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Über Schneidergraben und Grafensteig auf den Krummbachstein

Eckdaten:

  • Wegführung: Schwabenhof (10.00) - Unterer Schneidergraben - Nördlicher Grafensteig - Baumgartner (12.30) - Krumbachsattel (13.00) - Krummbachstein (13.45) - Einkehr Knofeleben - (14.50 Start) - Payerbach-Bf. (16.40)
  • Länge: 15,0 km
  • Höhenmeter:: 1050 hm
  • Gehzeit Gesamt (inkl. Fotografierpausen): ca. 5 Std.

Manchmal kommt es anders, als man denkt. Ursprünglich wollten ich und Maria über den Oberen Herminensteig (1+) auf den Schneeberg kraxeln. Ich hatte, da ich frei hatte, die Wetterkarten mehr überflogen und daher den Einfluss des Südföhns übersehen. Am Vortag hatte es nämlich nicht, wie von den Modellen gerechnet, die Feuchte an der Alpensüdseite ausgeräumt, sondern sich unterhalb ca. 1600 m viel Restfeuchte erhalten. Darüber befand sich eine markante Temperaturinversion, die wie ein Deckel auf dem Kochtopf saß. Durch den Südföhn wurde die Feuchte angehoben und saß als Haube auf sämtlichen Gipfeln der Voralpen, u.a. auch Hochschwab, Rax und eben Schneeberg.

Schon von weitem bei der Herfahrt mit dem Regionalzug nach Puchberg sah man die kompakten Wolken auf dem Schneebergplateau hängen, sie wirkten zunächst wie harmlose Nebelwolken. Immerhin darf man Anfang September durchaus schon mit Hochnebel rechnen. Als wir jedoch in Puchberg ankamen, waren diese Nebelwolken keineswegs untätig, sondern stürzten boraartig die Krumme und Breite Ries an der Ostflanke des Schneebergs hinab. Dies hätte mir eine Warnung sein sollen, denn eine solche Abwärtsbewegung ist typisch für Föhnbewölkung. Und Föhn heißt nun mal viel Wind (Fallwindböen) und gefühlte Kälte auf dem Schneebergplateau. Für beides waren wir nicht ausreichend ausgerüstet - weder dicke Jacke noch Haube oder Handschuhe. Shit happens.

Bild 1: Blick vom Bahnhof Puchberg zum Schneeberg

Ein netter, redseliger älterer Taxifahrer hat uns vom Bahnhof zum Schwabenhof im Schrattental gefahren. In Puchberg wars bereits etwas windig, im Schneebergdörfl hat es gut geblasen. Der Taxler erläuterte, dass - wenn der Wind das Mieseltal hinabstürzt, er hier immer besonders stark spürbar ist. Er wird auch Gstößlwind genannt - nach der gleichnamigen Felswand zur rechten Hand des Mieseltals.

Bild 2: Recht windig ist es schon auf den ersten Metern Richtung Schneidergraben.

Bild 3: Im Unteren Schneidergraben sieht man Richtung Novembergrat die Wolken tanzen.

Bild 4: Eine Wolkenwalze fließt herab.

Bild 5: Sie überdeckt immer wieder das Plateau und die letzten Meter der ostseitigen Anstiege.

Bereits im Schneidergraben ist es recht windig, mit Böen um die 50 km/h, äußerst lästig und unangenehm, da man aufgrund der Steilheit stark schwitzt, aber der Wind gleichzeitig frösteln lässt. Eine unangenehme Mischung. Am Ausstieg geht es am Nördlichen Grafensteig über die Schotterrinne bis zum vermeintlichen Einstieg zum Oberen Herminensteig. Maria vermisst (völlig zu Recht) die Markierungen, erst weiter oben ist eine zu sehen. Ich glaube, Steigspuren zu erkennen. Tatsächlich befindet sich der offizielle Einstieg viel weiter südlich im Wald. Wie dem auch sei, uns ist es viel zu windig, oben ziehen dichte Wolken durch und die Sicht ist damit ohnehin gleich Null. Wir beschließen, den Herminensteig zu verschieben und ich schlage als Alternativziel den Krummbachstein vor, der sowohl frei als auch unschwierig zu erreichen ist.

Bild 6: Zuvor noch eine Nahaufnahme vom Ortsteil Schneebergdörfl

Bild 7: Immer wieder gilt es steile Schotterrinnen zu überqueren.

Der Weg ist breit genug, etwas Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sollte man dennoch mitbringen.

Bild 8: In dieser Rinne hält sich die Steilheit in Grenzen.

Bild 9: In dieser Rinne nicht mehr.

Bild 10: Puchberger Becken

Ehe der Steig im Wald verschwindet, ein letzter Blick ins Puchberger Becken, mit Öhler (ganz links) und Dürrer Wand rechts davon, ganz rechts Hohe Wand (von Norden eher unscheinbar).

Kurz darauf treffen wir auf den 'echten' Einstieg zum Oberen Herminensteig, aber wie es oben am Plateau aussieht, ist schwer einzuschätzen. Die Messwerte zeigen später, dass der Wind nur bis Mittag stürmisch am Plateau war, wobei die Windspitzen an der Ostflanke fallwindbedingt wohl etwas höher waren. Selbst ohne Wand war die Aussicht vom Gipfel ganztägig miserabel, da von Dunst und vielen tiefen Wolken geprägt. Keine lohnenswerte Gipfelbesteigung also. Da Maria noch nie am Krummbachstein war, und wir noch genügend Zeit hatten, blieb es bei dieser Alternative.

Bild 11: Kuhherde am Krummbachsattel

Über den Krummbachsattel (Schreibweise wahlweise mit einem oder zwei m) querten wir eine Kuhweide und gelangten rechtzeitig auf die andere Seite des Zauns, als uns eine Kuhherde wahrnahm und langsam in unsere Richtung lief.

Bild 12: Weiße Kühe habe ich bewusst noch nicht allzu oft gesehen.

Bild 13: Als die Schneebergbahn pfiff, drehten sich die Kühe unisono um.

Kurz darauf kamen zwei Wanderer vom Wassersteig herauf und betraten die Weide. Kaum verschwanden sie oberhalb der Weide im Wald galoppierten die Kühe wie auf Kommando und unter herzzerreißendem Muhen den Wanderern hinterher. Da man nichts von ihnen in der Zeitung ließ, ging die Verfolgungsjagd wohl glimpflich aus. Mir hätte diese Aktion wohl einen gehörigen Adrenalinschub verpasst.

Bild 14: Beim Aufstieg zum Krummbachstein von Norden her ergeben sich immer wieder schöne Blicke in den Krumbachgraben.

Bild 15: Hochgang und Stadelwand

In der Bildmitte der Hochgang, rechts der Stadelwandsattel und höher bewaldet die Stadelwand - meine Tour zwei Wochen davor. Die Rax verschwindet im Gegenlicht und Dunst, auch Richtung Großen Sonnleitstein ist es recht dunstig, die Aussicht vernachlässigbar.

Bild 16: Klosterwappen und Waxriegel

Der Rückblick zum Schneeberg offenbart, dass sich die Föhnwolken nahezu aufgelöst haben.

Bild 17: Am Gipfel des Krummbachstein sind Wanderer zu sehen.

Bild 18: Blauer Eisenhut, sehr giftig.

Bild 19: Kurz vorm Gipfel der obligatorische Tiefblick zum Krumbachgraben

Im Hintergrund auf der Wiese zweigt nach links der verfallene Krumholzsteig ab, nach oben der Emmysteig (markiert), nach rechts gehts zum Baumgartner und nach rechts unten zum Krumbachsattel.

Bild 20: Im Dunst kommt der Göller hervor - das war's heute an Fernsicht.

Im Vordergrund nun deutlicher (v.l.n.r.) Hochgang, Stadelwandsattel, Stadelwand (geübte Augen erkennen die Märchenwiese) und die Stadelwandleiten, die sich bis zum Klosterwappen hinaufzieht. Im Oktober aufgrund der Laubverfärbung ein lohnenswertes, dennoch schweißtreibendes Ziel (rund 1500 hm ab Höllental).

Am freiliegenden Gipfel weht lebhafter Südföhn, aber nicht vergleichbar mit dem böigen Fallwind auf dem Grafensteig.

Bild 21: Assoziationen

Gebirgsheuschreckensex - das kleinere, aber hübschere Männchen klammert sich an das große Weibchen mit dem stacheligen Hintern, das es zur Eiablage benutzt. Die Haltung beider Viecher lässt diverse Assoziationen zu, an einen Motorradfahrer denkt man da etwa, aber eher nicht an Sex.

Am Knofelebenhaus ist Zeit für eine kleine Rest. Ich ergattere mir den letzten Brombeerstrudel, ein stattliches Stück. Aber auch die Speisekarte rechts lässt erneute Besuche obligatorisch werden.

Bild 22: Für Feinschmecker und Deftiges

Bild 23: Beim Abstieg durch den Graben schlängelt eine männliche Kreuzotter davon.

In der Eng kommen wir an einem Mountainbiker vorbei, der bei der Abfahrt wohl überköpfelt hat und mit einer blutigen Nase von vorbeikommenden Wanderern bereits versorgt wird. Im selben Augenblick, als Maria fragt, ob sie helfen könne, fällt mir ein, dass ich mein Erste-Hilfe-Set zuhause vergesse hatte. Zweifellos sollte ich wieder mehr Wert auf eine Packliste legen - selbst für Tagestouren. Der Mountainbiker rast kurz darauf unbeeindruckt von seiner Verletzung an uns vorbei den Mariensteig hinab.

Bild 24: Gänse nach dem Ausstieg.

Bild 25: Abschließend für Puristen

Am Bahnhof angekommen verpassen wir um zehn Minuten den Zug nach Wien. Scheinbar bin ich bis dahin noch nie sonntags gewandert, denn ich ging selbstverständlich davon aus, dass der Zug wie unter der Woche auch im Halbstunden-Takt fährt. Maria hatte aber extra für den Sonntag nachgeschaut, und da fuhr der Zug nur stündlich ab. Ich hab's nicht geglaubt, und so saßen wir 40 min, und noch 10 Minuten länger wegen "Eingleisigkeit auf der Strecke" (die nicht begründet wurde).

Aus der Wanderung zog ich mehrere Lehren:

  • Sich Wetterkarten genauer anschauen, ich hab das Wissen, also auch nutzen, und nicht anderen Meteorologen glauben, die (ebenso) den "besten und sonnigsten Tag des Wochenendes" versprachen.
  • Auch für Tagestouren eine Packliste machen, um Notwendiges wie Erste-Hilfe-Set und Magnesiumsticks nicht zu vergessen.
  • Bei Verkehrsverbindungen immer für den entsprechenden Tag schauen, da am Wochenende, besonders sonntags, die Verbindungen oft beschissen sind. Dem Land Niederösterreich sind Wanderer leider scheiß egal, sonst gäbe es nicht so wenig Bus- und Zugverbindungen bzw. würden aufgelassen (wobei stdl. jetzt kein Drama ist - besser als nichts).

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