour mit etwas Wetterglück!

An den Vortagen zeigten die Wetterprognosen wiederholt eine erhöhte Schauer- und Gewitterneigung für den Tag. Ich schaute am Vortag noch die GFS-Läufe an, die in allen Läufen bereits bis Mittag erste Schauersignale zeigten (11-14 Uhr: 2-3 mm, 14-17 Uhr: 3-5 mm). Das europäische Modell war etwas verhaltener und zeigte insgesamt geringere Signale (14-20 Uhr: 1-2 mm). Jedenfalls sprach viel für einen früheren Aufbruch, weshalb mich Wolfgang schon um 8.00 daheim abholte und wir um 9.20 den Ausgangsort Glashütte an der Südwestflanke des Niederwechsels erreichten, wenige Kilometer südwestlich von Mönichkirchen.

Bild 1: Beim Aufstieg durch den Quellflussgraben der Pinka.

Bild 2: Die Pinka erwies sich prallgefüllt und es rauschte regelrecht dahin.

Bild 3: Frühherbstliche Lichtstimmung.

Nach kurzer Zeit folgte auch die Bachdurchquerung, die durch Schwemmgut etwas erleichtert wurde. Dann zieht sich der Weg teils in Forst- und Karrenwegen hinauf, an zahlreichen Heidelbeersträuchern vorbei.

Bild 4: Vorauer Schwaig (1511m), ein uralter Hof.

Zu diesem Zeitpunkt (11.00) entstanden bereits die ersten flachen Quellwolken über dem Wechsel, in höheren Luftschichten sieht man ausgedehnte Cirruswolken, die auch mit der später einsetzenden Schauertätigkeit nicht verschwanden und bereits die Kaltfront am Folgetag ankündigten.

Bild 5: Ausblick nach Südwesten

Links der kegelförmige Berg ist der Kulm (975m; von lat. culmen --> gipfeln) östlich von Weiz.
Im Hintergrund schaut die Koralpe über den Dunst des Grazer Beckens, Sichtweite: ca. 100 km.

Bild 6: Im Südosten schaut auch das Günser Gebirge in 40 km Entfernung aus dem Dunst heraus.

Bild 7: Direttisima zum Niederwechsel hinauf.

Bild 8: Vegetation erinnert ein wenig an den Hundsheimer Berg, obwohl der Wechsel viel feuchter ist.

Bild 9: Gewitteranzeichen!

Der topographische Teil des Bildes: Links der Bildmitte schaut der Schöckl (1445m, 51 km) nördlich von Graz drüber, links davon die langgezogene Koralpe mit Großem Speikkogel (2140m, 110 km), weiter rechts ebenfalls langgezogen schält sich über der Einsattelung noch die Saualpe mit Ladinger Spitz (2079m, 125 km) heraus. Weiter rechts mit der steileren Nordflanke ist der Hochlantsch (1720m, 44 km) zu sehen, links davon ganz hinten sieht man den Lenzmoarkogel (1991m, 76 km) der Gleinalpe.

Der meteorologische Teil: Cirrostratus am Horizont links als vorauseilende hohe Bewölkung des Wetterumschwungs am Folgetag. Oben rechte Bildhälfte ausgedehnte Altocumulusfelder, ebenso links etwas tiefer und rechts unten auch tiefer, die somit reichlich Feuchte in den mittleren Schichten anzeigen, das ist jene Schicht, die Gewitterwolken zum Überleben brauchen - ist's dort zu trocken (z.B. durch Föhn oder Absinken in einem Hoch), dünnt es die Gewitterwolke aus, ehe sie gefährlich werden kann.

Entscheidend: Über dem Randgebirge östlich der Mur bilden sich zahlreiche Quellwolken, als Folge von genügend Bodenfeuchte (nasse Vorgeschichte!), Sonneneinstrahlung und Wolkenthermik. Nachdem die höheren Schichten feucht genug sind (Altocumulus!), steht dem ungehinderten Wachstum der Quell- und Gewitterwolken an diesem Tag nichts im Wege.

Bild 10: Kulm in der Bildmitte, Schöckl rechts.

Auch über Pucheggberg (1144m), Pongratzer Kogel (1248m) und Masenberg (1261m) bildet sich die erste Quellwolke.

Bild 11: Niederwechsel-Gipfel mit Kriegerdenkmal.

Im Hintergrund links Heukuppe (2007m) und weite Teile des Raxplateaus, rechts Schneeberg, Schober und Öhler.

Die Quellwolken über dem Wechselgebirge werden zahlreicher, bleiben aber noch flach.

Bild 12: Arabichl (1565m) mit vermeintlicher Gipfelantenne, die gehört aber zum Sonnwendstein (1523m) am Semmering, der sich in Verlängerung des Arabichls weiter nordwestlich befindet.

Ganz links Jakobskogel (1736m), daneben Ottohaus (1642m) mit Adleraugen erahnbar, weiter rechts die Bergstation der Rax-Seilbahn (1547m), ganz rechts schaut noch die Hinteralm (1311m, 56 km heraus).

Bild 13: Granitblöcke, die östlichsten Ausläufer des Alpenhauptkamms.

Bild 14: Frauenalpe (1458m) und Kampstein (1467m), dahinter die Bucklige Welt.

Bild 15: Hügelland

Bild 16: Grenzzaun: Links Niederösterreich, rechts Steiermark

Bild 17: Seckauer Tauern und Eisenerzer Alpen

Links Seckauer Zinken (2397m, 93 km), Hochreichart (2416m, 97 km), Geierhaupt (2417m, 100 km), Kerschkern (2225m, 101 km), Großer Grießstein (2337m, 107 km), ganz rechts Gößeck (2214m, 79 km); rechts im Dunst sehen noch die Bösensteine (ca. 116 km) aus den Rottenmanner Tauern heraus. Keine schlechte Sicht, obwohl sich hinter den Seckauer Tauern ein mächtiger Cumulus congestus verbirgt.

Im Vordergrund Steinriegel (1577m) mit Windpark.

Bild 18: Die lange Südwestflanke des Hochwechsels.

Über den Kämmen werden die Quellwolken allmählich dichter.

Bild 19: Hochschwab und noch mehr

Ganz links über dem ersten Windrad schaut der Große Buchstein (2224m, 99 km) im Gesäuse, über dem letzten Windrad sieht man den Ebenstein (2123m, 67 km), der Hochschwabgipfel (2227m) ist durch eine Quellwolke verdeckt. Ganz rechts der letzte markante Gipfel ist der Ringkamp (2153m).

Bild 20: Föhnwolken in der Bildmitte (Altocumulus lenticularis)

Sie deuten die in der Höhe sich langsam verstärkende Nordwestströmung an; sie ist aber heute noch mit erhöhtem Feuchteangebot verbunden, in dem Fall handelt es sich also um keine Schönwetterwolke.

Bild 21: Als wir den Hochwechsel erreichen, gibt es die erste Zusammenballung dickerer Quellwolken.

Bild 22: Der etwa 4 km lange Kamm zwischen Hochwechsel und Niederwechsel, der abgesetzte Kamm weiter links hinten trägt den schlichten Namen Kogel (1289m).

Bild 23: Der obligatorische Gipfelhund, im Hintergrund Stuhleck (1782m).

Bild 24: Zwischen Stuhleck und Schneealpe

Links Kleiner Proles (1579m),daneben Großer Proles (1565m, 41 km), darüber Gemeindealpe (1626m, 59 km), rechts Ötscher (1893m, 65 km), ganz rechts Lachalpe (1590m), zur Schneealpe gehörend.

Bild 25: Pretulalpe und Stuhleck, links Hochschwab rechts Schneealpe und Rax.

Inzwischen verbreitet auch über den Wiener Hausbergen Quellwolkenbildung.

Bild 26: In der Höhe Altocumulusfelder, darunter ein Cumulus congestus mit Trabanten.

Eine einzelne hinaufschießende Quellwolke ist noch harmlos, aber gibt es benachbarte Wolken, dann kann die hinaufschießende Quellwolke nicht austrocknen und weiter anwachsen.

Bild 27: Was sie auch tat ...

Zwischen der letzten und der folgenden Aufnahme liegen gerade einmal dreißig Minuten!

Bild 28: Gewitterwolkenbildung

Als wir den Niederwechsel wieder erreichen, bildet sich über Tal weiter nördlich gerade eine tiefbasige, rabenschwarze Quellwolke. Rechts im Bild nehmen die Wolken eine weiße Farbe an und steigen extrem schnell auf. Sie rotieren dabei regelrecht, d.h., man sieht ausgeprägte Kreiselbewegungen, mit denen sich die Wolkenfetzen immer höher schrauben. Das deutet auf starke Aufwinde hin, rasches Quellwolkenwachstum bis zum Vereisungsstadium (Cumulonimbus).

Bild 29: Unbekümmertheit ist etwas gewagt.

Links die bereits durchgehende Wolkenuntergrenze, die bis in die rechte Bildhälfte reicht. Vorne auf einem Granitfelsen sitzt eine Familie mit Kindern, mit dem Rücken zur schwarzen Wolke und jaust in aller Seelenruhe. Etwas riskant, denn ....

Bild 30: ... die tiefen Wolken breiten sich weiter aus.

Die Wolkenfärbung ist langsam besorgniserregend, vor allem im Kontrast mit der Aufwindwolke links, die weiterhin heftig kreiselt und dabei aufsteigt. Zehn Minuten später ist bereits der erste Donner zu vernehmen.

Bild 31: Das letzte Bild vor dem Abstieg

Die Gewitterbildung ist abgeschlossen, fünf Minuten später rumst es das erste Mal,

während dem Abstieg noch etwa sieben oder acht weitere Male, teilweise kräftig, aber zum Glück nicht wesentlich näher kommend. Statt dem Kammverlauf bis zum Hallerhaus zu folgen und dort einzukehren, beschließen wir den Direktabstieg zum Parkplatz.

Die erste Kehre des Forstwegs können wir direttisima durch den Wald abkürzen, stetig in Erwartung des nächsten Donnerschlags, was doch etwas Nervenkitzel bereitet, da der Wald hier noch recht licht ist und wir uns recht weit oben befinden. Die weiteren Kehren kürzen wir durch einen unmarkierten Steig, der aber durch Steinmanndln gekennzeichnet ist, ab, und erreichen zügig wieder dichteren Waldbewuchs. Kurz tröpfelt es ein wenig, lässt aber rasch wieder nach, im unteren Bereich, als wir den Pinka-Quellfluss erreichen, scheint sogar wieder die Sonne, aber ein Rückblick zeigt, dass die Gewitterwolke weiter über dem Hochwechsel lauert, aber nicht weiter vorankommt. Ganz unten tröpfelt es vorübergehend stärker, mit großen, kalten Tropfen - ein Indiz dafür, dass sich viel unterkühltes Wasser in der Wolke befinden muss (-> reife Gewitterwolke). Unbeschadet und ohne weitere Donnerschläge gelangen wir am Parkplatz um 14.45 an.

Rückschau der Radarbilder:

Um 13.15 MESZ zeigt das hochaufgelöste Radarbild im Tal nördlich des Niederwechsels das erste leichte Echo, um 13.30 MESZ hat es bereits stärkere Echos und erreicht um 13.40 seinen Höhepunkt, weiterhin nördlich des Kamms bleibend. Während es sich bis 13.55 MESZ weiter abschwächt, verstärkt sich über dem Hochwechsel innerhalb zehn Minuten eine starke Zelle; auch sie schwächt sich nach Osten hin ab. Im gleichen Zeitraum tobt östlich von Aspang eine dritte Zelle, die Starkregen und vermutlich auch kleinen Hagel gebracht hat.

Als wir um 14.45 MESZ das Auto erreichen, ist der Wechsel vorübergehend wieder regenfrei, allerdings konzentrieren sich jetzt die stärksten Echos auf die Fischbacher Alpen. Gegen 15.30 erreichen wir Mönichkirchen und kehren zu leckerem Rehragout mit Knödel ein, während bis zu unserem Aufbruch um ca. 16.30 ein Schauerband über die ganze Region zieht. Bei der Rückfahrt nach Wien sehen wir nördlich von Wien mächtige Gewittertürme, gleich drei in Folge, die sich bereits zwischen Znoijmo und Mikulov auf der tschechischen Seite befanden - gut 100 km von unserem (fahrenden) Standort entfernt.

Rückschau der Blitzentladungen:

Der erste Blitz wird um 13.55 registriert, und zwar am Nordhang des Niederwechsels, um 14.00 sind es bereits rund fünf weitere Blitze, die meisten nördlich von uns, aber einer auch im Bereich Windhag (1395m) und Irrbühel (1423m), also knapp südlich von uns dort, wo eigentlich noch am ehesten blauer Himmel zu sehen war. Um 14.10 schlägt ein Blitz knapp südlich der Steinernen Stiege ein, weitere nach wie vor nördlich des Wechselkamms eher Richtung Talboden.

In weiterer Folge kommen keine Entladungen mehr, um 15.05 beginnt es über der Schneealpe zu blitzen, um 15.10 über der Pretulalpe, um 15.30 auch nördlich der Hohen Wand über Markt Piesting. Weitere Gewitter gehen um 16.00 über dem Steinfeld, im Bereich der Adlitzgräben am Semmering sowie im Randgebirge östlich der Mur nieder. Der Wechsel selbst wird von den Regenschauern abgesehen nicht mehr von größerem Ungemach getroffen.

Fazit: Ein sonniger Vormittag mit über 100 km Fernsicht trotz flachen Dunsts und späterer Quellwolkenbildung. Richtig entschieden, sich nicht zu lange am Hochwechsel aufzuhalten, und am Niederwechsel auch zu Recht gleich zum Parkplatz abgestiegen. Etwas Glück war auch dabei, aber nur zwei Blitze schlugen in der näheren Umgebung ( < 1500 m) ein, der Rest spielte sich nördlich von uns auf der anderen Kammseite ab.

© www.inntranetz.at