Start über Innsbruck lokale Windsysteme Föhn Niederschlag Ereignisse Galerie Impressum

23.10.2012 - Vom Höllental über den Krummbachstein in den Lackabodengraben

Wieder ein Bericht mit vielen Bildern, aber Balsam für die Nebelgeplagten und Nahrung für die dunkle Jahreszeit

Eckdaten:

  • Wegführung: Hirschwang-Seilbahn-Station (530m, 9.00) - Wasserleitungssteig - Kaiserbrunn (527m, 10.00) - Naturfreundehaus Knofeleben (1250m, 12.00) - Krummbachstein (1602m, 13.20) - Verhauer auf der Wiese vom Alpl (schlecht markiert) - Krummbachsattel (14.30) - Alpleck (15.00) - Eng - Mariensteig - Bahnhof Payerbach-Reichenau (500 m, 16.54)
  • Länge: 21,5 km
  • Höhenmeter (Auf/Abstieg): 1450/1450 hm
  • Gehzeit Gesamt (inkl. Fotografierpausen): 4,5/3,5 Stunden
  • Schwierigkeit: am unbenannten Steig zwischen Kaiserbrunn und Knofeleben stellenweise schmal und ausgesetzt, zwei seilversicherte Passagen (A), u.a. über steiles Schotterfeld (Handschuhe ratsam), am Gipfelaufstieg zum Krummbachstein linksseitig ausgesetzt, I-

Die Tour stand unter keinem guten Stern. Wegen "luftiger Stellen" auf dem unbenannten Steig zwischen Kaiserbrunn und Knofeleben grübelte ich am Vortag stundenlang und schlief anschließend schlecht. Ich war hin- und hergerissen, ob ich den inneren Schweinehund überwinden sollte, oder doch eher was Leichtes machen. In der Früh war ich so weit gefestigt, es durchzuziehen, aber lange schien es, als würde mir ausgerechnet das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen. Von Wien bis Payerbach-Reichenau überwog eine kompakte, fast aufliegende Nebeldecke, die in Höhe Schlöglmühl kurz etwas bläulicher wurde und Sonnenschein vermuten ließ. Ich malte mir bereits einen Plan B aus, da ich ohnehin bis zur Seilbahnstation fahren wollte und dann bei unverändertem Nebel rasch in die Sonne aufsteigen konnte. Als ich aber die prächtigen Herbstfarben vor Ort sah, nahm ich den Nebel als kleineres Übel hin, und dann passte schließlich alles perfekt: Exakt am Startort Rax-Seilbahn entlang dem Wasserleitungsweg ("Alpine Steiganlage") hörte der Nebel wie abgeschnitten war und ich sah die ersten Sonnenstrahlen.

1. Wasserleitungssteig nach Kaiserbrunn

Bild 1: Am Beginn des Höllentals geizt der Herbst nicht mit seinen Reizen

Bild 2: Die sich lichtenden Nebelschwaden lecken an den Hängen

Der Weg ist meist sehr breit und stellenweise mit einfachen Leitern versehen, an wenigen Stellen gelangt man bis zum Bachgrund (Schwarza) hinab, entsprechend sind bis Kaiserbrunn doch ein paar Höhenmeter (geschätzt 200 hm) zu überwinden.

Bild 3: Dafür hat man beeindruckende Sicht auf die steil aufragenden Felswände wie hier

Bild 4: Oder hier

Bild 5: Das Höllental Richtung Norden

Bild 6: Wie ein bunter Urwald

Bild 7: Die Sonne gewinnt die Oberhand, das Wasser ist glasklar.

Bild 8: Bereits am Ende des Steigs in Kaiserbrunn - ein paar Nebelschwaden halten sich an der Ostflanke der Raxalpe

2. Von Kaiserbrunn zum Naturfreundehaus Knofeleben

Ich gehe ohne Pause gleich weiter, um die für mich beunruhigende Stelle möglichst rasch zu erreichen. Ich bin dennoch zuversichtlich - die Tagesform stimmt heute, die Fitness passt. Der Steig zweigt rechts vom Forstweg in den Wald ab, kurz ein paar Serpentinen, dann folgt die lange Querung aufsteigend am Hang des Grabens. Der Weg ist durchwegs schön zu gehen, ein bisschen rutschig durch den nassen Untergrund (Tauablagerung bzw. Nebelnässen), aber unschwierig.

Bild 9: Erste Versicherung

Die Stelle ist weniger heikel als es die Drahtseile suggerieren, bei Nässe kann es auf der Holzleiter aber recht rutschig sein, daher ist die Versicherung schon vertretbar. Ich ziehe meine Kletterhandschuhe an, um die Seile besser angreifen können - was mir vor allem bei der nachfolgenden Stelle nützt, wo man etwas kräftiger anpacken muss.

Bild 10: Links die Kornbrandmauer (Rax), rechts der Hochgang (1217m), im Hintergrund mit Nebel der Hainboden (1268m)

Bild 11: Schlüsselstelle I

Der schwierigste Wegabschnitt ist erreicht: Über einen gerölligen Hang geht es nach oben. Zur Beruhigung: Es geht komplett versichert hinauf, nur an kurzen Stellen muss man mit den Stöcken (als Pickel eingesetzt) etwas nachhelfen. Handschuhe sind wie gesagt von Vorteil, ausgesetzt ist die Stelle nicht direkt, aber hinabrutschen sollte man auch vermeiden.

Bild 12: Schlüsselstelle II

Der weitere Wegverlauf ist erkennbar, gut gesichert bis zu einem Felsvorsprung.

Bild 13: Dort entschädigt ein phantastischer Blick in den Knofeleben- bzw. Krummbachgraben

Bild 14: Hinter dem Baumstumpf geht es rund 300 hm in die Tiefe.

Nach dem Felsvorsprung gelangt man zu einem Forstweg, der in weit ausladenden Kehren sich den Hang hinaufwindet. Dadurch ergeben sich immer wieder schöne Blicke in den Graben und zur Raxalpe bzw. Schneeberg.

Bild 15: Zwischen Hochgang (1217m) und Stadelwand (1407m) ist der Herbst weit fortgeschritten

Bild 16: Aber auch zu Beginn des Grabens ist es noch häufig bunt.

Vom Forstweg führt ein schmaler Steig schließlich zum Weg Richtung Knofeleben.

Bild 17: Die Abzweigung nach Kaiserbrunn könnte man glatt übersehen.

3. Von Knofeleben zum Krummbachstein

Ich raste nur kurz beim Naturfreundehaus, um Flüssigkeit zu tanken (Hollersaft). Hunger hätte ich auch, aber danach wäre ich zu träge, um noch zum Gipfel zu wollen. Bisher hab ich außer einer Mohnkrone in der Früh nichts gegessen. Später aß ich noch einen Fruchtriegel, sonst zehrte ich offenbar von (im Überfluss vorhandenen) Reserven. Gut, ein bisschen abnehmen schadet auch nicht ...

Bild 18: Beim weiteren Aufstieg werden Großer Sonnleitstein (links) und Gippel bis Obersberg sichtbar.

Bild 19: Auf der Paschekrast (1497m) treffe ich ein (vermutlich) ungarisches Ehepaar

Der ausgesetzte Felsvorsprung bietet einen herrlichen Blick in den Graben (und Aufstiegsweg), sowie zu Rax und Schneeberg.

Kurz darauf begegne ich noch einem älteren Wanderer, der mir verwundert erzählt, dass er bisher außer einer Frau niemand getroffen hat. Er ist denselben Weg wie ich hoch und geht ihn auch wieder zurück.

Bild 20: Gahns mit Saurüssel (1340m) links, unten die Eng (späterer Abstiegsweg), im Hintergrund Ausläufer des Semmerings

In den Niederungen halten sich Hochnebelfelder (links), die nahe den Bergen in feuchten Dunst übergehen. Hier hat es die Sonne also geschafft.

Bild 21: Blick zurück nach Kaiserbrunn, einen gescheiten Hatscher hab ich bisher schon hinter mir. Die Hälfte, wie sich später herausstellen wird.

Bild 22: Kurz vor dem Schlussanstieg senkt sich der Steig in eine Einsattlung ab.

Der Weg nutzt jede Geländekante geschickt aus, nur am Gipfelaufbau kann man die Hände kurz zur Hilfe nehmen (I-). Den Gipfel hab ich dann für mich alleine.

Bild 23: Panorama West (bitte anklicken, um die Gipfel zu beschriften)

Vom Hochkar über das Tote Gebirge (132 km entfernt - Tagesrekord!) und Sensengebirge bis zum Dürrenstein schaut man hier.
Wieder einmal zeigt sich, dass auch die niedrigen Gipfel ausreichen, um eine umfassende Fernsicht zu garantieren.
Die Höhe ist nicht zwangsläufig notwendig, wenn die Sichtachsen passen.

Bild 24: Göller (1766m) und Ötscher (1893m)

Im Vordergrund Lahnberg (1594m) und Mitterberg (1429m), rechts Gippel (1669m)

Bild 25: Semmering, Rax und Fischbacher Alpen - und viel mehr

Bild 26: Panorama Südwest (bitte anklicken, um die Gipfel zu beschriften)

Ein Zoom nach Südwesten offenbart eine ungetrübte Sicht, mit dem Lenzmoarkogel (Gleinalpe), dem Speikkogel (Stubalpe), und dem Zirbitzkogel (Seetaler Alpen);
Fernsicht hier: 122 km!

Bild 27: Panorama Süd

Das Günser Gebirge liegt bereits unter dem Nebel (seine Konturen sind aber durch die Anhebung der Dunstgrenze zu erahnen),
rechts vorne Großer Otter (1358m) und Sonnwendstein (1523m) am Semmering, im Hintergrund Hochwechsel (1743m).

Bild 28: Schließlich noch über die Haltestelle Baumgartner und Hoher Hengst (1450m) Richtung Gutensteiner Alpen

Links Dürre Wand, rechts Hohe Wand, mittig Hohe und Vordere Mandling bereits im Nebel, der Wienerwald ist darunter verschwunden (< 900 m).

Bild 29: Ich liebe solche Tiefblicke, vorausgesetzt, ich muss sie nicht am Weg an Schotterhängen queren

4. Verhauer Richtung Alpleck

Soviel zum Thema Orientierung im unmarkierten Gelände. Ich achtete kurz nach der Alpenfreundehütte extra darauf, die gelbe Markierung (Abzweigung zum Alpleck) nicht zu verpassen. Zwei gelb markierte Steine hab ich noch gesehen, dann verlor sich alles in der Kuhwiese. Blöderweise hatte ich nur den ÖKV-Ausschnitt Semmering-West dabei (ein Irrtum beim Kauf, hätte -Ost auch dazu kaufen müssen), der exakt am Krummbachstein-Gipfel endet. Für den weiteren Wegverlauf war die Kompass-Karte zu grob, und die Wegfindung im unmarkierten Gelände schwierig.

Bild 30: Hier ist der Karrenweg noch eindeutig, im südlichen Steinfeld schluckt der Hochnebel alles.

Bild 31: Ich gehe sogar noch bis zur (nicht eingezeichneten) Hütte. Dort hätte ich die Wiese hinabgehen sollen.

Stattdessen folge ich der Rinne weiter rechts, da auch hier ein Wegverlauf erahnbar ist, wenn auch kein Karrenweg. Das hätte mich bereits warnen sollen. Weiter unten verengt sich die Rinne und ich stoße irgendwann an einem Stacheldrahtzaun an, bei dem es kein Weiterkommen gibt. Ärgerlich kehre ich um und nehme den Weg zum Krummbachsattel (1333m), auch wenn er in die falsche Richtung fährt, aber wenigstens gut markiert ist. Am Alpleck komme ich erst um 15 Uhr an, gut eine Stunde später als geplant, was bei der fortgeschrittenen Jahreszeit schon zu lang ist. Damit verwerfe ich auch meinen Plan, über die Bodenwiese und Waldburgangerhütte nach Payerbach abzusteigen. Erfahrungsgemäß zieht sich der Weg entlang der Bodenwiese ziemlich, und der ziemlich steile Abstieg über die Jubiläumsaussicht ist bei Dunkelheit auch nicht schön.

Ich verhaue mich am Krummbachsattel gleich noch ein zweites Mal. Statt der roten Markierung zum Alpleck folge ich (einem einsamen Wanderer) der Wiese und dem gelb markierten Forstweg, der noch einen größeren Bogen um den Krummbachstein macht als mir lieb ist. Seit dem Krummbachstein bin ich nun ohne Pause (vom Fotografieren abgesehen) unterwegs, und werde auch bis zum Bahnhof durchmarschieren.

Bild 32: Links Hoher Hengst, unten Rohrbachgraben. Der Nebel bleibt brav im Wiener Becken liegen - noch ...

5. Über Lackabodengraben und Eng nach Payerbach-Reichenau

Am Alpleck treffen sich mehrere Wege, die aber gut beschildert sind. Ich entscheide mich gegen die Bodenwiese und für den Lackabodengraben, der mich in die Eng führen wird. Der Weg ist ausnahmsweise gut beschildert und markiert, wenn auch ziemlich verwachsen, dennoch gut erkennbar, da es nur diesen einen Weg nach der Lackabodenhütte gibt.

Bild 33: Der Abstieg macht seinen Namen alle Ehre

Man wandert meist gemächlich fallend durch den Graben - ein wunderschöner Weg quer durch den Gemüsegarten:

Bild 34: Die bereits tiefstehende Sonne veranstaltet eine mystische Lichtstimmung im Urwald

Ausgerechnet am wohl einsamsten Weg treffe ich noch einen Wanderer, die Eng hab ich dafür später für mich alleine.

Bild 35: Bei einer Linkskurve schaut es in einer nicht zugänglichen Grube ziemlich wüst aus.

Bild 36: Die Schönheit des Lackabodengrabens wird durch diese Allée formvollendet.

Bild 37: Nach einem schier endlosem Grabenhatscher erreiche ich die lichtdurchflutete Eng

Bild 38: Da schaut die Welt doch gleich viel freundlicher aus ...

Bild 39: Kurz vor dem Ausstieg über den Mariensteig wirds romantisch: Bühne frei für den Sonnwendstein!

Bild 40: Farbenrausch

Bild 41: Mit müden Beinen und schmerzenden Füßen erreiche ich das Schneedörfl

Kaum trete ich aus dem Wald heraus, empfängt mich ein unangenehm kalter und böiger Nordostwind. Er treibt vom Wiener Becken die Nebelschwaden taleinwärts.

Bild 42: So erscheinen die Gahnsleiten zunehmend dunstig

Bild 43: Das Sonnenlicht wird durch den feuchten Dunst immer fahler.

Bild 44+45: Innerhalb weniger Minuten wird das Tal vom Nebel eingehüllt. Davor letzte Aufnahmen der Herbstfarben:

Ich erreiche exakt um 16.54 den Bahnhof, oder fast exakt. Ich bin etwa fünfzehn Sekunden zu langsam und sehe den Zug vor meiner Nase davonfahren. Macht aber nichts. Jetzt kann ich gemütlich jausnen. Bis ich mich dann im Zug gemütlich mache, ist es durch den aufziehenden Nebel dunkel geworden. Die Nebeldecke hat sich relativ rasch auf etwa 900 m abgesenkt, und hätte mich mich beim Abstieg von der Bodenwiese wohl vorzeitig zur Stirnlampe gezwungen (ob sie bei Nebel viel nützt, ist eine andere Frage). Im Nachhinein alles richtig gemacht, saumäßig Glück mit dem Nebel gehabt, und nebenbei mit Höllental, Lackabodengraben und Eng durch das Herbstlaub wahnsinnig schöne Eindrücke mitgenommen.

© www.inntranetz.at