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25. Oktober 2005 - Seichter Föhn

Am 25. Oktober 2005 stellte sich über dem Nordatlantik über Skandinavien bis nach Russland vorübergehend ein recht zonaler Jetstream ein , an dem es zu Sturmtiefentwicklungen kam. Der Kurzwellentrog über der Nordsee mit gleichzeitigem starken Druckfall am Boden war für die seichte Föhnlage verantwortlich. Ein sich von Südwesten langsam aufsteilender Höhenkeil sorgte für antizyklonale Vorticityadvektion über weiten Teilen West- und Südeuropas. Besonders in Benelux und Norddeutschland gab es in 850hPa Mittelwinde von 50-55Kn, in 500hPa bis 90Kn. Zu den Alpen hin nahm der Druckgradient wegen des auffächernden Geopotentials unter Hochdruckeinfluss deutlich ab. Damit ergab sich eine schwache südwestliche bis westliche Anströmung über den Alpen.

Um 12.30 UTC lag das Sturmtief mit Kern über der Nordsee,, rückseitig der Kaltfront floss hochreichend labil geschichtete Polarluft ein. Aus dem Frontalsystem fiel schauerartig verstärkter Regen, später auch gewittrig. Weite Teile Mitteleuropas wurden folge der starken Warmluftadvektion von Cirren bedeckt, auch Innsbruck war davon betroffen.

Das Sounding von Innsbruck, 3 UTC, zeigt eine Strahlungsinversion und bodennahes Ausfließen, darüber eine quasi-isotherme Föhnschicht mit Südsüdwest in 850hPa (Brenner-Niveau) . Im Sattelbergniveau eine markante Temperaturinversion mit Windsprung auf West und wieder Südost, darüber die synoptische Westströmung und eine feuchte Schicht oberhalb 5,7km,die die dichten Schleierwolken bescherte.

Föhnsituation um 10 UTC :

a) Lufttemperaturen

b) Vergleich von Innsbruck-Universität mit den Bergstationen

Fazit 1) Innsbruck kein Föhn, Temperatur müsste auf 20°C ansteigen, damit der Föhn durchbrechen kann - bei dem ab Mittag gemeldeten bedeckten Himmel schwer möglich , thermische Durchmischung nicht mehr gegeben.

c) Vergleich der Station Ellbögen im Wipptal mit den Bergstationen

Fazit 2) im Wipptal seichter Föhn bis etwa Sattelbergniveau (= Grenzbereich für lower gap flow) , darüber nur schwache Südostströmung und Föhninversion (Patscherkofel deutlich wärmer als Sattelberg). Sattelberg im Grenzbereich mit abnehmenden Südwinden.

Die Theta-Werte von 15 UTC zeigen die in der Poebene eingeflossene Kaltluft sowie den durch das Sturmtief ausgelösten Druckfall nördlich der Alpen. Zwischen Bozen und Innsbruck herrschte ein Druckgradient von 6hPa, Brenner und Ellbögen wiesen nahezu identische, Bozen leicht niedrigere potentielle Temperaturen auf. Im Gegensatz zur seichten Föhnlage vom 11.Oktober waren die hydrostatischen Gegensätze zwischen Alpennord- und südseite nicht nur geringer, sondern auch nicht am Alpenhauptkamm vorzufinden. Das besondere an dieser Druckkonstellation ist vor allem die Windrichtung oberhalb des lower-gap-flows, die sich mit dem Windsprung auf West von der Föhnströmung entkoppelte. Eine nur geringfügig südlichere Zugbahn des Sturmtiefs hätte zu hochreichender Südwest- bis Südanströmung an den Alpen und damit zu hochreichenden Föhn geführt (s. 6.4.1).

d) Analyse der Winddiagramme von den Stationen Sattelberg, Ellbögen und Universität Innsbruck

i) Sattelberg

Am Sattelberg setzte der Föhn zwischen 8 und 10 UTC ein, bis zum Ende des Diagramms ist eine südliche Windrichtung mit geringen Abweichungen zu sehen. Auffallend sind jedoch die starken Fluktuationen in der Windgeschwindigkeit. Bei genauerem Hinsehen stellt man eine Korrelation der Windgeschwindigkeitsamplituden zu den Windrichtungsabweichungen fest. So herrschte während den Windmaxima in der Nacht von Montag auf Dienstag eine geringfügige Ostkomponente in der Südströmung, wohingegen bei dem kurzfristigem Abflauen des Südwindes zwischen 4 und 12 UTC stärkere Fluktuationen auf West zu beobachten sind. Mit dem Wiederanstieg der Windgeschwindigkeit verläuft die Windrichtung im Anschluss wieder ziemlich konstant. Zu begründen sind die geringen Abweichungen in Zusammenhang mit dem Abfall der Windgeschwindigkeit möglicherweise mit der entkoppelten synoptischen Westströmung oberhalb der Föhnströmung,d.h. die Tendenz zu Westwind führte zu einem Absinken der Föhnschicht , die Tendenz zu Ostwind zu einem Ansteigen der Föhnschicht.

ii) Ellbögen

An der Station Ellbögen sieht man bis etwa 9 UTC am Montag noch den nächtlichen, thermisch induzierten Talauswind mit starken Fluktuationen in der Windrichtung. Nicht unerheblich dürfte hier auch der Beitrag des Kaltluftabflusses vom Stubaital sein, das vor Ellbögen ins Wipptal mündet. Bis 10 UTC drehte der Wind auf den, ebenfalls thermisch durch Einstrahlung bedingten Taleinwind. Um 16 UTC erfolgte ein Windsprung von Nord auf Ost, was eventuell mit dem Talauswind im Arztal,welches bei Ellbögen ins Wipptal mündet, zusammenhängen könnte. Um 20 UTC stieg die Windgeschwindigkeit deutlich an und der Wind drehte mit Fluktuationen von +/- 10° auf Südost. Eindeutiges Indiz für (seichten) Föhn sind auch die im Vergleich zum Mittelwind große Böigkeit mit Windmaxima, die gegen Ende des Diagramms 15m/s übersteigen. Besonders interessant scheint die Tatsache, dass die Zunahme der Windgeschwindigkeit in Ellbögen genau mit der Abnahme auf dem Sattelberg korreliert. Die seichte Föhnströmung hat sich in diesem Zeitraum also deutlich verstärkt. Begründen könnte man diesen Gegensatz mit der oben erwähnten Abnahme der Föhnschicht. Bei natürlich weiterhin identischer Talbreite führt die Abnahme der Schichtdicke zwangsläufig zu einer Erhöhung des Stromgeschwindigkeit (Kontinuitätsgleichung) im Wipptal, was gerade in Ellbögen gut sichtbar wird.

iii) Universität Innsbruck

In Innsbruck ist bis etwa 12 UTC thermisch induziertes Ausfließen mit stark unterschiedlichen Windrichtungen feststellbar, das offenbar einem wiederkehrenden Zyklus unterliegt, den ich schon öfters beobachten konnte.Ich meine damit, das kontinuierliche Drehen des Windes von etwa 200° auf 290° und höher (also Südwest auf Nordwest). Eventuell wird hier schubweise kältere Luft von der Nordkette in den Talauswind vom oberen Inntal eingemischt. Um 12 UTC setzte der Taleinwind ein, der jedoch eher ungleichsmäßig wehte. Um 17 UTC erfolgte die Rückkehr zum Talauswind, jedoch mit einer signifikanten Spitze in der Windgeschwindigkeit um 22 UTC. Da hier sowohl bei Ellbögen als auch am Sattelberg Windmaxima vorliegen, handelt es sich in Innsbruck eindeutig um vorföhnigen Westwind, zumal auch ein Windsprung von Südwest auf West im Diagramm abzulesen ist. Etwas seltsam erscheint jedoch, warum bis 9 UTC nur mehr thermisch bedingtes Ausfließen herrschte und nicht der vorföhnige Westwind trotz deutlichem Föhn im 12km entfernten Ellbögen. Dies könnte auf die stärkere Auskühlung im Inntal zurückführbar sein, d.h. das Berg-Talwindsystem produzierte mehr Kaltluft als im Lee des Patscherkofels erodiert werden konnte > Auffüllung des Leetiefs. Abbau des hydrostatischen Druckgradienten zwischen Oberland und Ost-Innsbruck. Mit Verstärkung der seichter Föhnströmung in den kommenden Stunden kehrte der vorföhnige Westwind zeitverzögert zurück und wehte bis zum Ende des dargestellten Zeitraums.

Fazit: Die Lage vom 25. Oktober 2005 zeigt, dass zumindest im Wipptal eine seichte Föhnströmung weniger durch hydrostatische Unterschiede als durch eine synoptische Anströmung hervorgerufen werden kann. Für Föhn im Inntal reichte die Druckkonstellation jedoch nicht aus. Maßgeblicher Verursacher der Föhnströmung war hier der Durchzug eines Sturmtiefs über der Nordsee mit großräumigen Druckfall im Alpenvorland. Infolge des synoptischen Westwinds in der Höhe sowie zeitweiliger Abnahme der Windgeschwindigkeiten am Sattelberg handelte es sich um eine von der Höhe entkoppelte seichte Südföhnströmung.

Quellen:

© www.inntranetz.at