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Von Rodaun nach Mariazell - 4 Tage auf dem Wiener Wallfahrerweg (9-12.5.13) - Tag 2

Eckdaten:

  • Tag 1: Rodaun - Holzschlag (Peilstein) - 25,4 km, 800 hm, inkl. Pausen: 9.15-17.30
  • Tag 2: Holzschlag (Peilstein) - Enzianhütte (Kieneck) -23,7 km, 1100 hm, inkl. Pausen: 8.30-17.15
  • Tag 3: Enzianhütte (Kieneck) - Rohr im Gebirge - 16,7 km, 600 hm, inkl. Pausen: 8.30-15.30
  • Tag 4: St.Ägyde am Neuwalde - Mariazell - 29,3 km, 600 hm, inkl. Pausen: 8.30-17.15
  • Gesamt: - 95,1 km Gehstrecke, 3100 hm, Gesamtgehzeit laut GPS: 26 Std. 5 min, Pausen: 6 Std. 28 min

Tag 2: Von Holzschlag über Peilstein zur Enzianhütte am Kieneck (1107m)

Die zweite Etappe begann um 8.30 nach einem ausgiebigen Frühstück. Etwas Zeitdruck brachte lediglich der bevorstehende Wetterumschwung, der im Laufe des Tages kommen sollte. Jedenfalls gemäß meiner Prognose von Mittwochabend.

Bild 1: In der Früh in Holzschlag

Blauer Himmel, wenn auch mit wichtigen Schönheitsfehlern: Teils dichte, hohe Cirruswolken, die der Kaltfront vorauseilen.

Bild 2: Unser erstes Quartier

Günstige Preise, gutes Frühstück, sehr luxuriöse Lager - da gibt es nichts auszusetzen.

Bild 3: Rückblick beim Weiterweg zum Peilstein

Bild 4: Armin immer gut drauf und sein GPS-Gerät half auch das ein oder andere Mal zur Orientierung, wenn die Hinweistafeln versagten.

Bild 5: Eine von vielen Schnecken

Bild 6: Peilstein (716m) mit noch weitgehend unverdorbenem Ausblick nach Westen

Hinten links am Bildrand der Unterberg (1342m), gleich rechts daneben das Tagesziel, das Kieneck (1107m) und vor uns das Hocheck (1037m),
das Triestingtal (unten) begrenzt Wienerwald und Gutensteiner Alpen. Mittig Hafnerberg (478m) mit gleichnamiger barocker Wallfahrtskirche und Festenberg (593m), dahinter Altenmarkt a.d. Triesting.

Bild 7: Unterberg und Hocheck etwas prominenter dargestellt - ein weiter Weg steht uns noch bevor

Bild 8: Weil das Bild doppelt ist: Die hohen Wolken verdichten sich am Horizont, noch ist die Front aber weit genug entfernt, um wenigstens bis Mittag von Unheil verschont zu bleiben. Weiter getraue ich mir aber noch nicht, vorauszuschauen.

Bild 9: Rückblick auf Holzschlag im (windigen) Sattel, besonders bei Nordwestwind anfällig, aber auch der Südostwind war spürbar.

Im Hintergrund sah man am Horizont die Antenne vom Exelberg bei Wien, bei klaren Bedingungen kann man bis zum Leopoldsberg sehen.

Bild 10: Profil

Bild 11: Gipfelkreuz

Oberhalb des Kreuzes sind tiefere, schlierenartige Wolken sichtbar, die Feuchtezufuhr in tieferen Schichten aufzeigen. Die Front ist näher als am Vortag.

Bild 12: Ausblick nach Südsüdwesten

Von einer der vielen prachtvollen (mir gehen die Adjektive aus) Wiesen am Peilstein blickt man weit nach Süden, ganz rechts die Hohe Wand, im Hintergrund mittig das Rosaliengebirge (33 km entfernt)

Tiefer am Himmel tauchen nun Föhnfische (Altocumulus lenticularis) auf, auch andere Ac-Gattungen sind später zu sehen, sie engen die Schönwetterperiode nun deutlich ein. 3 Std., bis etwa Mittag, traue ich mir noch niederschlagsfreies Wetter vorherzusagen.

Bild 13: Schneebergblick

Bild 14: Zurück im Bärlauchwald

Bild 15: Burg Neuhaus (Weissenbach)

Über eine ausgedehnte Kuhwiese kommen wir nach Neuhaus, Ortsteil von Weißenbach a.d. Triesting, mit kurzem Abstecher zur Kirche St. Nepomuk in der Burg, errichtet um 1250, mit spätgotischer Kirche, die um 1610 errichtet wurde.

Bild 16: eingebettet in eine Hügellandschaft

Der Wallfahrerweg verläuft links am Waldrand an der Festungsanlage vorbei. Neuhaus

Bild 17: Ursprüngliche, gotische Umfassungsmauer

Bild 18: Zwar gotische Fenster, aber die Jahreszahl (1610) über dem Eingangsportal passt nicht.

Bild 19: In der Waldschule lernt man Gutes

Bild 20: Viel grün, und ganz links schaut ein Teil des Schneebergs durch.

Bild 21: Zurück in der Zivilisation, das Café Adolf ist schon von weitem sichtbar, dort sitzen auch ein paar Pilger, die am Peilsteinhaus einquartiert waren.

Im Café ist Zeit, das Wetter nochmals zu begutachten. Armin hatte sein Tablet mitgenommen, sodass ich - für mich eher ungewohnt - während einer Wanderung das Satellitenbild checken konnte. Es gab mir mehr und vor allem aktuellere Information als jede andere Wetterprognose, die zu diesem Zeitpunkt bereits veraltet sein musste. Das Bild, das ich damals betrachtete, sah folgendermaßen aus (Quelle: sat24.com), rot markiert etwa unser Standpunkt:

Die Front lag nahezu strömungsparallel von Süd nach Nord über dem Alpenraum und hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Kärnten, die westliche Obersteiermark und Oberösterreich mit Regenwolken erfasst. Das Triestingtal befind sich noch in der wolkenfreien Zone vor der Front, von lockeren Wolkenfeldern abgesehen. Ich mutmaßte aufgrund der günstigen Wolkenverhältnisse (viel Sonneneinstrahlung, dadurch bodennahe Erhitzung), dass sich in den kommenden Stunden rasch Quellwolken bilden würden, möglicherweise vom Hochschwab und Rax ausgehend, und mit Schauern und Gewittern nordostwärts ziehen würden. Hoffnung gab mir aber, dass Oberösterreich bedeckt war (steigender Luftdruck), Niederösterreich noch sonnig (fallender Luftdruck), der scharfe Temperaturunterschied bewirkt auch ein Druckgefälle und Westwinde (weitere Erläuterungen s.u.). Jedenfalls verkleinerte sich unser Zeitfenster auf wenige Stunden (< 3 Std.).

Bild 22: Das Niemtal hinauf

Nach der Stärkung im Café und Adeg gehen wir ins Niemtal hinauf, Richtung Steiermark sind erste, größere Quellwolken sichtbar. Feuchtezufuhr also in allen Höhenschichten, tendenziell also zunehmende Gewittergefahr.

Bild 23: Ein sehr altes Haus mit mittelalterlicher Eckform.

Bild 24: Ohne Worte

Bild 25: Niemtal verlassend

Bild 26: Letzte Rast

Am höchsten Punkt (oberhalb von Lerchenfeld) legen wir nochmals eine ausgiebige Rast ein, das schöne, warme Wetter genießend. Ich hole mir einen Sonnenbrand an den Armen, weil ich früher mit dem Wetterumschwung rechnete und mich erst gleich gar nicht mehr einschmierte. Die Quellwolken werden nun nach Südwesten zu generell zahlreicher und mächtiger. Das Tückische daran, die harmlosen Quellwolken verdecken irgendwann die mächtigen Gewitterwolken dahinter, sodass man das Schlechtwetter erst spät kommen sieht. Ich war leicht beunruhigt (zu viele Gewittererlebnisse am Berg, die knapp ausgingen), zugleich aber auch fasziniert und versuchte so viel, aus den Wolken zu lesen, wie ich ohne Zuhilfenahme von Hilfsmitteln konnte.

Der spitze Berg im rechten Bilddrittel gehört zum Gaisstein (974m), an dessen Nordseite wir vorbeigingen, das Kieneck liegt verdeckt dahinter.

Bild 27: Löwenzahnwiesen und Grün, dazu schläft der Wind langsam ein.

Bild 28: In Schromenau (408m) geht es diesen idyllischen Bach entlang, mit Gänsen voraus.

Bild 29: Vermehrt einzelne, tiefe Wolken - etwas geschieht gerade, der Sonnenschein trügt.

Bild 30: Pilger werden kritisch beäugt.

Bild 31: Am mittelalterlichen Dorfplatz von Furth a.d. Triesting, links der 1725 erbaute Pfarrhof, rechts und im Hintergrund ähnlich alte Höfe und Gebäude.

Bei der Kirche in Furth rasten wir nochmals, warm ist es noch, die Wolken werden langsam mehr.

Allerdings stoßen die Quellwolken in einer bestimmten Höhe an eine Barriere, ich schöpfe Hoffnung, ahne, was sich bald abspielen wird, überlegte schon während dem Wandern, was passieren wird. In Oberösterreich regnete es bereits kräftig mit Abkühlung, dort stieg der Druck an, während Niederösterreich sonnig blieb (fallender Druck). Das resultierende Druckgefälle bewirkt lebhaften Westwind im Donauraum, die schleichende Abkühlung stabilisiert die Atmosphäre, hemmt die Gewittergefahr, sodass die Gefahr von durchziehenden Gewittern aus Südwest deutlich gebannt ist.

Tatsächlich zeigen die Blitzdaten, dass es am Freitagnachmittag in weiten Teilen der Südsteiermark bis Gleinalpe, Hochschwab und Veitsch kräftig gewitterte, einzelne Blitze wurde auch am Schneeberg sowie Richtung Hochkar registriert, aber nirgends weiter nördlich. Der Wind blies wie gedacht lebhaft aus West im Donauraum, weiter im Osten noch aus Südostwind. Die Wolkenobergrenzen deuteten die Kaltluft aus Westen an. Zwar schließt einströmende Kaltluft aus Westen Gewitter aus Südwesten nicht aus, doch war dafür der Höhenwind zu schwach, hoffte ich, war letzendlich auch auch so, weshalb es die Gewitter in der Steiermark nicht bis nach Niederösterreich schafften.

Genug dem meteorologischen Palaber, ab Furth wartete ein schier endloser, zermürbender Straßenhatscher auf uns, auch wenn die Landschaft toll war. Vorbei an vielen einsamen, alten Höfen, einmal mit zahllosen Katzen, mit Gartenzwergsammlungen, mit Tierfigurensammlungen, wanderten wir zuerst durch den Further Graben, dann in den Staffgraben mit tollem Blick zum Gaisstein (974m) - die südliche Alternativroute hatte ich wegen der Gewittergefahr ausgeschlossen (zu exponiert), hätte aber lange Asphalthatscher gespart.

Bild 32: Dialektschmäh

Bild 33: Verfallenes Haus im Further Graben

Bild 34: Ganz viele Katzen

Bild 35: Blick zum Gaisstein

Still ist es mittlerweile geworden, entlang des Grabens herrscht so gut wie kein Verkehr. Der Wind ist völlig eingeschlafen, die Luft kühlt bereits sanft ab. Kompakte Wolken künden den nahenden Frontdurchgang an. Dieser fällt wegen der flach einströmenden Kaltluft von Westen zumindest in dieser Gegend nicht mehr gewittrig aus. Die Gewitterzone liegt ein gutes Stück weiter im Südwesten, allerdings weiß ich das zu diesem Zeitpunkt nicht. Da die mittlere Luftströmung weiterhin aus Südwesten kommt, kann es auch über stabil geschichteter Kaltluft zu Gewitterbildung kommen. Es hängt dann davon ab, wie stark dieser Südwestwind in der Höhe ist. Ich meinte mich zu erinnern, dass er nicht stark genug war, um die typischen "entkoppelten" Gewitter zu verursachen. Hundertprozentig sicher war ich mir aber nicht. Als wir uns dem Ende des elendig langen Grabens erreichten, waren erste Wasserwolken sichtbar (sehr dunkel, fetzenähnlich, meist kurz vor/mit einsetzendem Regen), kaum einen Kilometer entfernt. Spätestens jetzt war klar, dass wir das Kieneck nicht mehr trockenen Fußes erreichen würden.

Kurz vor Erreichen des Schlussanstiegs aufs Kieneck, dem Weißriegel, begann es zu tröpfeln, rasch legten wir die Regenkleidung an. Keine Minute zu Früh, vom Reingupf her lugten bereits dunkle Regenwolken über den Berg. Pünktlich zum steilsten Stück der gesamten vier Tage begann ein Wolkenbruch, der trotz Regenkleidung durchnässte, dabei frischte lebhafter Nordwestwind auf, der das Kälteempfinden steigerte.

Höhenangaben am Weg (Anninger, 675m, Schöpfl 893m) ließen den Anstieg erträglicher machen, der Steig machte ordentlich Höhenmeter, allerdings war der Untergrund recht rutschig, froh war ich darüber, die Stecken mitgenommen zu haben. Anfangs fürchtete ich noch, wir könnten ausgerechnet an diesem exponierten Kamm noch in ein Gewitter geraten, aber es regnete zum Glück nur, zwar kräftig und immer mit Böen, aber ohne sonstiges Ungemach. Nass und fertig kamen wir in der gut beheizten, aber recht klaustrophobisch engen Hütte an.

Weitere Wallfahrer waren hier untergebracht, das ein oder andere Gespräch, die ein oder andere Fehlvorhersage von mir, ergaben sich - als Meteorologe hat mans halt schwer. Armins Tablet hatte Empfang, ich schaute kurz Wetterkarten wegen der dritten Etappe, und was wir tun sollten (normal mach ich sowas nicht). Die Karten deuteten an, dass der Hauptteil des Regens in der Nacht fallen sollte, vormittags sollte es wenig regnen, nachmittags wieder mehr. Wir entschieden uns endgültig für die Taxivariante ab Rohr, da für uns nicht ersichtlich war, wie wir über 35 km an einem Tag schaffen sollten, noch dazu überwiegend auf Hartbelag.

Auf der Hütte war es recht laut, das Lager war nicht lärmgedämmt und befand sich direkt über der Stube. In der Küche gab es abends noch einen kleinen Unfall, als es kräftig schepperte und zischte, und kurz darauf der Geruch verbrannter Semmelbrösel durch die Stube schwebte. Zum Glück keine Verletzten. Im Lager war es eng, ein einzelner Schnarcher und die stickige Luft sorgten für sehr wenig Schlaf. Bei jedem Umdrehen auf der Matratze quietschte alles. Als angenehm empfand ich dagegen den stürmischen Wind und peitschenden Regen auf dem Dach, das war geradezu romantisch.

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