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25.11.12 - Hirschenkogel (1340m), Erzkogel (1504m) und Sonnwendstein (1523m) - Abstieg über Gebirgsjäger-Gedächtnisweg

Eckdaten:

  • Wegführung: Bahnhof Semmering (895m, 10.15) - Dr.Erwin-Pröll-Warte/ Hirschenkogel (1340m, 11.35) - Erzkogel (1504m, 12.30) - Sonnwendstein (1523m, 13.50) - Maria Schütz (760m, 15.00) - Schottwien, Ortsmitte (569m, 16.00)
  • Länge: 13,5 km
  • Höhenmeter (Auf/Abstieg): 780/1060 hm
  • Gehzeit Gesamt (inkl. Fotografierpausen): 3,5/2 Stunden
  • Schwierigkeit: keine
Die Prognosen verhießen jedenfalls nicht das, was im Laufe des späteren Vormittags eintreten sollte. Maria und ich starteten bei Hochnebel in Wien, fuhren mit dem RJ durch ungewöhnlich wenig Nebel bis zum Semmering, wo schon von weitem die Nebelschlange am Pass sichtbar war.

1. Semmering-"Wasserfall" und Dr.Erwin-Pröll-Warte auf dem Hirschenkogel (1340m)

Am Bahnhof angekommen empfing uns ein lebhafter Südwestwind bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Nebelschwaden trieben im irren Tempo vom Pass kommend Richtung Adlitzgräben hinunter.

Bild 1: Nebelfetzen ziehen mit kräftigen Böen über den Bahnhof hinweg.

Als wir den Nebel durchqueren, ist es ein seltsames Erlebnis: Nebel, Wind, tropfende Äste und Blätter von den Bäumen, Feuchte und Kälte zugleich.

Bild 2: Bei der Passtraße wirkt der Nebel wie der feuchte Ausfluss eines Gewitters

Bild 3: Blick von den Liftanlagen am Fuß des Hirschenkogels Richtung selbigen.

Der Nebel ist hier nur noch wenige zehn Meter dick, die Sonne scheint fahl durch die Waschküche.

Wir steigen direttisima zur rechten Hand der Liftanlagen die Piste nach oben.

Bild 4: Nebelschlange

Erstmals wird ein Blick auf den fließenden Nebel frei - er strömt bergabwärts, erwärmt sich dabei trockenadiabatisch und löst sich folglich auf. Im Hintergrund Schneeberg und Ausläufer des Gahns, rechts im südlichen Steinfeld zunehmend flacher Hochnebel.

Bild 5: Noch reißt der Nebelnachschub nicht ab (10.40 MEZ)

Der Pass befindet sich auf 984 m, der Pinkenkogel (links) ist 1292 m hoch, der Nebel ist kaum dicker als 150-200 m.

Bild 6: Ein faszinierender Anblick

Auch die Kontraste zum mächtigen Schneeberg im Hintergrund, in der Höhe bildet sich eine flache Altocumulus lenticularis (Föhnwolke), 10.50 MEZ

Bild 7: Der Nebel zeigt Auflösungstendenzen.

Bild 8: Wir steigen höher, und der Jakobskogel (Raxalpe) wird sichtbar.

Bild 9: Ohne Worte

Bild 10: Unten rechts bildet sich durch den Sonnenstand eine Korona (Lichtbrechung).

Bild 11: Dr.-Erwin-Pröll-Warte

Bei meinem ersten Besuch des Sonnwendsteins im Sommer 2010 habe ich den Hirschenkogel und damit auch die Aussichtswarte leider verschmäht, ich wusste nicht einmal etwas von der Existenz der Warte, auch dieses Mal sahen wir keine Beschilderung, bzw. haben nicht bewusst darauf geachtet. Es handelt sich um ein 30 m hohes Holzgerüst, wobei sich die Plattform auf 25 m Höhe befindet.

Bild 12: Obersteiermark

Oben angekommen bietet sich ein umfassender Ausblick entlang der Mur-Mürz-Furche bis (v.l.n.r.:) zu den Seckauer Tauern, den Eisenerzer Alpen, einzelnen Gipfeln der Ennstaler Alpen, dem Hochschwab von Süden, der Veitsch sowie der Schneealpe. Im Vordergrund zieht sich der großteils bewaldete Kamm vom Pinkenkogel über die Ochnerhöhe bis zur Kampalpe. Der Nebel hat sich nicht nur am Pass inzwischen (11.40 MEZ) aufgelöst, sondern reißt auch entlang des Mürztals auf.

Es lohnt sich, die Nebelentwicklung zu hinterfragen: Am Vortag war die Wetterlage stabil - der Nebel am Naßkamm, nur wenige Kilometer nördlich, löste sich den ganzen Tag nicht auf - auch der Nebelwasserfall blieb dort den ganzen Tag trotz Schwächephasen bestehen. Am Vortag herrschte um 11.00 MEZ auf der Rax Ostwind, auch entlang der Donau und im östlichen Wiener Becken, stellenweise auch am Alpenostrand überwog die östliche Strömung.

Am Semmering herrschte um 11.00 MEZ ebenefalls Ostwind im Wiener Becken, allerdings Westwind im Donauraum, und - entscheidend, auf der Raxalpe hatte der Wind gegen Mitternacht bereits auf Nordwest gedreht und frischte am Vormittag vorübergehend lebhaft auf. Während die Passregion durch die nächtliche Auskühlung vom Höhenwindregime (synoptisch-skalige Strömung) entkoppelt bleibt, und sich die typische Nebelschlange ausbildet, sorgt die Sonneneinstrahlung tagsüber sukzessive für ein Herabmischen des Windes - die Regimeänderung machte sich dann auch an den vereinzelten Linsenwolken bemerkbar (Westföhn!) und erklärt die hohen Tagesmaxima in den Niederungen.

Die weitere Argumentation geht über die Druckdifferenz zwischen Mürzzuschlag und Pottschach-Ternitz, sie beträgt am 24.11. um 12.00 MEZ 1,4 hPa (Druckgefälle nach Nordosten), am 25.11. sogar 1,8 hPa. Für die Nebelauflösung kommen also weniger hydrodynamische Gründe in Frage als Stabilitätsänderungen.

Betrachten wir die Temperaturdifferenz zwischen Semmering-Pass (985m), Hirschenkogel (1318m) und Rax-Seilbahnstation (1547m):

Am 24.11., 12.00 MEZ: +5,8°C auf der Rax, 3,5 Grad am Pass und +3,5 Grad am Hirschenkogel.
Am 25.11., 12.00 MEZ: +7,5°C auf der Rax, 2,6 Grad am Pass und +8,3 Grad am Hirschenkogel.

Die Inversion zwischen Hirschenkogel und Rax verschwand, gleichzeitig nahm die Nebeldicke ab und die Abkühlung am Pass zu. Vermutung: Durch die Winddrehung auf Nordwest bessere vertikale Durchmischung und Erodierung der Inversion in der Passregion, dadurch wärmer am Hirschenkogel. Mit flacherem Nebel zudem stärkere langwellige Ausstrahlung möglich, daher kälter am Semmering. Tagsüber mischte dann die westliche Höhenströmung (ausgehend vom Durchzug eines Sturmtiefs über Nordwesteuropa) die milde Luft bis in die Niederungen herunter, so wurden an einzelnen Stationen in den Voralpen bis zu 15 Grad erreicht. Vom Hirschenkogel bis zum Sonnwendstein waren es milde 10 Grad, die sich wie 15 Grad anfühlten. Am Semmering-Pass wurde es mit Sonnenuntergang schlagartig um 4 Grad kälter, in Schottwien bei unserer Ankunft um 16.00 MEZ waren es gefühlt nur mehr knappe Plusgrade, in windgeschützten Hanglagen herrschte bereits Dauerfrost mit Reifblumen.

Das Windregime am Pass wäre generell mal ein genaueres Studium Wert. Denn der Hirschenkogel befand sich von Mittelwind und Böigkeit am 25.11. zwischen 03 und 09 MEZ und dann wieder nach 18 MEZ im Passwindsystem vom Semmering, erreichte aber nie eine relative Feuchte von über 80 % (also nicht im Nebel). Dazwischen war der Wind deutlich schwächer, teils auch westlich bis nordwestlich. Interessantes Detail: Die Temperatur war immer wieder Schwankungen unterlegen, egal ob innerhalb oder außerhalb des Passwindregimes. Weder kontinuierliches Steigen noch Fallen.

Damit aber auch genug über kleinräumige Wetterphänomene in den Alpen - widmen wir uns nun der grandiosen Aussicht von der Warte:

Bild 13: Fernsicht bis zu den Nockbergen - Tagesrekord! (Bild anklicken zur Beschriftung)

Über die nördlichen Gebirgskämme der Lavanttaler Alpen schauen einzelne Spitzen der Nockberge herüber.
Zumindest Wintertalenock und Eisenhut waren mit bloßem Auge gut erkennbar, die anderen Gipfel verschwanden wegen ihrer Entfernung im Dunst.
Rechts unverkennbar der Seckauer Zinken mit seiner langgestreckten Südflanke.

Durch die Ausräumung der Inversion (Labilisierung!) brach der Hochnebel auch im Mürztal in Windeseile auf.

Bild 14: Links der langgestreckte Rücken der Fischbacher Alpen, hinten Lavanttaler Alpen in über 100 km Entfernung.

Bild 15: Schottwien, Steinfeld und Sonnwendstein

Links der Talübergang Schottwien, mit 632 m Länge eine der größten Spannbetonbalkenbrücken weltweit und 130 m hoch, und unser Ankunftsort. Im Hintergrund schiebt sich der Hochnebel Richtung Alpenostrand (Erwärmung der Berge, Druckfall und Ausgleichsströmung), bleibt aber eher nicht geschlossen. Rechts der Sonnwendstein mit der von weitem sichtbaren Antenne.

Bild 16: Semmering, Schneeberg

Der Nebel ist verschwunden und gibt den Blick auf die Semmering-Pass-Straße, die Adlitzgräben (links) und den Kreuzberg dahinter frei. Dahinter befindet sich das Schwarzatal, das vom Schneeberg und dem Gahnsplateau dominiert wird.

Bild 17: Innenansicht

2. Wanderung zum Erzkogel (1504m)

Bild 18: Wofür so alles Platz in der Natur ist ...

Bild 19: Am Kamm des Erzkogels

Wir folgen dem Dürrriegel bis zum Erzkogel und genießen die frühlingshafte Wärme.

Bild 20: Schneealpe und Rax

Im Vordergrund die Paläste am Semmering, im Hintergrund die Rax in voller Länge mit (v.l.n.r.:) Heukuppe, Predigtstuhl, Dreimarkstein, Preinerwand, Hohe Kanzel, Jakobskogel und Gsolhirn (Seilbahn-Bergstation), rechts lugt noch ein Teil des Schneebergs hervor.

Bild 21: Koralpe und Lavanttaler Alpen (Bild anklicken zur Beschriftung)

Links vom Schöckl schaut doch tatsächlich eine kleine Erhebung drüber, sie war auch im Dunst gut auszumachen. Es handelt sich um den südlichsten Koralpengipfel östlich von Lavamünd an der slowenischen Grenze gelegen. Rechts ist noch ein südlicher Lavanttaler zu sehen.

Bild 22: Seckauer Tauern bis Hochschwab (Bild anklicken zur Beschriftung)

Hier sieht man Gipfel der Seckauer Tauern, der Eisenerzer Alpen sowie den höchsten Gipfel der Rottenmanner Tauern

Bild 23: Lavanttaler Alpen, Nockberge bis Seckauer Tauern (Bild anklicken zur Beschriftung)

Zirbitzkogel und Trabanten heben sich deutlich links vom Roßeck (bzw. rechts vom Rennfeld, nicht im Bild) ab, in der Bildmitte sieht man nochmals die nördlichen Lavanttaler Alpen und einzelne Nockberggipfel. In der Mur-Mürz-Furche hat sich der Hochnebel in feuchten Dunst umgewandelt.

3. Auf dem Sonnwendstein

Bild 24: "Der Heimat zur Liebe, der Jugend zur Mahn"

Denkmal der Gebirgsjäger aus dem Zweiten Weltkrieg am Sonnwendstein

Bild 25: Futuristische Sendeanlage (des ORF, 100 m hoch)

Bild 26: Semmering-Steinfeld

Im Vordergrund zentral Grassberg (1078m), rechts Kleiner Otter (1300m), weiter hinten in der Kegelform Raachberg (908m).
Ganz links Hohe Wand und felsig Gösing (898m). Das untere Schwarzatal und das südliche Steinfeld liegen bereits außerhalb des Hochnebeldunsts.

Bild 27: Rax und Schneeberg

Adlitzgräben in fast voller Länge, dahinter der langgestreckte Kreuzberg, eventuell geeignet für Schneeschuhwanderungen.
Im Hintergrund Rax, Höllental, Handlesberg (1370m, Hintergrund), Kuhschneeberg, Schneeberg, Mittagstein davor, Eng.

Bild 28: Hochschwab bis Rax

V.l.n.r.: Hochschwab, Veitsch, Tratenkogel (1565m, Vordergrund), Tonion (1699m, 37 km),
dann als Spitze am Horizont Dürrenstein (1878m, 62 km), Schneealpe, Heukuppe.

Bild 29: Die Pollereswand (980m)

Bild 30: Eisenerzer bis Ennstaler Alpen (bitte zur Beschriftung auf das Bild klicken)

Links Gipfel der Eisenerzer Alpen, dann die westlichen, flachen Ausläufer des Hochschwabs. Darüber schauten ein paar Spitzen,
die sich bei genauerem Hinsehen als die Doppelgipfel von Lugauer und Ödstein entpuppen.

Bild 31: Ruine Klamm-Schottwien

Die ehemalige Burg stammt aus dem frühen 12. Jahrhundert, die 1451 errichtete spätgotische Kapelle (einfacher Saalbau) ist aus der Vogelperspektive
sehr klar zu erkennen.

Bild 32: Schottwien

Bild 33: Die Schatten werden länger

Links überragt der Gahnsrücken das Schwarzatal.

Bild 34: Scherz am (Weges-) Rande

4. Abstieg nach Schottwien über Gebirgsjäger-Gedächtnisweg

Wir entscheiden uns gegen den Almensteig zurück nach Semmering und für den steilsten Abstieg nach Maria Schütz, da wir sowieso den Bus Richtung Gloggnitz nehmen müssen. Der 3,5 km lange Abstieg ist wunderschön angelegt, und führt in zahlreichen Serpentinen an der Nordseite des Sonnwendsteins gut 800 hm hinab. Wir benötigten hierfür ohne extremes Tempo genau eine Stunde.

Bild 35: Gut gepflegter und markierter Steig.

Bild 36: Brücken

Bild 37: Marien-Wallfahrtsort Maria Schütz (Barock)

Im Schatten wurde es bereits frisch, am Wiesenhang hielt sich eine Reifschicht. Da wir noch eine gute Stunde Zeit haben, ehe der Bus kommt, entschieden wir uns, bis Schottwien weiterzugehen, um uns durch die Bewegung warm zu halten.

Bild 38: Brücke im Abendlicht.

Dahinter Kreuzberg (900 m), Gahns (1300 m) und Schneeberg (2000 m), interessant die verschiedenen Höhenstufen.
In der Höhe ein paar lockere Altocumulus-Wolken.

Bild 39: Verschneidung würde der Bahnliebhaber sagen

Bild 40: Der Sonnwendstein vom Ortseingang Schottwien betrachtet

Bild 41: Unter der Bröselbrücke ...

Bild 42: Ehemalige Stadtmauer (12.Jahrhundert) mit gut erhaltenem Stadtturm

Schottwien wurde 1094 als 'Clamme' bezeichnet, ab 1220 Schadwin (Scheide des Wiener Einflussgebiets), und war ein wichtiger Befestigungspunkt, Mautstation und Bewirtungs- und Beherbergungsort kurz vor dem Pass. 1798 gab es 15 Gasthäuser, am 18.10.1846 fielen 23 Häuser einem riesigen Brand zum Opfer. Weitere 18 Häuser wurden gegen Ende des Zweiten Weltkriegs ganz oder teilweise zerstört.

Bild 43: Der Posthof, im Kern aus dem 16. Jahrhundert.

Bild 44: Die neogotische Westfassade der spätgotischen Kirche

Bild 45: Das Herrschaftliche Amtsgebäude

Von 1603-1642 Hofhaus der Freiherren und Grafen von Ursenbeck

Bild 46: Wohngebäude aus der Frührenaissance (mit Rundbogenkonsolen und zugemauertem Fenster/Eingang ganz rechts)

Bild 47:Blick auf den großteils spätmittelalterlichen bis frühbarocken Stadtkern

An der Bushaltestelle gegenüber der Raiffeisenbank beendeten wir einen abwechslungsreichen Wandertag, und das vermutlich letzte T-Shirt-Wetter in diesem Jahr bei nahezu Windstille entlang des Wiesenkamms. Ich danke Maria fürs Mitkommen :-)

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