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27.4.12 - Rennfeld (1629m), Fischbacher Alpen - Überschreitung

Die Fischbacher Alpen sind im Sommer gewöhnlich ein Garant für Wärmegewitter und besonders heftige Frontgewitter. Entsprechend ist die gefahrloseste Zeit, dieser Gegend einen Besuch abzustatten, das Frühjahr und der Herbst. Kurioserweise sind sie von Wien aus mit den Öffis leichter zu erreichen als zahlreiche Voralpengipfel in Niederösterreich. So fuhr ich mit 7.02 in Meidling los und kam um 9.17 pünktlich in Pernegg an der Mur an, retour fährt ab Bruck an der Mur stündlich bis Sonnenuntergang ein Zug Richtung Wien, sodass ich beim Abstieg - bis auf die späte Ankunftszeit in Wien - keinerlei Zeitdruck verspürte.

Das Rennfeld gehört zum westlichsten Ausläufer der Fischbacher Alpen und ist wegen seinem isolierten Gipfel ein herrlicher Aussichtsberg. Dank der vielen Sturmschäden (zuletzt am 27.1.2008?) sind bereits beim Aufstieg im ansonsten durchgehenden Wald immer wieder Fernblicke nach Süden und Westen möglich. Nachteile sind die wenigen Möglichkeiten, Trinkwasser aufzufüllen (abgesehen von geöffneten Hütten) - und die relativ langen Abstiegswege ins Murtal.

Mangels einer Wanderkarte schaute ich mir am Vortag ausgiebig die Karten von Bergfex und Amap-Online an, und druckte mir einen Kartenausschnitt aus, der - vermeintlich - die geplante Abstiegsroute abdeckte. Wie sich auf der Gipfelhütte herausstellte, hatte ich meine favorisierte Route abgeschnitten. Dass dies nicht tragisch war, dazu später mehr.

Durch die - nicht in den Online-Karten aufscheinenden - lichten bis kahlen Waldflächen ist die Wegfindung teilweise erschwert, weil Markierungen fehlen. Mit guter Orientierung stellt dies aber kein Problem dar. Explizit möchte ich noch auf die Zeckengefahr hinweisen, hab mindestens 7 Zecken vom Leib gekratzt, zum Glück noch nicht festgebissen. Schutzimpfung schadet also nicht, und beim Aufstieg im teils hüfthohen Gras empfiehlt sich lange Kleidung.

Eckdaten:

  • Wegführung: Pernegg a.d. Mur (458m, 9.17) - Gabraungraben, Abzw. Rennfeld (530m, 9.42) - 72-Reihen-Steig - Zatschpucherhütte (1000m, 10.46) - Gipfel (1629m, 12.40) - Gipfelpause auf der Ottokar-Kernstock-Hütte bis ca. 13.40 - Wirtshaus Hutterer (1031m, 14.50) - Huber (700m, 15.40) - Bahnhof Bruck a.d. Mur (490m, 16.30)
  • Länge: 17,0 km
  • Höhenmeter (Auf/Abstieg): 1170/1140
  • Gehzeit Gesamt (inkl. Fotografierpausen): 6,5 Stunden
  • Schwierigkeit: viele Zecken im Bereich des 72-Reihen-Steigs, im oberen Bereich wenig Markierungen

Meine Unternehmung startet am Bahnhof Pernegg, wo ich als einziger Wanderer aus der S-Bahn steige.

Bild 1: Pernegg an der Mur

Anfangs geht es relativ eben auf Asphaltwegen. Zwar kein guter Belag, aber ideal zum warm werden.

Bild 2: Frauenkirche Pernegg (1461 erbaut) mit prächtiger gotischer Westfassade

Bild 3: Maximiliankirche in Kirchdorf (1130 erstmals erwähnt) mit ehemals romanischem Langhaus und mächtigem gotischen Wehrturm

Recht flott erreiche ich die Abzweigung zum 72-Reihen-Steig, der sich in ebenso vielen Serpentinen aufwärts schlängelt, sodass man rasch an Höhe gewinnt. Der Steig ist durchwegs gut zu begehen und die Steilheit kein Problem.

Bild 4: Südwestkamm des Rennfelds

Zum Blickfang wird der 900 m hohe Kamm, auf dem der Steig mündet. Ich stehe zu diesem Zeitpunkt zwischen teils hüfthohem Gras, in dem viele Zecken lauern. Aufpassen!

Bild 5: Murtal

Der Startort hat sich bereits ein gutes Stück von mir entfernt und der Blick fällt auf die Alm südlich des Gabraungrabens. Zentral im Hintergrund der Kreuzkogel (1181m), ganz hinten dürfte es sich um den Hochtrötsch (1239m) handeln.

Bild 6: Gipfelkamm

Am ersten Kamm angelangt schaue ich auf den Waldkamm rechts, der zum langgezogenen Gipfelplateau führt. Das kleinere kahle Feld oben werde ich später durchqueren.

Bis dahin gestaltet sich die Wegfindung aber nicht so einfach. Wegen der vielen Waldschäden wurden neue Forstwege in den Wald gehauen, die nicht in den aktuellen Wanderkarten verzeichnet sind. Zudem gibt es zwar vorbildliche gelbe Wegweiser, aber zum Teil nur spärliche rote Markierungen. Ausgerechnet an einer großen Kreuzung, wo sich drei Wege aufteilen, gab es nur eine Markierung, aber danach keine mehr. Ich ignorierte sie erst und stieg den Weg hinauf, den ich in meiner Karte als den richtigen zu erkennen glaubte, fand aber bald keine Markierungen mehr. Dasselbe mit dem, wo nur anfangs eine Markierung war. Schließlich folgte ich meinem Instinkt und dem ursprünglichen Weg, der dann im zum Glück lichten Wald endete. Da ich die Höhenlinien richtig zu interpretieren vermochte, kürzte ich den Hang hinauf ab und gelangte auf einen Forstweg, der mich auf den richtigen Steig zurückbrachte. Wahrscheinlich habe ich beim durchs Unterholz kämpfen weitere Zecken aufgesammelt.

Bild 7: Gößeck (2214m, 34 km), Eisenerzer Alpen

Bild 8: Nach Westen und Südwesten öffnet sich ein umfassender Fernblick

Die zahlreichen pyramidenförmige Gipfel der Gleinalpe haben die ideale Form für Gewitterbildung.

Im Hintergrund teils schneebedeckt der Peterer Riegel (1967m,56 km), rechts Speikkogel (1988m)

Bild 9: Hochlantsch

Rückblick auf das lichte Wegstück, das sich in der prallen Sonne ganz schön hinzog. Dahinter dominant der Hochlantsch, mit 1720 m höchster Gipfel des Randgebirges östliches der Mur. Ab Mai auch wieder über die Bärenschützklamm erreichbar. Links das langgezogene Tal, das vom Breitenauer Bach durchflossen wird, der Talschluss gabelt sich in den Zuckenhutgraben (links) und Zintonergraben (rechts) auf und ist von einer schmalen Bergkette umschlossen (evtl. interessante Variante für Mehrtagestouren, aber öffentlich schlecht erreichbar).

Bild 10: Obersteiermark

Nach Norden zu tauchen zahlreiche Gipfel der Eisenerzer Alpen sowie der Hochschwabgruppe auf.

Bild 11: Hohe Tauern

Über den Fernsehsender unterhalb des Mugels (1630m) hinweg reicht die Sicht bis zu den Hohen Tauern, rechts der Antenne ist mit bloßem Auge die Hochalmspitze (3360m), höchste Erhebung der Ankogelgruppe, in 160 km Entfernung zu erkennen. Weiter rechts bzw. nördlich auch Gipfel der Hafnergruppe, der östlichsten 3000er der Alpen.

Bild 12: Panorama West

Vor den Detailausschnitten der Gesamtüberblick:

V.r.n.l.: Seckauer Tauern mit Seckauer Zinken (2397m,47 km) und Hochreichart ganz rechts (2416m, 51 km); Hohe Tauern (maximal 162 km); Roßeck (1664m) und Mugel im Vordergrund; dann schneebedeckt die Wenzelalpe (2151m, 69 km), Teil der Gurktaler Alpen; weiter links schneebedeckt Gleinalpe /Speikkogel, und noch weiter links schon sehr weit weg evtl. Seetaler Alpen.

Bild 13: Schneewächte

Unmittelbar am Gipfelplateau angekommen sah ich auch schon die ersten Schneewächten, hier an der abschüssigen Südflanke des Rennfelds, wo offensichtlich durch die zahlreichen, von stürmischen Wind begleiteten Schneeereignissen viel Schnee auf die Leeseite verfrachtet wurde.

Bild 14: Gipfel aus der Ferne

Jetzt sieht man auch erstmals den Gipfel und die markante Richtfunkstation daneben. Zwischen den Bäumen verbergen sich zahlreiche, teils größere Altschneefelder. Auf dem ebenen Weg sind Steigeisen glücklicherweise nicht notwendig.

Bild 15: Gipfel aus der Nähe

Nach 3,5 Std. inkl. einiger Trink- und Fotografierpausen ist der erste Teil der Überschreitung geschafft. Rechts im Tal liegt mein Zielort Bruck an der Mur, die Entfernung ist erstmal entmutigend ;), dafür entschädigt aber die umfassende Aussicht.

Bild 16: Blick zurück

Deutlich sieht man die zahlreichen Altschneefelder, im Hintergrund links der Mitte schneebedeckt die Koralpe mit Großem Speikkogel (2140m, 75 km), ganz links das Bachergebirge in durchschnittlich 100 km Entfernung.

Nun zu den kontrastverstärkten Detailaufnahmen

Bild 17: Steiner Alpen und Karawanken

Zwischen Koralpe und Packalpe geht der Blick zum Gruppenhöchsten der Steiner Alpen, dem Grintavec, und zu einigen Gipfeln der Karawanken

Bild 18: Gurktaler Alpen, Nockberge

Bild 19: Hohe Tauern: Reißeckgruppe, Ankogelgruppe und Hafnergruppe

Bild 20: Im Nordwesten sind die Eisenerzer Alpen zu sehen

Bild 21: Im Nordnordwesten die Hochschwabgruppe in der gesamten Länge

Bild 22: Im Vordergrund die Hütte, dahinter Veitsch und Schneealpe

Bild 23: Nach Nordosten zu Veitsch, Schneealpe und Rax, sowie Semmering

Bild 24: Bruck an der Mur vor den Seckauer Tauern und Ennstaler Alpen

Bild 25: Schneealpe, Rax, Semmering, Stuhleck und Wechsel

Dann ging ich zur Hütte hinab und bestellte erstmal zwei gespritzte Apfelsäfte, was so ungewöhnlich sein mag, dass der Hüttenwirt nochmal nachfragte und bei den anderen Wanderern ein Gemurmel einsetzte "Der muaß an gscheitn Durscht hoam!" Mittlerweile mache ich das aber öfters so, dass ich gleich 2-3 auf einmal bestelle. Je mehr Flüssigkeit, desto besser (ok, Kohlensäure ist nicht ganz so günstig) - und ich hatte absichtlich weniger dabei (= weniger zu schleppen), weil ich mit einer Einkehr rechnete.

Auf der Hütte stellte ich dann fest, dass meine ausgedruckte Karte die geplante Abstiegsroute nicht enthielt und überlegte erst einmal lange. Ein älterer Wanderer bemerkte mein Zaudern und erklärte auf Nachfrage, dass die favorisierte Route stark vereist war und man Steigeisen benötigte - was ein weiterer Wanderer bestätigte. Er schlug mir dann vor, über den "Hutterer" abzusteigen, die südlichere und kürzere Route, mit dem Nachteil, ein Stück Asphaltweg zurücklegen zu müssen.

Dann frug er mich, wo ich herkomme, und ich sagte: Aus Wien. Was in der Umgebung leichte Heiterkeit hervorrief. Beim Abschied sagte eine der Einheimschen dann zwei Mal "Tschüßchen!" und ich erwiderte lediglich (in die Runde): "Pfiat eich!", wie ich das seit 8 Jahren gewohnt bin. Der ältere Wanderer meinte noch, dass wir uns vielleicht eh beim Hutterer wieder begegnen (bzw. er mich unterwegs einholt), aber ich war dann doch trotz kurzer Fotografierpausen sehr flott im Abstieg und verging mich auch nicht wieder..

Sieht man von diesem "Zwischenfall" ab, hat es mir sehr gefallen, und ich wäre auch gerne noch länger geblieben, hätte ich nicht vor Sonnenuntergang in Wien sein wollen.

Bild 26: Teils steinhart gefrorene Altschneereste auf dem Forstweg, rechts die Abzweigung zum Hutterer

Bild 27: Murtal

Blick in den Glanzgraben im Vordergrund, mit dem Wirtshaus Hutterer rechts, im Hintergrund Bruck an der Mur, rechts (bewaldet, niedrig) das Madereck (1050m), dahinter rechts der Kletschachkogel (1457m), ganz hinten noch einmal die Seckauer Tauern, während man die Hohen Tauern allenfalls noch erahnen kann.

Bild 28: Zoom auf Bruck an der Mur, im Vordergrund die Autobahnbrücke, unter der ich später durchgehe

Bild 29: Rückblick zum Hutterer mit schöner Almwiese, noch kuhunbefleckt

Bild 30: z.b. hier

Bild 31: oder hier

Bild 32: Die Steirischen Killerkühe denken in Ruhe über den Schlachtplan für die Sommersaison nach.

Bild 33: Alpenidylle

Bild 34: Junge Kätzchen

Bild 35: Pferd, im Hintergrund die dröhnende Autobahn

Von der Geräuschkulisse her eine Zumutung für die Anwohner und Tiere, warum gibt es hier keine Einhausung?

Bild 36: Pferd

Bild 37: Stadtpfarrkirche Mariä Geburt (Langhaus aus 1272)

Bild 38: Fliegen

Bild 39: St.Nikolaus im Stadtteil Pischk, romanischer Kern, im 14. Jahrhundert erweitert (gotisch)

Beim Abstieg frug mich zuerst ein älteres Ehepaar, dann der Hüttenwirt, ob sie mich ins Tal mitnehmen sollen (mit dem Auto), aber ich lehnte dankend ab. Es war mein letzter Urlaubstag und ich genoss jede Minute an der frischen Luft bei herrlicher Aussicht und nicht wartend am Umbaubahnhof.

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