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18. Februar 2006 - vorföhniger Westwind und Nebelverhalten

Am 18. Februar 2006 beobachtete ich anhand der im Internet abrufbaren Uni-Daten den Verlauf des vorföhnigen Westwinds. Er grenzt sich durch eine erhöhte Böigkeit und höheren Mittelwinden vom thermisch erzwungenem Talauswind ab und setzt entweder durch synoptischen Druckfall im Alpenvorland oder durch ein lokales Leetief östlich von Innsbruck ein. Der vorföhnige Westwind bewirkt das verstärkte Ausfließen der Katluft vom Oberinntal sowie auch der gerade nachts erhöhten Luftfeuchte.

An besagtem Tag bildete sich nachts sehr dichter Nebel aus, der zum Morgen hin allmählich an Mächtigkeit und Ausdehnung im Tal nachließ. Ursache für die Nebelentstehung ist die nächtliche Auskühlung bei gleichzeitig anhaltendem Tauwetter mit flächig vorhandenen Schneeflächen im gesamten Inntal. Die Sicht wuchs später von etwa dreihundert Meter wieder auf zwei Kilometer an. Dann schrumpfte die Nebelschicht urplötzlich zusammen und Nebelschwaden zogen das Inntal hinab, bis sich der Nebel schließlich vollständig auflöste. Ich beobachtete das Geschehen zunächst von meinem Zimmerfenster, schnappte mir dann aber das Stativ und den Fotoapparat, um von der Allee zum Schloß Mentlberg /Außenstelle mir einen Gesamtüberblick über das Inntal zu verschaffen.

1. Übersichtskarte zu meinem Standpunkt (rot) und Beschriftungen wichtiger topographischer Orte:

2. Verlauf der Windänderungen in Kombination mit Temperatur, Feuchte, Druck und Sonnenscheindauer

(rot begrenzt = Beobachtungszeitraum)

Bereits kurz nach Mitternacht setzte ein äußerst konstanter Westwind ein, der aber noch geringe Windgeschwindigkeiten besaß - eine Mischung aus vorföhnigen Westwind und thermisch induziertem Ausfließen bei relativ gleich bleibender Temperatur und nur schwachem Druckfall. Ab 4 UTC nahm die Böigkeit zu, die Temperatur entsprechend ebenfalls leicht. Bis zu diesem Zeitpunkt herrschte der dichteste Nebel, danach nahm die Sicht deutlich zu. Um 6 UTC löste sich von der Föhnströmung über die Nordkette ein Rotor an der Nordkette ab, sodass der Wind kurzzeitig auf Nordwest bzw. Nordost drehte und durch die Geländereibung abgeschwächt die Universität erreichte.Kurz danach verstärkte sich der vorföhnige Westwind mit beginnender Einstrahlung erheblich und es traten stärkere Böen an der Universität (und auch am Flughafen) auf. Im Beobachtungszeitraum trat die zweite Maximumphase des vorföhnigen Westwindes - kombiniert mit zeitweiligem Sonnenschein und beginnendem Temperaturanstieg auf.
Während der Südföhn am Flughafen zwischen 14 und 15 UTC mit steifen Böen durchbrach und erst mit dem Kaltfrontdurchgang kurze Zeit später abhob (es gab eine Böenwalze und 61km/h aus West am Flughafen mit dem Outflow), wurde das Temperaturmaximum an der Universität bereits gegen 13 UTC erreicht. Der Peak weist hier einen Temperatursprung, Feuchteabfall und tendenziell gleichbleibenden Druckfall auf. Der Wind drehte langsam von West auf Südost bis auf Nordost, also Taleinwind. Bei letzterem gab es eine stärkere Böe, dann etwa eine Stunde Taleinwind und schließlich wieder Westwind.Was war geschehen ?

Mit dem Südföhn bildete sich im Inntal bei Innsbruck ein lokales Leetief,sodass der Luftdruck trotz Annäherung der Kaltfront bei Innsbruck relativ gesehen stärker als weiter östlich (Jenbach) fiel. Dadurch stellte sich zwischen Innsbruck-Ost und Jenbach Taleinwind ein, der mit von Osten her allmählich kältere Luft ansaugte. Im Westen hingegen dominierte weiterhin der vorföhnige Westwind - bei Innsbruck selbst noch mit Druckfall einhergehend.Am Flughafen brach der Föhn schließlich vom Wipptal über Natters und Mentlberg her kommend durch, die Uni tangierte er nur noch schwach. Auffallend ist auch der fehlende markante Temperatursprung am Flughafen von +7,2 auf +8,0°C. Im Anschluss setzte sich die Kaltluft mit Frontdurchgang und Outflow von Westen her an beiden Stationen mit stark steigendem Luftdruck durch.

3. Dokumentation der Nebelauflösung von Martinswand bis Innsbruck-Mitte

Vorab noch - wer sich fragt,warum ich um ein bisschen Nebel und Wind so ein Gedöns veranstalte, der braucht sich die Erklärungen zu den Bildern gar nicht erst anschauen. Es steckt mehr die fast kindliche Begeisterung dahinter, jedes noch so banal anmutende Naturereignis näher zu betrachten und interessante Vorgänge herauszufiltern.

Bild 1 - Blickrichtung Nordwest zum Hechenberg , rechts davon die Kranebitter Klamm und ganz links halb im Nebel die Martinswand. Zu diesem Zeitpunkt herrschte noch relativ gleichmäßiges Ausfließen der Nebelschwaden, die hier vom Talboden (600m) bis etwa 900m hinaufreichen.

Bild 2 - Panorama der Nordkette mit dem Stadtteil Sieglanger im Vordergrund, der Flughafen befindet sich schräg nordwestlich auf der anderen Innseite.

Bild 3 - bei Sadrach und Allerheiligenhöfe begannen die Schwaden immer wieder an vertikaler Mächtigkeit zu wachsen - eine Aufwärtsbewegung war deutlich sichtbar.

Bild 4 - westlich der Kranebitter Klamm hingegen laminare Nebelstrukturen mit glatter, scharf abgegrenzter Oberseite und konturlosem Aussehen.

Bild 5 - Über Sadrach war die Aufwärtsbewegung von Nebel-fracti (korrekter Fachbegriff : Stratus nebulosus fractus) am Markantesten.

Bild 6 - der Nebel konzentrierte sich immer weiter westlich des Inns. Mein Standpunkt war genau 1,5km vom Nebel entfernt, der hier eine horizontale Ausdehnung von 1,0km besaß

Bild 7 - nach Osten hin ab Sadrach wurde der Zersetzungsprozess stärker, die obersten Nebelreste zogen teilweise nach Westen, im gesamten Bereich von Kranebitten bis Sadrach blieben die westlichen fracti eher stationär bzw. wurden an die Nordkette gedrückt.

Bild 8 - im Westen weiterhin das gewohnte Bild mit dicken, laminaren Nebelschwaden, die ab der Kranebitter Klamm deutlich an vertikaler Mächtigkeit und Kontur verloren.

Bild 9 - der untere Schwaden zog gleichmäßig nach Osten, die weiter nördlich und z.T. höher gelegenen waren stationär bis leicht entgegen der Zugrichtung.

Bild 10 - mit dem Beginn der zweiten Maximumsphase des vorföhnigen Westwindes und gegen Ende meines Beobachtungszeitraums änderte sich das Fließverhalten der Nebelschwaden. Rote Pfeile markieren fracti oberhalb des Hauptschwadens, die mit deutlich erhöhter Geschwindigkeit nach Osten zogen. Blaue Pfeile bedeuten langsameres Ziehen des Hauptschwadens mit turbulentem Verhalten bei Allerheiligenhöfe, Sadrach und östlich und verlangsamtem bis gegenläufigem Fließen.

Bild 11 - westlich von Sadrach hat sich der Nebel inzwischen in viele fracti aufgelöst, nur östlicher ist er noch etwas kompakter. Die höhere Fließgeschwindigkeit über dem Hauptschwaden erzeugt jedoch Geschwindigkeitsscherung und damit Turbulenzen, die den Hauptschwaden durchmischen und die Auflösung beschleunigen.

Bild 12 - abschließend das Bild gegen Ende meines Beobachtungszeitraums mit dem auf ein höheres Niveau (ca. + 70m) angehobenen Hauptschwaden, der gleichermaßen durch die zunehmende Sonneinstrahlung von unten und die höhere Fließgeschwindigkeit (rot) von oben erodiert wird. Die Aufsteigbewegungen konzentrierten sich nun auf die nördlichen Stadtteile ab Hötting.

4. Schlussbemerkungen

Um die Beobachtungen zusammenzufassen und gleichzeitig Erklärungen für die unterschiedliche Nebelauflösung zu suchen, folgende Karte:

Im weiß begrenzten Bereich gab es die erwähnten laminaren Ausformungen der Nebelschwaden mit recht konstantem Fließverhalten, im gelben Bereich die fracti mit Aufwärtsbewegungen , stationären Verhaltem ,teils retrograder Zugrichtung und Anschmiegen an den Nordhang. Eine Ursache für die verschiedenen Ausprägung liegt möglicherweise in der Geländeform begründet.

Die Talachse weist eine Westsüdwest-Ostnordost-Richtung auf, was auch die bei vorföhnigem Westwind auftretende Windrichtung ist.Meine noch nicht verifizierte Vermutung ist, dass die unbewohnte Landschaft von der Martinswand bis Kranebitten mit ebenen Feldern und gleichmäßig ansteigendem Gelände bis zum Hechenbergfels für das laminare Fließen ausschlaggebend ist, wohingegen Stadtwärme und die Hügelformen bei Allerheiligenhöfe und Sadrach mehr Turbulenzen erzeugen, ab Stadtmitte kommt dann auch der direkte (Föhnströmung)oder indirekte (Rotor) Föhneinfluss aus dem Wipptal hinzu. Infolge der Talverengung zwischen Unterpferfuss und Völs/Kranebitten entsteht eine Beschleunigung des Windes in Ostnordostrichtung, der den Nebel nach Norden drückt. Gleichzeitig hat die Talverbreiterung auch den Effekt, dass bodennah der Wind stärker abnimmt als darüber und die Sogwirkung die Nebelschwaden nach oben reißt , was den Nebel von oben her erodiert.

Die Auswertung der Druckdaten ergab, dass Landeck von 6-9 UTC jeweils einen niedrigeren und Jenbach jeweils einen höheren Luftdruck als Innsbruck aufwies. Das Druckverhältnis hätte also ohne äußere Einflüsse zu einem anhaltenden Taleinwind führen müssen, was durch obige Winddaten aber eindeutig widerlegt werden kann. An allen drei Stationen herrschte im gesamten Zeitraum Westwind.
Während nun der Westwind in Jenbach auf den viel niedrigeren Luftdruck in Kufstein (1-2hPa),ausgelöst durch synoptischen Druckfall im Alpenvorland, zurückgeführt werden kann, kann der Westwind in Innsbruck , belegt auch durch die Winddaten, nur infolge eines lokalen Leetiefs östlich von Innsbruck entstanden sein.Im blau eingezeichneten Bereich am Mentlberg beobachtete ich retrograd zum Talauswind ziehende Nebelfetzen - möglicherweise erste ,direkte Auswirkungen des im Wipptal wehenden Südföhns.

Es kommen also recht viele Ursachen in Frage - der Radiosondenaufstieg von 3 UTC ist nicht repräsentativ für die später vorherrschende Strömung beim Flughafen , da mit dem Westwind eine Verdriftung der Radionde nach Osten erfolgte und die Südkomponente im Wipptal das vorherrschende vertikale Windprofil verfälschte.

Insgesamt ein für mich recht interessanter Fall, da ich den vorföhnigen Westwinds erstmals visuell präsentiert bekam und das in einer recht ansprechenden Form, wie meine Bilder hoffentlich zeigen können.

5. Quellen

©www.inntranetz.at