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Das Jahrhunderthochwasser in Innsbruck am 23. August 2005 - ein Erlebnisbericht

Mein Besuch hat um 10.34 die Rückreise in den Schwarzwald angetreten, anderthalb Stunden später als geplant und über einen großen Umweg, weil ab Landeck weiterhin die Verkehrsinfrastruktur unterbrochen ist. Statt über Lindau gehn die Züge jetzt über München-Ulm .

Nun habe ich Zeit, das ganze etwas Revue passieren zu lassen und drum möchte ich jetzt meinen Gedanken freien Lauf lassen.

Begonnen hatte es eigentlich schon vergangene Woche, bereits am Freitag regnete es stärker , innerhalb 48h fielen 63,5mm . Da war es noch nicht dramatisch, da es zwar über einen längeren Zeitraum viel regnete, aber in mäßiger Intensität und mit Pausen. Jedenfalls waren die Böden schon gesättigt und die angekündige Unwetterlage ließ aufhorchen.Ich hatte ja vor ein paar Tagen bereits vorsichtig darauf hingewiesen, dass es auch am Inn ein Hochwasser geben könnte, wenn bei hoher Schneefallgrenze im Engadin viel Niederschlag herunterkommt und der Inn damit natürlich extrem gespeist wird. Ich wusste aber nicht, wie stark sowas werden kann. Jahrelang beobachtete ich den Main bei jedem Regenguss, ok, das ist übertrieben, aber ich wusste langsam,wie er auf etwas reagiert und dass er extrem langsam ist. Als Gregor vorgestern abend kam, stand der Inn bei rund drei Metern , das ist ganz leicht erhöht, aber nicht dramatisch und bis zur Innpromenade war noch Platz. Zudem verspätete sich der Regen. Im Ohr habe ich noch, dass MOS 30mm für Montag und 20mm für Dienstag proggte, aber der eigentliche Regen setzte erst spätabends ein. Von Montag mittag bis Dienstag ,2.00 fielen dann 18,5mm - die Regenintensität war nicht sehr stark und ich fragte mich ernsthaft, wo denn der große Regen bliebe.
Dann aber ging es Schlag auf Schlag. Als wir gegen 3.00 ins Bett gingen, verstärkte sich der Regen deutlich und hielt auch die Nacht über an. Vier mal wurde ich aus dem Bett geworfen als bei gekippten Fenster von draußen die Feuerwehrsirenen ertönten , und das so laut, als stünde ein Einsatzwegen direkt vor der Haustür. Dazu schüttete es jetzt mit sechs bis acht Litern in der Stunde. Ich kenne solchen Dauerregen nicht, aus dem Flachland bin ich so 1-2mm/h gewohnt. Die Wolkenuntergrenze lag ganztätig bereits bei rund 800m, aber das waren nur die Fractostratus am Hang, der Alto bzw- Nimbostratus war hingegen zeitweise über Kammniveau. Am Morgen dann ging die Basis deutlich herunter und bis auf 650m herab. Da fehlten nur wenige Meter über meinem Haus und verkrüppelte Nadelbäume an der Waldgrenze wurden immer wieder von den Stratusfetzen eingehüllt. Zusammen mit dem Dauerregen ergab das eine bedrohliche Atmosphäre, beinahe gespenstisch und beklemmend. Von 2.00 bis 6.50 las ich dann 29mm vom Niederschlagsmesser ab. Von 6.50 bis 9.30 fielen dann nochmals 15mm und dann in einer Stunde rund 6mm.
Im Zeitraum 2.00 bis 14.00 fielen insgesamt 29+21+6mm = 56mm - alles zusammengerechnet komme ich in 5 Tagen auf unglaubliche 119,5mm - im August insgesamt schon etwa 160mm, aber da muss ich nochmal nachschauen ob das mit dem Flughafen korreliert. Ist jetzt auch nicht so wichtig, genaue Zahlen und Graphiken liefere ich später nach,wenn ich alle Bilder und Statistiken zusammenfassen werde. Mir geht es hier eher um persönliche, auch emotionale Eindrücke. Um 9.30 liefen wir dann Richtung Innenstadt. Der Radweg wurde gerade bei 5,80m abgesperrt. Überall Feuerwehren, die am "Hafen", einem weiten Platz mit Disco und Konzerthalle, Keller auspumpten. Am Radweg stand das Wasser nur noch rund 40-50m darunter und an manchen Stellen auch weniger. An der Tankstelle bildete sich eine große Wasserlache,als Wasser von den Gullis nach oben drang.
Und der Inn bildete eine beeindruckendes, erschreckendes Bild. Regelrechte Wogen von reißenden Fluten - eine unglaubliche Fließgeschwindigkeit , die alles mitreißen musste, was sich dem Strom in den Weg stellte. Ganze Baumstämme mit Ästen und Zweigen schwammen vor allem in der Flussmitte, manche mit der Strömung, was ein Problem für die Brücken darstelle, weswegen nach und nach alle Innbrücken bis auf den Sieglangersteg gesperrt wurden. Die Naturgewalt war beeindruckend, braun, schlammig und große Wellen wie am Meer. So als bliese ein Orkan das Inntal hinunter, aber dem war nicht so. Nur die Wassermassen in Verbindung mit Geröll,Schlamm und Treibgut führten zu diesem Bild, dessen wir Zeuge wurden. Die anfängliche wissenschaftliche Neugier und auch gewisser "Stolz", live dabei zu sein wich bald auch einer Furcht. Mir war doch etwas mulmig zumute, als ich das Ausmaß begriff - welches die Fluten anrichten würde,wenn... das Wasser stieg und stieg und am Unigebäude stand das Wasser in einer Senke einige Zentimeter hoch an der Wand. Durch die Durchfahrt zur Tiefgarage floss es immer mehr hinab. An der Mauer ,die den Inn vom Radweg und Inntpromenade trennt, fehlte nicht mehr viel. Skurrilerweise blieben die Unterführungen aber alle trocken, während hunderte Meter weiter vom Ufer weg Keller vollliefen.
Touristen und Einheimische drängten zu hunderten an das Ufer, missachteten dabei auch immer wieder Absperrungen und dutzende Fotoapparate wurden gezückt. Als angehender Meteorologe und Hobbywetterfrosch empfindet man es doch etwas befremdlich, mit welcher Sensationsgier da die Verbote der Polizei und Feuerwehr ignoriert werden, nur um möglichst nahe vom Geschehen ein Familienfoto machen zu können, das dann später voller Stolz nach dem Urlaub präsentiert wird. Es waren auch ältere Leute, die sich der Lebensgefahr nicht bewusst waren. Denn es prallten unablässig Äste ,Treibgut und dicke Baumstämme gegen die Uferpromenaden , zudem muss der Staudruck enorm gewesen sein, da der Inn mehr als doppelt soviel Wasser wie sonst führte. In der Unterführung entdeckten wir einen Riss , aus dem schlammiges Wasser sickerte. Wir sagten es zwei uniformierten Leuten auf der Brücke,die sich dann aber als welche "vom Strom" entpuppten.Eine Brücke weiter stand der Landesfeuerwehrinspektor auf der Brücke und ich hörte einen Wortfetzen " der Inn soll sinken!" - aber ich weiß nicht,ob es eine flehende Bitte oder eine Feststellung war. Hinterher wohl eher das Erste, denn der Inn stieg innerhalb 2h nochmal um 75cm an.

Nachdem wir auf das Frühstück verzichtet hatten, weil wir es nicht mehr aushielten mit der Ungewissheit,wie hoch der Inn denn stünde, liefen wir erstmal zurück um uns zu stärken. Mittlerweise stieg das Wasser weiter an. Der See am "Hafen" wurde größer und das Gelände seinem Namen, wenn auch unfreiwillig, gerecht.

Im Radio hörten wir die Meldungen besonders vom Oberland und Vorarlberg, wo die Telefonverbindungen zerstört bzw. unterbrochen waren. Immer wieder war, egal ob Radio oder N-TV von einem "Jahrhundertwasser" die Rede, was mich trotz der angespannten Lage ein wenig schmunzeln ließ,weil ich spontan an den berühmten Maler bzw. Künstler "Hundertwasser" dachte. Bei NTV und N24 gab es ständig dieselben Bilder, die Moderatoren grinsten in die Kamera und laberten viel Unsinn, ebenso wie einige Reporter vor Ort. Information wenig, Show viel und ähnlich wie bei den Attentaten vom 11.September 2001 in New York, immer wieder dieselben Bilder - monoton wiederkehrend und auch uralt. Innsbruck wurde kaum erwähnt in den Nachrichten, obwohl man sich hier auf eine Jahrhundertflut einstellte.

Gegen Mittag gingen wir erneut in die Stadt, der Pegel näherte sich den 6,30m an, wenn er auch langsamer stieg. Wurde der Scheitelwert erreicht ? Es regnete weiterhin und auf dem Radar wurden unablässig flächige und auch noch starke Niederschlagsechos in Richtung und gegen die Alpen geführt. Zum damaligen Zeitpunkt sah es nach Dauerregen bis zum Abend aus.

Die Straße am Hafen lief nun zunehmend voll schlammiges Wasser, auch von der Eisenbrücke ("karwendelbrücke") lief Wasser einen Weg zur Straße hinunter. Die Feuerwehr gab es auf,die Keller leerzupumpen. Die Inntalpromenade war nun durchgehend gesperrt - wobei die Gefahr weniger von der drohenden Überflutung als von möglichen Abrutschen der Böschung und Teile des Weges ausging.Ich habe noch nie in meinem Leben einen so ungebändigten Fluss mit solch enormer Strömung und Wellengang gesehen. Das vergesse ich meinen Lebtag nicht. Die Brücken nun gesperrt, war es schwieriger, vom Inn überhaupt noch etwas zu sehen und die Katastrophentouristen hatten nun auch Lunte gerochen. Am Unigebäude,wo das Wasser nun unter (!) der Mauer durchströmte und sich teils knöcheltief in die Durchfahrt ergoss, war die Absperrung ungenügend. Als sich Feuerwehrleute und Polizei von der nahen Unibrücke aufmachten, um die sorglosen Touristen zu vertreiben, gingen wir auch zurück. Hinter uns strömte eine Schar junger Menschen heran und eine junge Frau rief "boah ,geil!" - es klang nach Begeisterung. Ich dachte mir nur wer "boah,geil" schreit bei der Lage, der gehört da auch weggescheucht. Denn angesichts der vollaufenden Keller im alten und später auch neueren Unigebäude war ich nicht sehr begeistert. Im Keller stehen dummerweise sämtliche PCs, des ZID, des Zentraleninformationsdienstes, wo Internetverbindung und Datentransfer koordiniert werden sowie den Studenten zugängliche Computer angeboten werden. Wenn die Mauer am Inn überflutet oder gar gebrochen wäre, dann hätte es eine unermessliche Katastrophe gegeben. Wir liefen am Unigebäude vorbei und auf der anderen Straßenseite , die breite Hauptverkehrsstraße, wurden bereits Sandsäcke angeschleppt, egal ob Bank oder Apotheke, alle machten dicht. Neben dem Dönerladen floss vom Inn aus der Wiese heraus das braune Wasser auf die Straße - es sah unwirklich aus. Noch unwirklicher wirkten zwei Doktoren oder Professoren im weißen Kittel, die den braun umflossenen Weg bei der Universität kontrastierten und da herumliefen bzw. herumstanden.

Weiter gings die Hauptstraße entlang, Feuerwehr ,Polizei und Busse - und jede Menge Stau. Da sämtliche Hauptverkehrswege und Brücken gesperrt wurden, kam es zum Verkehrsschaos. Glück im Unglück - meine Buslinie fuhr als einer der wenigen noch die komplette Strecke. Immer wieder sahen wir Familien mit Kindern in Gummistiefeln hinter der Absperrung flanieren, die erst nach mehrmaligem Aufruf und eindeutiger Geste der Polizisten die lebensgefährlichen Orte verließen.
Am Studentenhaus wurde gepumpt und Säcke geschleppt. Eine Gruppe Freiwilliger trat gerade zur Arbeit an. Wenn ich das Geschehen nicht hätte dokumentieren wollen, wäre ich wohl dazugesprungen.
An der Altstadt war es schon fast dramatisch zu nennen, ein Bagger versuchte stetig , angeschwemmtes Treibgut,die die Brücke verstopfte , wegzuschieben. Hier prallten die Stämme mit einer derartigen Wucht gegen die Brücken, dass es nur so schepperte .Ein Geräusch wie ein dumpfer Kanonenschlag und auch ordentlich spürbar. Am Eingang der Altstadt wurden Sandsäcke aufgeschichtet, in der gesamten Altstadt rund ums Goldene Dachl bis zur Maria-Theresienstraße verbarrikadierten die Einheimischen und Gastwirte ihre Häuser mit Holzbohlen, Sandsäcken, Plastikfolien, es wurde geschraubt,gesägt,gehämmert. Es war wirklich ein riesen Aufwand, aber da es in einem kleinen Gefälle hinuntergeht, wäre es bei einer möglichen Überflutung auch zu starken Strömungen gekommen.
In der Innenstadt rief ich meinen Studienkollegen Wolfgang an, der zu dem Zeitpunkt am Ende des Kaunertals auf rund 3000m seine Ferialarbeit machte. Er berichtete mir, dass er wahrscheinlich nicht mehr heimkommen würde,weil im Tal alles vermurrt sei. Besonders Richtung Landeck sähe es schlimm aus. Die Schneefallgrenze sei kurzzeitig mal auf etwa 2200m herabgegangen, dann aber wieder auf über 2700 gestiegen, deswegen kam zum gefallenen Niederschlag auch noch eine leichte Schneeschmelze (etwa 10cm) hinzu. Die Gletscher seien allerdings "inaktiv" gewesen,d.h. hätte die Schneefallgrenze noch höher gelegen,wäre auch noch Gletscherschmelzwasser hinzugekommen. Überhaupt -es fehlte nicht viel zur Katastrophe,als der Pegel bei 6,50m schließlich stagnierte. Das ist die Stufe, wo es zu "Ausuferungen",wie es so euphemistisch umschrieben wird, kommen kann. Bei "Ausuferungen" (Meldestufe 1) kommt es am Untermain übrigens schon zu zahlreichen vollgelaufenen Kellern und der Radweg steht da auch schon einen Meter unter Wasser. Wie auch immer , hätte der Dauerregen länger angehalten und sich die an die Alpen gelegte Okklusion nicht so plötzlich aufgelöst wie es dann innerhalb weniger Stunden passierte, hätte die Schneefallgrenze vielleicht nur hundert Meter höher gelegen, dann wäre in Innsbruck ein Pegelstand um die sieben Meter möglich gewesen und somit wären große Teile der Altstadt sowie der nahen Bundesstraßen unter Wasser gestanden. Die gesamte Inntal-Brenner-Transitroute wäre unterbrochen gewesen und das möglicherweise für einige Stunden.So kamen wir echt nochmal mit einem blauen Auge davon.

Dann rief mich Helge über Handy an und bat mich sein Fahrrad aus dem Studentenhaus-Keller zu holen, der partout nicht evakuiert werden sollte, obwohl der Inn deutlich höher als der Keller war. Die Aktion gestaltete sich auch nicht gerade einfach und im Studentenhaus begegnete ich einem älteren Meteorologiesemester, der mir mitteilte, dass auf dem Radar nichts mehr nachkäme und der Inn jetzt fallen werde. Tatsächlich löste sich das Regengebiet, das zuvor noch so bedrohlich aussah, innerhalb kürzester Zeit auf und es trocknete bis zum Abend ab.
Auf dem Nachhauseweg am Inn spielten sich dann Szenen ab,wo man nur den Kopf schütteln konnte. Eine Frau im mittleren Alter wollte mit dem Rad trotz Absperrung inntalaufwärts fahren und reagierte erst nach mehrmaligen Lautsprecheransagen der Polizei, die drohte "Sie machen sich strafbar - Sie begeben sich in Lebensgefahr - Sie sind sich offensichtlich der Gefahr nicht bewusst...", dann drehte sich endlich um. Ein junger Mann hingegen stand mit seinem Schirm bewegungslos direkt am Innufer, wo die reißende Strömung nur wenige Zentimeter entfernt war und reagierte auch nicht, als die Polizei mit Einsatzwagen,Blaulicht und Lautsprecheransagen den Radweg heranfuhr. "Sie begeben sich in Lebensgefahr, verlassen sie sofort die Inntalpromenade!" - "Hallo!" , sie stellten ihr Auto neben ihn ab und er machte immer noch keine Anstalten zu gehen. Dann stiegen plötzlich beide aus und wollten ihn auf die Rückbank zerren, aber er wehrte sich. Es gab eine Rangelei und heftige Diskussionen. Ich kann über soviel Uneinsichtigkeit nur den Kopf schütteln.

Zum Krisenmanagement ist zu sagen, dass die Feuerwehr und Polizei die Lage abgesehen von den unzähligen Schaulustigen und uneinsichtigten Bürgern und Touristen gut im Griff hatte. Später wurde auch das Bundesheer angefordert, v.a. um Sandsäcke zu schleppen.
Leider waren die Pegelinformationen inntalaufwärts nur spärlich und unregelmäßig aktualisiert. Der HND Bayern war eine einzige Katastrophe in Sachen Errreichbarkeit und Bilfaufbau sowie Information.Das ist schon das x-te Mal, dass bei Hochwasser die Server überlastet sind , da sie den Ansturm tausender besorgter Bürger sowie den Hydrologen (oder interessierten Meteorologen wie mich) nicht mehr standhalten konnten. Dahingehend sollte sich wirklich schleunigst was ändern.
Zur Stimmung in Innsbruck kann ich sagen, dass die Einwohner zwar etwas ungläubig und erstaunt wirkten, aber nicht unbedingt überrascht und auch meist gelassen. In der Altstadt gingen die Geschäfte trotz drohender Fluten weiter, eine japanische Reisegruppe wurde ums Goldene Dachl geführt, man konnte zwanzig Meter von der Sandsackmauer entfernt gemütlich und ohne Hast seine Pizza essen.
Hier von Panik zu reden wäre echt übertrieben, aber eine gewisse Furcht verspürte man schon, zumal ja über Radio und Fernsehen sowie von Bekannten die schlimmen Nachrichten vom Vorarlberg sowie im Engadin und im Allgäu überliefert wurden.Abends sank der Inn dann allmählich, aber stetig ab und gegen Mitternacht unterschritt er die fünfmeter-Marke - trotzdem wurde mir fast schwindlig als ich von der mittlerweile wieder offenen Innbrücke am Marktplatz auf den Fluss hinunterblickte - und ebenso schwindlig und komisch war mir zumute,als ich sah,wieviel an der Mauer fehlte, bis sie überflutet worden wäre. Zwanzig Zentimeter. Vielleicht dreißig, aber mehr nicht mehr.

Zum Abschluss möchte ich sagen, dass ich solch einen Pegelstand und (drohende) Überflutungen in Innsbruck nie erwartet hatte. Der Regen und der Anstieg des Inns von drei auf sechs Meter fünfzig in etwa 16h übertraf meine kühnsten Vorstellungen über Hochwässer. Nun weiß ich aber auch, dass an einer "Gazelle" wie dem Inn der Scheitelwert erreicht wird, kurz nachdem die stärksten Regenraten vorbei sind. In dem Fall handelte es sich um ein Zeitfenster von etwa 4h. Sobald der Regen schwächer wird bzw. aufhört, kommt es auch am Inn rasch zu einer Stagnation oder Rückgang des Pegelstandes - anders als am Main etwa, wo die Scheitelwelle erst nach 3-4 Tagen vom Oberlauf an den Unterlauf ankommt.
Mich hat das Ereignis doch etwas mitgenommen und auch wenn ich als "Regenfreak" im Forum bekannt bin und auch offen dazustehe, wünsche ich niemanden solche einen Starkregen mit den einhergehenden Folgen. Hinzukam natürlich heuer die bereits gesättigten Böden von den vorhergehenden starken Regenfällen, die hohe Schneefallgrenze und das wirklich flächige Regenereignis, dass sich auf große Teile des Inneinzugsgebietes erstreckte. Mein Wunsch nach "Regen" ist jetzt in gewisser Weise gesättigt, ja übersättigt ,wobei ich aber befürchten muss, dass es nicht das letzte Hochwasser war. Zwar trocknen im steilen Gelände die Wiesen und Waldhänge rasch ab (im Allgäu wird das anders sein), aber die Aufnahmekapazität der Böden ist doch gesunken und egal ob eine Kaltfront mit 10-20mm oder ein Wärmegewitter , es kann immer wieder, zwar kleinräumig, aber doch zu raschen Anstiegen kommen und sollte es die kommenden Monate nochmals eine ähnliche Lage anbahnen, dann kann es schnell dramatisch werden.

Hier scheint jetzt erstmal die Sonne und nachher werde ich den Radweg am Inn entlangfahren, um mögliche Schäden zu sichten und ggf. zu dokumentieren.

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